33-Jähriger erscheint nicht zur Urteilsverkündung - 200 Sozialstunden auferlegt
27.09.24 - "Schwänzen" mit Ankündigung: Die für Donnerstagmittag anberaumte Urteilsverkündung im Revisionsprozess wegen räuberischer Erpressung musste ohne den Angeklagten stattfinden. "Mein Mandant hat ja bereits bei der letzten Verhandlung erklärt, dass er heute definitiv nicht kommen will", erklärte sein Verteidiger Jochen Kreißl auf Nachfrage der Richterin. Sie erzielte aber Übereinstimmung bei allen anderen Prozessbeteiligten, dass das Urteil auch ohne den 33-Jährigen verkündet werden könne.
Das lautete dann: Der Angeklagte hat sich im zugrundeliegenden Fall der Nötigung schuldig gemacht und bekommt eine Freiheitsstrafe von neun Monaten, die für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wird und einen Bewährungshelfer zur Seite gestellt. Zusätzlich wird ihm die Verpflichtung auferlegt, 200 Sozialstunden abzuleisten, wie es sein Anwalt gefordert hatte. Sein nach der Tat beschlagnahmtes Klappmesser bleibt eingezogen, obwohl er das unbedingt wiederhaben wollte.
Richterin Dr. Bettina Stade führte in der Urteilsbegründung aus, dass der 33-Jährige als Adoptivkind in einem gutsituierten Haushalt aufwuchs, allerdings schon mit 15 Jahren Cannabis konsumiert habe. Mit seinen Eltern, die damit nicht einverstanden waren, kam es früh zu Konflikten und bereits seit 2014 zu deren Bedrohung und schließlich auch zu Attacken. Wie berichtet hatte er 2021 seine Mutter mit einem Messer bedroht und zur Herausgabe von 500 Euro genötigt, die aus dem Nachlass seiner Großmutter stammten. Diese hatte den Eltern zwar auferlegt, er dürfe mit dem Geld keine Drogen kaufen, es blieb aber unklar, ob er von dieser Bedingung wusste. In ersten Instanz hatte das Landgericht Fulda den zur Tatzeit 30-jährigen Angeklagten 2023 einer schweren räuberischen Erpressung für schuldig befunden und zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten auf Bewährung verurteilt. Dagegen hatte sich der Verurteilte gewehrt und war in Revision gegangen. Der Bundesgerichtshof hatte das Urteil aufgehoben und zur erneuten Verhandlung an eine andere Kammer des Landgerichts zurücküberwiesen.
Cannabisabhängigkeit und substanzinduzierte Psychose
Der psychiatrische Sachverständige hatte in seinem Gutachten konstatiert, dass bei dem 33-Jährigen ein langjährige Cannabisabhängigkeit und in deren Folge eine substanzinduzierte Psychose vorliege. Bei der Tat habe er unter Suchtdruck gestanden und seine Steuerungs- und Schuldfähigkeit seien in Folge vermindert gewesen. Seine Sucht habe sich massiv negativ auf seine Lebensführung ausgewirkt, doch eine Unterbringung in der Psychiatrie oder Entzugsklinik seien nicht erfolgversprechend. Die dissozialen Charakterzüge des 33-Jährigen würde dieser auch nach einem Entzug noch zeigen, argumentierte Dr. Helge Laubinger. Darin folgte ihm das Gericht.
Drohungen vor Gericht haben ein Nachspiel
Über das Urteil und die entsprechenden Auflagen werde der Verurteilte vom Amtsgericht Bad Hersfeld unterrichtet werden. Doch damit ist der Fall für ihn noch nicht beendet: weil er während der Verhandlung vor Gericht sowohl seine Eltern als auch eine Zeugin heftig beleidigt und bedroht hatte, sind bereits weitere Ermittlungsverfahren gegen ihn aufgenommen worden, teilt die Staatsanwältin mit. Fraglich, ob er sich mit der Revision einen Gefallen getan hat.(ci)+++