Pröpstin Sabine Kropf-Brandau: "Wir schützen jüdisches Leben"
09.11.24 - Rund 100 Menschen erinnerten am Freitagnachmittag bei kaltem und tristem Wetter am Schillerplatz an eine der dunkelsten Nächte in der deutschen Geschichte. Am 8. November 1938 brannte im Zuge der sogenannten Novemberpogrome die Hersfelder Synagoge - als erste in Deutschland.
Über 1.000 Synagogen und jüdische Gebetshäuser, Geschäftshäuser und Privatwohnungen wurden damals zerstört und verwüstet. Mehr als 30.000 Menschen wurden deportiert, ermordet oder in den Selbstmord getrieben.
Werner Schnitzlein von der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Hersfeld-Rotenburg begrüßte die anwesenden Menschen. In ihrer Ansprachen hoben Schnitzlein, Landrat Torsten Warnecke, Bürgermeisterin Anke Hofmann und die Pröpstin Sabine Kropf-Brandau die Bedeutung der Erinnerung hervor - gerade in der aktuellen Zeit, mit den diversen Herausforderungen, der Gewalt, Hass und Hetze in der Welt. Schnitzlein verlas ein Schreiben des Bundestagsabgeordneten Michael Roth (SPD). Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses weilte in Berlin und konnte nicht persönlich teilnehmen.
"Wahret das Recht, übt Gerechtigkeit"
"Als Christin rede ich aus dem Glauben heraus, dass Gott mit dieser Welt und allen Menschen einen Neuanfang stiftet, den es nur so zu gestalten gilt. Wahret das Recht, übt Gerechtigkeit. Das ist Verpflichtung und Auftrag. Nur so können wir gemeinsam Schlimmeres verhindern. Ich habe Ihnen etwas mitgebracht. Es sind Aufkleber, auf denen steht: Wir schützen jüdisches Leben", sagte die Pröpstin des Sprengels Hersfeld-Hanau."Unser Gedenken ist zuerst einmal eine Erinnerung an die Menschen, die unter Terror und Verfolgung gelitten haben, eine Erinnerung an die Opfer von Willkür, politischer Gewalt und systematischer Ermordung, eine Erinnerung an das Versagen auch von Kirche", sagte Kropf-Brandau weiter.
"Gerade jetzt ist diese Erinnerung wichtiger denn je. Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit nehmen weltweit, auch hier in Deutschland, wieder zu. Jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger berichten zunehmend von Diskriminierungen und Bedrohungen. Die Zahl antisemitischer Übergriffe steigt, und in sozialen Medien kursieren Hassbotschaften und Verschwörungstheorien, die gefährliche Vorurteile schüren. Solche Weiterentwicklungen dürfen wir nicht hinnehmen. Wir sind verpflichtet, gemeinsam als Gesellschaft klar Stellung zu beziehen. Wir müssen deutlich machen, dass wir Antisemitismus, Rassismus und Hass in keiner Form tolerieren - nicht in Bad Hersfeld, nicht in Deutschland und nicht irgendwo sonst auf der Welt", sagte Bürgermeisterin Anke Hofmann.
Annette Willing von der liberalen jüdischen Gemeinde im nordhessischen Felsberg hielt das Totengedenken. Dazu spielte der Posaunenchor des CVJM und der Evangelischen Kirche Bad Hersfeld unter der Leitung von Gesa Hild. Lara-Luisa Rühl aus Bad Hersfeld sang zum Abschluss. Die Andacht an der Gedenkstätte für die jüdischen Opfer am Schillerplatz mit Werner Schnitzlein von der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit und Mitwirkenden aus der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen organisiert und gestaltet. (Hans-Hubertus Braune) +++