O|N trifft Gerhard Möller (75) am Kaffeetisch zum großen Geburtstags-Plausch
15.10.24 - Es ist ein regnerischer Mittwochnachmittag, als wir Ex-Oberbürgermeister Gerhard Möller in seinem Privathaus in Künzell-Bachrain im Landkreis Fulda treffen, um mit ihm zu plaudern. Der Tisch ist gedeckt. Es gibt Kaffee und Kuchen. Grund für den gemeinsamen Besuch von FZ-Chefreporter Tobias Farnung und OSTHESSEN|NEWS-Chefredakteur Christian P. Stadtfeld ist der 75. Geburtstag, den das ehemalige Stadtoberhaupt von Fulda am heutigen Tage (15. Oktober 2024) feiert. "Schön, dass Sie da sind", werden wir von dem Christdemokraten herzlich begrüßt. Er ist, wie immer, fein gekleidet: hellblaues Hemd, dunkelblau gepunktete Krawatte und weinrote Strickjacke.
Bevor wir in eine bunte Themenvielfalt einsteigen, fragen wir den Ex-OB, wie er denn seine Rentner-Zeit gestaltet. "Ach, da gibt es einiges", schmunzelt der Familienmensch, der sich über drei Jahrzehnte in die Dienste der Region stellte. Und im Gesprächsverlauf wird schnell klar: Vom Ruhestand ist der 'Rhöner Jong' weit entfernt. Gerhard Möller ist nicht nur Vorsitzender des Fuldaer Geschichtsvereins, sondern auch der Förderstiftung von antonius Netzwerk Mensch. Er begleitet die Kulturreihe "Literatur im Stadtschloss", hat ein Mandat im Aufsichtsrat der gemeinnützigen Wohnungsgenossenschaft und sitzt im Vorstand der Heim-VHS Burg Fürsteneck. Zudem leitet der Kommunalpolitiker eine Aufarbeitungskommission im Bistum Fulda, die Fälle von sexualisierter Gewalt in der katholischen Kirche im Zeitraum von 1946 bis heute aufarbeitet. "Sie sehen: ein Potpourri an Ehrenämtern. Bei mir kommt keine Langeweile auf, denn auch bei der Großfamilie - vier Kinder und acht Enkel - sind meine Frau und ich sehr gefragt."
Gerhard Möller wurde am 15. Oktober 1949 geboren und wuchs mit seinen drei Geschwistern in der Rhön-Gemeinde Ebersburg-Weyhers auf. Nach dem Abitur am ehrwürdigen Domgymnasium folgten Wehrdienst in Göttingen und Jura-Studium in Gießen. Nach dem zweiten Staatsexamen kam er zur Kreisverwaltung, übernahm zunächst in der Schulabteilung Verantwortung und wurde dann Amtsleiter im Rechtsamt. 1987 wurde Gerhard Möller zum Ersten Kreisbeigeordneten und damit zum Vize-Landrat des Landkreises Fulda gewählt. 2003 trat er überraschend als OB-Kandidat in Fulda an, weil der Posten durch die Berufung von Dr. Alois Rhiel als Wirtschaftsminister in die Hessische Landesregierung vakant wurde. Möller gewann die Direktwahl zum Oberbürgermeister der Stadt Fulda mit 74,1 Prozent der Stimmen. 2009 wurde er mit 81,2 Prozent - bei einer Wahlbeteiligung von 25,6 Prozent - wiedergewählt. 2015 ist der CDU-Mann auf eigenen Wunsch aus dem Amt ausgeschieden.
"Eine sparsame Verwaltung, ordentliche Finanzen, geringe Verschuldung" - dafür stand Gerhard Möller in über 30 Jahren seiner hauptamtlichen Verwaltungskarriere. Der Ex-OB stand immer für Bescheidenheit und die lebt er bis heute. Auch auf die Frage, ob er immer mal Ratschläge ins Stadtschloss oder direkt an seinen Nachfolger Dr. Heiko Wingenfeld schickt, antwortet er: "Ratschläge sind mehr Schläge als Rat. Und bisher hatte ich auch noch nicht einmal den Drang, zum Hörer zu greifen." Heute stehe Fulda nach wie vor bestens da, "die Stadt ist finanziell gut aufgestellt". Diese rosigen Zeiten hatte Möller bei seinem Amtsantritt nicht. "Ich musste zweimal konsolidieren, denn aufgrund Finanz- und Wirtschaftskrise waren die Steuereinnahmen dramatisch eingebrochen."
Am laufenden Band im Klinikum-Krisenmodus: "hat viel Kraft gekostet" Die meisten grauen Haare habe ihm damals aber das Klinikum Fulda bereitet. "Die Krisen haben das Haus, die Region und auch mich persönlich hart getroffen: Salmonellen, Legionellen, Steri-Krise mit Flugrost am OP-Besteck und schließlich dann die Finanzkrise." Als Möller das Ruder 2003 im Schloss übernommen hatte, stand zunächst die Überführung des Eigenbetriebs Städtisches Klinikum in die bis heute bestehende Klinikum Fulda gemeinnützige Aktiengesellschaft mit dem einzigen Aktionär Stadt Fulda auf der Agenda. "Das haben wir in Rekordzeit umgesetzt und es ist bis heute ein absolutes Novum in Hessen", erinnert sich der ehemalige Oberbürgermeister zurück. "Es war die absolut richtige Entscheidung, denn so ein Klinikum ist der komplexeste Betrieb, den man sich vorstellen kann. So ein Haus braucht eine Managementstruktur, die operativ von der Politik getrennt ist. Das ist mit der Umwandlung gelungen.
In Krisen-Zeiten ist die Politik aber sofort gefragt, besonders wenn es unangenehm wird. Beispiel: Legionellen. Das kam über Nacht, ich hatte überhaupt kein Bild, wir hatten beim Bekanntwerden eine geplante Aufsichtsratssitzung. Die habe ich dann erstmal gar nicht begonnen, die Damen und Herren eineinhalb Stunden warten lassen und dann informiert, koordiniert, Entscheidungen getroffen - so ging das dann am laufenden Band weiter. Das hat viel Kraft gekostet, aber ich habe mich gerne eingesetzt, denn das Klinikum in kommunaler Trägerschaft ist für uns alle ein Segen."
Insgesamt blickt Gerhard Möller, der für seine Geradlinigkeit bekannt ist, auf eine sehr spannende, arbeitsintensive und vor allem auch schöne Zeit zurück. Er wandert nach wie vor gerne, ist viel an der frischen Luft unterwegs und interessiert sich für die Entwicklungen in seiner Heimat. Und am Ende des fast zweistündigen Gesprächs sagt er in seiner unverwechselbaren Bescheidenheit: "Schreiben Sie nicht zu viel, es ist doch nur der 75." In diesem Sinne: Happy Birthday, Herr Oberbürgermeister a.D. Möller!