Schwachstelle Bauchwand: Herz-Jesu-Krankenhaus informiert
25.11.24 - "Wir führen hier mehr als 800 Hernieneingriffe jährlich durch. Besonders häufig haben wir es mit Leistenbrüchen, Nabel- und Narbenhernien sowie Zwerchfellbrüchen, von kleinen, kaum sichtbaren, bis hin zu riesigen zu tun", stellt Dr. med. Christian Berkhoff die Kompetenzen des Hernienzentrums am Herz-Jesu-Krankenhaus Fulda vor. Als Hernie wird eine Schwachstelle in der Bauchwand bezeichnet, die sich als knospenartige (griechisch ἔρνος érnos = hernos = Knospe) Vorwölbung am Bauch, in der Leiste oder am Zwerchfell zeigt.
Die Schwachstellen der den Bauchraum zusammenhaltenden Gewebedecken verschließt man operativ. Je nach Lage und Ausprägung kann das mit Nähten und/oder mit einem Netz geschehen, das unterstützend eingebracht wird, erklärt Dr. med. Christian Berkhoff, Chefarzt der Allgemein-, Viszeral- und Minimalinvasiven Chirurgie und Leiter des Hernienzentrums.
Hernien sind keine "Brüche" im Wortsinn
Um zu verstehen, was es mit dem "Bruch" auf sich hat, bei dem nichts zerbrochen, sondern unterbrochen ist, holt Dr. med. Christian Berkhoff etwas weiter aus: "Der gesamte Rumpf ist von Muskeln umgeben, bestehend aus geraden und schrägen Muskeln. Diese haben die Aufgabe, sowohl statische Stabilität als auch dynamische Bewegungen zu ermöglichen. Die Leute stellen sich oft vor, dass bei einer Hernie etwas zerrissen ist. Das ist in der Regel nicht richtig. Die Bauchwand bietet anatomisch bedingt verschiedene Schwachstellen, an denen sich die Brüche ausprägen können. Unterschiedliche Faktoren begünstigen leider die Hernienbildung."Im Bauchraum herrscht immer Druck. Diesen Druck fangen Bindegewebe und Muskulatur im Normalfall ab. Dieser Druck kann aber auch an den entsprechenden Schwachstellen eine Hernienbildung hervorrufen: Beim Leistenbruch ist der Leistenkanal betroffen. Beim Nabel ist das der angeborene ehemalige Nabelschnuransatz. Bei einem Narbenbruch ist die Bauchwand durch Operationen geschwächt und deshalb bruchgefährdet. Eine ganz andere anatomische Situation stellt der sogenannte Zwerchfellbruch dar.
Der Bauchraum ist nach oben hinein zum Brustkorb mit einer horizontal verlaufenden Muskelschicht, dem Zwerchfell, abgegrenzt. Das Zwerchfell hat von Natur aus eine Lücke: den Speiseröhrendurchlass. Bei einer dort bestehenden Bindegewebsschwäche kann sich an dieser Stelle eine Hernie entwickeln. Dadurch können sich Magenanteile nach oben in den Brustkorb verlagern. Infolgedessen treten in einigen Fällen Refluxbeschwerden und Schluckstörungen auf. "Patienten kommen oft erst auf Ärzte zu, wenn der Zustand schmerzhaft wird. Innere Hernien sind deshalb meist Zufallsbefunde – Patienten und Patientinnen werden aufgrund eines Refluxes beim Arzt vorstellig."
Nicht immer verursachen Hernien Beschwerden
Hernien sind nicht ungewöhnlich, viele Menschen entwickeln sie im Laufe ihres Lebens. "Meist verlagern sich die Vorwölbungen spontan in Ruhe oder durch eigene Manipulation zurück. Das kann zwar oft gut gehen. Wenn aber Organe betroffen sind, kann das auch gefährlich werden, beispielsweise bei einer Einklemmung. Die kann gegebenenfalls lebensbedrohliche Folgen haben", erzählt Dr. Berkhoff. "Und vor allem heilen Hernien nicht spontan von alleine ab."
Ohne Behandlung geht es nicht
Ist das Bindegewebe schwach und hat sich eine Hernie entwickelt, dann bleibt das auch so. Das Bindegewebe ist nicht trainierbar wie die Muskulatur – es braucht bei Schwäche Unterstützung. Bei einer Hernienoperation werden durch Nähte und gegebenenfalls Netze eine Stabilisation erreicht. Hierdurch lässt sich die nötige dauerhafte und funktionelle Stabilität erzielen. Der Chirurg ist bei einer solchen Operation als Helfer der Natur zu verstehen. Die zum Einsatz kommenden Netze werden seit über 20 Jahren in der Hernienchirurgie eingesetzt und vom Gewebe so elegant integriert, dass kein Fremdkörpergefühl entsteht. Der Körper nimmt die Netze also einfach an, sie verwachsen fest mit dem körpereigenen Gewebe und stützen die Schwachstelle von innen.
Wenn möglich minimalinvasive Therapie
Die notwendige Unterstützung bekommen Patienten im Herz-Jesu-Krankenhaus Fulda, das nun schon zum zweiten Mal in Folge als Hernienzentrum ausgezeichnet wurde.
"Es gibt Risiken für die Entwicklung von Hernien, die vermeidbar sind"
Die Behandlungen im Hernienzentrum des Herz-Jesu-Krankenhauses werden minimalinvasiv durchgeführt. Seitens der Patienten ist ein Verständnis der Operation wichtig, vor allem mit Blick auf ihr Verhalten nach der Operation. Wer gerade erst operativ behandelt wurde, sollte sich schonen. Wie genau diese Schonung aussieht und wie lange sie nötig ist, hängt von der Art des Bruchs und der OP-Technik ab. Das alles wird mit dem Patienten vor der Entlassung persönlich und ausführlich besprochen. Denn bis die verschlossene Schwachstelle stabil abgeheilt ist, also ihre maximale Belastbarkeit erreicht hat, kann es je nach Hernienform und OP-Verfahren mehrere Wochen dauern. Das bedeutet: Alltagsbelastungen sollten zwar ab sofort problemlos möglich sein. Stärkere körperliche Belastungen, beruflich oder auch sportlich, sollten jedoch zunächst reduziert werden.Dr. Berkhoff hat aber noch ein paar weitere Tipps, wie sich trotz bestehender Veranlagung die Entstehung von Hernien vielleicht nicht immer vermeiden, aber hinauszögern lässt: "Übergewicht reduzieren ist ein wichtiger Punkt. Alles, was den Druck im Bauchinnenraum erhöht, kann bestehende Schwachstellen offenbaren. Deshalb ist eine ausgewogene Ernährung wichtig. Fitness spielt auch eine große Rolle. Eine gesunde, leistungsstarke Rumpfmuskulatur hält nicht nur den Körper gerade und beugt Haltungsproblemen vor, sondern hält den Bauchraum zusammen."
Ausführliche Informationen zum Thema Hernien gibt es beim Arzt-Patienten-Seminar im Herz-Jesu-Krankenhaus am 27. November 2024. Auch das ist ein Grund, warum das Hernienzentrum erneut zertifiziert wurde: Hier wird nicht nur auf sehr hohem Niveau behandelt, sondern eben auch umfassend informiert. Der Kontakt zwischen den behandelnden Ärzten und den Patienten ist von Anfang an auf eine intensive und positive Zusammenarbeit ausgelegt.
OSTHESSEN|NEWS berichtete über die herausragende Qualität in den chirurgischen und orthopädischen Fachbereichen am 20. November 2024 im Beitrag "Qualität, die überzeugt: Herz-Jesu-Krankenhaus Fulda erneut ausgezeichnet". +++