Scholz will im Januar Vertrauensfrage stellen: "Schaden vom Land abwenden"
07.11.24 - Der Koalitionsausschuss in Berlin am Mittwochabend sollte eigentlich Beratungen übers Haushaltsloch bringen. Dann schlägt FDP-Chef Lindner Kanzler Scholz Neuwahlen vor, der entlässt ihn kurzerhand. Und erklärt jetzt im Kanzleramt vor der Presse sein Verhalten.
Man wolle "geordnet und in Würde" eine neue Regierung für Deutschland ermöglichen, den Nachtragshaushalt 2024 wäre man noch bereit, gemeinsam zu beschließen, so Lindner. Vertreter von SPD, Grünen und FDP hatten vorher zweieinhalb Stunden nach Wegen aus der Ampelkrise gesucht. Scholz entlässt Lindner daraufhin - und tritt am Abend vor die Presse:
"Brauchen handlungsfähige Regierung"
"Ich sehe mich gezwungen zu diesem Schritt, um Schaden von unserem Land abzuwenden. Wir brauchen eine handlungsfähige Regierung. Ich habe dem Koalitionspartner ein umfassendes Angebot vorgelegt, ein Angebot zur Stärkung Deutschlands in schwieriger Zeit. Angesichts der Herausforderungen brauchen wir größeren finanziellen Spielraum. Wir brauchen bezahlbare Energie, ein Paket für Arbeitsplätze in der Autoindustrie, eine Investitionsprämie sowie die weitere Unterstützung der Ukraine, auch als wichtiges Signal nach der US-Wahl", so Scholz.Finanzminister Lindner zeige keinerlei Bereitschaft, diese Schritte mitzutragen: "Ich kann ein solches Verhalten unserem Land nicht weiter zumuten", so Scholz. Die deutsche Wirtschaft trete auf der Stelle, der schwache Welthandel sowie die Kosten für die Modernisierung der Wirtschaft erforderten eine Unterstützung der Unternehmen. "Wer sich diesem Kompromissangebot verweigert, der handelt verantwortungslos. Das kann ich als Bundeskanzler nicht dulden."
Vertrauensfrage am 15. Januar
Lindner habe Gesetze zu häufig blockiert und das Vertrauen des Kanzlers zu häufig missbraucht: "Ein solcher Egoismus ist vollkommen unverständlich." Dabei habe man Erfolge vorzuweisen: Beim Thema irreguläre Migration sei ein Rückgang von mehr als 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen. Die Ausbauziele für Wind und Solarkraft könnten wirklich erreicht werden: "Wir haben Deutschlands Energieversorgung gesichert", so Scholz. Nur noch jeder Siebte müsse im Niedriglohnsektor arbeiten.Nach der Entlassung des Bundesfinanzministers durch den Bundespräsidenten will Scholz jetzt Gespräche mit Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) suchen: "Wir brauchen eine schnelle Stärkung der Wirtschaft und der Verteidigung - das kann nicht warten, bis Neuwahlen stattgefunden haben", so Scholz. Zur ersten Sitzungswoche des Bundestags im Januar, genauer am 15. Januar, will Scholz die Vertrauensfrage stellen und darüber abstimmen lassen. (mau) +++