Mehr als die Hälfte der Oberthalhausener setzt sich für den Erhalt der kleinen Dorfkirche ein. - Fotos: Privat

LUDWIGSAU Angst um Gotteshaus

Bausubstanz der Oberthalhausener Kirche ist marode - Spendenaktion gestartet

14.11.24 - Oberthalhausen in der Gemeinde Ludwigsau (Landkreis Hersfeld-Rotenburg) ist mit 70 Einwohnerinnen und Einwohnern sehr klein. Und doch hat der Ort eine Kirche, die im Mittelalter als Wehrkirche für die Kreuzzüge erbaut wurde. Seit Jahrhunderten steht das Kirchlein in der Dorfmitte nun, doch der Zahn der Zeit hat an den Mauern genagt. Eine Renovierung ist teuer - doch den Oberthalhäusern ist ihre Kirche sehr wichtig.

Alexandra Steinhauer lebt seit 27 Jahren in Oberthalhausen, sie ist Mitglied im Kirchenvorstand und ihr 18 Jahre alter Sohn Erik versieht seit drei Jahren den Küsterdienst. Der Ort gehört zum Pfarrbezirk Ludwigsau I und bildet mit dem Nachbarort Niederthalhausen eine Kirchengemeinde. Pfarrerin des Kirchspiels ist Janina Richter. "Die Kirche ist in unserem Mittelpunkt", so Steinhauer.

Im Jahr 2007 wurden an der Kirche in Niederthalhausen erhebliche statische Probleme entdeckt. "Eine Renovierung war dort also unbedingt nötig", so Alexanda Steinhauer im Gespräch mit OSTHESSEN|NEWS. "Die Probleme bei unserer Kirche waren damals auch schon bekannt, schienen aber nicht so dringend", sagt die Kirchenvorsteherin. 2019 war die Kirche im Nachbarort fertig renoviert.

Orgelspielen ist derzeit nicht erlaubt.

Der abgeräumte Altar.

Mängel im sechsstelligen Eurobereich

Zwei Jahre später beauftragte der Kirchenvorstand ein Architekturbüro, ein Gutachten über den Zustand der Kirche in Oberthalhausen zu erstellen. "Unsere Kirche hatte feuchte Ecken, es roch muffig und auch Schimmel hatte sich an einigen Stellen gebildet", so Steinhauer. Im Gutachten wurden Mängel festgestellt, deren Beseitigung im sechsstelligen Eurobereich lagen. "Seitens des Kirchenkreises konnten damals keine Mittel zur Verfügung gestellt werden. Die Kosten waren einfach zu hoch", so Steinhauer bedauernd. Ihr sei bewusst, dass unter anderem durch Kirchenaustritte auch die evangelische Kirche sparen und manchmal auch Gebäude abstoßen müsse.

Michael Zehender, stellvertretender Dekan des Kirchenkreises Hersfeld-Rotenburg. ...Foto: O|N - Archiv / Privat

"Es wird zukünftig um 70 Prozent der kirchlichen Gebäude gehen, für die vonseiten der Landeskirche und des Kirchenkreises keine Gelder mehr zur Verfügung stehen. Es muss uns klar sein, dass wir nicht alle Gebäude halten und/oder sanieren können", bedauert der stellvertretende Dekan Michael Zehender im Gespräch mit O|N. "Ich finde es großartig, dass sich der Kirchenvorstand aus Ober- und Niederthalhausen so mächtig ins Zeug legt und diese Spendenaktion ins Leben gerufen hat."

Sind Spendenaufrufe die Zukunft der Kirchengemeinden?

Zehender sieht solche Aktionen zukünftig vermehrt auf die Kirchengemeinden zukommen, denn: "Die Zahl der Kirchenmitglieder soll sich laut Prognosen in den kommenden Jahren drastisch verkleinern. Wir müssen dann schauen, wofür das verbleibende Geld ausgegeben wird." Er hoffe, dass durch den Spendenaufruf die nötigen Gelder zusammenkommen. "Dieser Kirchenvorstand könnte ein Leuchtfeuer für andere Gemeinden werden", so der stellvertretende Dekan voller Begeisterung über den Einsatz.

Rahel Krause, Leiterin des Kirchenkreisamtes in Bad Hersfeld. Foto: O|N - Archiv / Christopher Göbel

"Wir sind absolut froh darüber, dass im Bau-Ausschuss eine weitere Beratung stattfand und dass nicht einfach gesagt wird, dass unsere Kirche geschlossen bleibt", so Steinhauer. Das Ergebnis der Sitzung in dieser Woche ist allerdings nicht so, wie es sich der Kirchenvorstand gewünscht hätte: "Der Kirchenkreis hat bereits eine fünfstellige Summe bewilligt, um eine Notsicherung der Kirche zu ermöglichen und um die Verkehrssicherungspflicht zu erfüllen", sagt Rahel Krause, die Leiterin des Kirchenkreisamtes in Bad Hersfeld gegenüber O|N. Weitere Mittel bereitzustellen sei allerdings im Moment nicht möglich. "Wir befinden uns gerade im Gebäudestrategieprozess und die Ressourcen sind sehr knapp", bedauert Krause. "In Oberthalhausen gibt es einen super engagierten Kirchenvorstand", sagt sie. Sie hoffe, dass sich dort nun weitere Menschen engagieren, Spenden oder andere Ideen einbringen, um die kleine Kirche zu retten.

Die Glocken läuten nicht mehr

Zurück nach Ludwigsau: Ein Ortstermin mit dem Kirchenbauamt im März dieses Jahres in Oberthalhausen brachte zunächst einen kleinen Erfolg: "Uns wurden etwa zehn Prozent der Gutachtenssumme für eine Grundsicherung unserer Kirche bewilligt", so die Kirchenvorsteherin. "Es sollte das Nötigste gemacht werden, damit wir die Kirche weiter nutzen können."

Doch die böse Überraschung kam, als die Bauarbeiten beginnen sollten: "Die Baufirma hat festgestellt, dass da noch mehr im Argen liegt und das Geld bei Weiten nicht ausreichen würde. Die Arbeiten wurden abgebrochen und mit Planen die Kirche notdürftig gesichert. "Wir haben noch schnell den Altar abgeräumt, ehe die Kirche abgesperrt wurde." Auch die Glocken dürfen nicht mehr geläutet werden. Und das Üben an der Orgel fällt ebenfalls weg.

Keine akute Gefahr

"Bei uns finden aus diesem Grund keine Gottesdienste mehr statt. Wir dürfen die Kirche zwar kurz betreten, aber nur, wenn es unbedingt nötig ist", sagt Steinhauer. Es bestehe zwar keine akute Gefahr - beispielsweise durch herabstürzende Balken oder Steine, doch werde der Aufenthalt im Inneren nicht empfohlen. "Wir können die Kirche also nicht nutzen. Gottesdienste oder andere Veranstaltungen im Kirchenraum sind also ausgeschlossen.

"Mehr als Hälfte der Einwohner ist unsere Kirche sehr wichtig. Fast alle sind dort getauft und konfirmiert worden, einige haben dort geheiratet. Außerdem haben wir keine Friedhofskapelle, so dass auch Trauerfeiern in unserer Kirche stattfanden", sagt Alexandra Steinhauer traurig. Doch welche Möglichkeiten gäbe es? "Wir kamen auf die Idee, eine Spendenkampagne im Internet zu starten, um Gelder für die Renovierung zu sammeln. Meine Tochter Linda hat das organisiert". Bisher sind allerdings lediglich sieben Spenden eingegangen - immerhin 1.500 Euro. Diejenigen, die sich für den Erhalt der Kirche in Oberthalhausen einsetzen, würden auch Eigenleistungen erbringen, um die Kirche wieder nutzbar zu machen. Sie suchen nun weitere Unterstützerinnen und Unterstützer.

Der Spendenaufruf für die Kirche in Oberthalhausen findet sich auf der Plattform GoFundMe. (Christopher Göbel) +++


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