Kundgebungen in Frankfurt und Kassel: "Kaum tragbare Belastung der Praxen"
27.09.24 - Am Nachmittag des 25. September nahmen über 50 Zahnärztinnen und Zahnärzte aus dem Landkreis Fulda an Protestkundgebungen der hessischen Zahnärzteschaft in Frankfurt und Kassel teil, die im Rahmen des Tags der Zahngesundheit stattfanden.
Insgesamt nahmen in Hessen rund 2.500 Menschen an den Protestveranstaltungen in Frankfurt und Kassel teil. "Ein zentrales Thema dabei war die kaum noch tragbare Belastung der Praxen durch eine überbordende Bürokratie, die für viele bereits an Schikane grenzt", so Dr. Mahmoud Enaia, stellvertretender Kreisstellenvorsitzender der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Hessen (KZVH) aus Fulda. "Es brodelt im deutschen Gesundheitssystem: Immer mehr Heilberufe machen öffentlich und lautstark auf die Missstände einer verfehlten Gesundheitspolitik aufmerksam. Nach den Apothekerinnen, Apothekern sowie Ärztinnen und Ärzten sind nun auch die Zahnärztinnen und Zahnärzte an der Reihe", sagt Enaia. Am 25. September, dem Tag der Zahngesundheit, wurde protestiert – zahlreiche Zahnarztpraxen in Hessen blieben an diesem Tag geschlossen. Zentrale Kundgebungen fanden auf dem Opernplatz in Frankfurt und Kassel statt.
Die Gründe für den Protest seien vielfältig: "Zahnarztpraxen leiden unter einer Flut bürokratischer Auflagen, die oft sinnlos erscheinen. Teilweise müssen dieselben Informationen mehrfach dokumentiert werden, was wertvolle Zeit kostet – Zeit, die den Zahnärztinnen und Zahnärzten fehlt, um ihre eigentliche Aufgabe zu erfüllen: die Behandlung von Patientinnen und Patienten. Hinzu kommt eine Sparpolitik, die präventive Maßnahmen in der Zahnmedizin vernachlässigt, obwohl diese in den vergangenen Jahren erfolgreich dazu beigetragen haben, Behandlungskosten nachhaltig zu senken. Der Fachkräftemangel verschärft die Situation zusätzlich: Immer mehr Praxen finden keine Nachfolger und schließen früher als geplant. Die Leidtragenden sind die Patientinnen und Patienten, die auf die wohnortnahe Versorgung verzichten müssen und mit längeren Wartezeiten oder Anfahrtswegen konfrontiert werden", so Enaia.
"Kultur des Vertrauens" "Der Abbau unnötiger Bürokratie ist auch ein Ziel der hessischen Landesregierung, die hierfür eigens einen Ministerposten geschaffen hat. Was wir jedoch zusätzlich brauchen, ist eine neue Kultur des Vertrauens in die Expertise unseres Berufsstandes. Das Wohl der Patientinnen und Patienten steht für uns an erster Stelle. Wir wissen am besten, was notwendig und was überflüssig oder kontraproduktiv ist. Der richtige Platz für uns Zahnärztinnen und Zahnärzte ist der Behandlungsstuhl – nicht der Schreibtisch. Mit unserem Protest wollen wir genau darauf aufmerksam machen", erklärt Dr. Doris Seiz, Präsidentin der Landeszahnärztekammer Hessen.
"Schon jetzt sind vor allem Praxen in ländlichen Gebieten schwer zu vermitteln. Junge Kolleginnen und Kollegen, die über eine Niederlassung nachdenken, brauchen Planungssicherheit. Die derzeitige Politik schafft jedoch eher Verwirrung und Unsicherheit", ergänzt Stephan Allroggen, Vorsitzender des Vorstands der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Hessen. "Ein Beispiel dafür ist die Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) im Februar 2025, ohne dass vorher ausreichende Tests durchgeführt wurden. Dies sorgt sowohl bei jungen Kolleginnen und Kollegen als auch bei etablierten Praxisinhaberinnen und -inhabern für Unverständnis. Unser Protest soll die Bevölkerung sowie die politischen Entscheidungsträger wachrütteln. Wir erwarten ein Umdenken seitens der Bundesregierung und der Landesgesetzgeber, um die langfristige Sicherstellung der zahnmedizinischen Versorgung zu gewährleisten. Dazu gehört auch eine verlässliche und angemessene Vergütung – insbesondere für wissenschaftlich fundierte neue Therapiekonzepte, die in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung aufgenommen werden müssen", so Seiz.
"Falsche politische Weichenstellungen" "Viele Kolleginnen und Kollegen sind zunehmend frustriert angesichts der Entwicklungen. Auch junge Zahnärztinnen und Zahnärzte überlegen sich genau, ob sie das Wagnis einer eigenen Praxis eingehen sollen. Freiberufliche Praxen mit ihren engagierten Teams sind das Rückgrat der ambulanten Versorgung. Wir dürfen nicht zulassen, dass diese durch falsche politische Weichenstellungen weiter gefährdet werden. Dies betrifft nicht nur die Zahnärztinnen und Zahnärzte, sondern vor allem auch die Patientinnen und Patienten, deren Versorgung akut bedroht ist", betont Dr. Andreas Koch, Vorsitzender des Freien Verbandes Deutscher Zahnärzte, Landesverband Hessen. (pm/cdg) +++