Nach Forsa-Befragung zur Barockstadt: "Wir haben noch viel Arbeit vor uns"
05.12.24 - Kein Schwein kennt Fulda? Das stimmt so definitiv nicht. Immerhin knapp der Hälfte der Bundesbürger fällt zu Fulda etwas ein. Das zeigte jüngst eine Umfrage des renommierten Meinungsforschungs-Instituts Forsa für OSTHESSEN|NEWS. Doch was sagen Kommunalpolitiker, Mandatsträger und Wirtschaftsvertreter zu den Ergebnissen der Befragung? Wir haben nachgehakt.
Zum Hintergrund: Die Studie zeigt, dass 44 Prozent der Bundesbürger etwas einfällt, wenn sie zu Fulda befragt werden. Dabei ist der Dom auf Platz eins mit ganzen sieben Prozent der Befragten. Es folgt Fulda als schöne Stadt (sechs Prozent) und Fulda als katholische Stadt (sechs Prozent). Lesen Sie hier mehr zu den Ergebnissen der Befragung.
Auch für Vertreter von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft sind die Ergebnisse der Umfrage mehr als aufschlussreich:
"Wertvolle Einsichten zur Wahrnehmung von Fulda"
"Die Umfrage bietet wertvolle Einsichten zur Wahrnehmung von Fulda in Deutschland. Besonders freut mich, dass die Menschen unsere Stadt als schön wahrnehmen und eines unserer prägnantesten Wahrzeichen, den Dom, mit Fulda assoziieren. Solche Befragungen sind aber immer nur Momentaufnehmen. Ebenso wichtig ist der Blick auf die Entwicklung im Zeitverlauf. Fulda hat es geschafft, kontinuierlich seine Gäste- und Übernachtungszahlen zu steigern und wird dies auch weiterhin tun. Um die Attraktivität unserer Stadt zu erhöhen, wurde in den letzten Jahren sehr viel Geld in die Hand genommen. So bietet die Stadt vielfältige Angebote von Kulturveranstaltungen (Domplatzkonzerte, Musicalsommer), Städtetrips der Reiseveranstalter, große und kleiner Messen u.v. mehr. Eine richtige Entscheidung, denn so stärken wir auch unsere lokale Wirtschaft nachhaltig. Mit Blick auf die Attraktivität kann man sagen, dass die Stadt Fulda auf einem richtigen und guten Weg ist", erklärt die Stadtverordnetenvorsteherin Margarete Hartmann.
"Fulda hat viel zu bieten"
"Fulda hat viel zu bieten. Leider wissen es viele Befragte nicht und je jünger Sie sind, umso weniger ist Ihnen von Fulda bekannt. Das bietet Entwicklungspotential, das wir nutzen sollten. Wir können bei allen Bevölkerungsgruppen punkten. Bei den Jüngeren sowohl mit dualen Ausbildungsangeboten und PINGS als auch der Hochschule mit ihrer internationalen Ausrichtung. Bei den Familien mit den vielen mittelständischen Unternehmen, die oftmals Hidden Champions sind und dem hervorragenden Schulangebot. Bei allen mit unserer zentralen Lage in der Mitte der Erholungsgebiete von Rhön und Vogelsberg, der Region der kurzen Wege, bezahlbaren Mieten und Immobilienpreisen und einer abwechslungsreichen und lebendigen Kulturszene. Es macht Freude für Fulda zu werben. Machen Sie mit!", erklärt Dr. Christian Gebhardt, Präsident der Industrie- und Handelskammer (IHK) Fulda.
"Ungenutzte Potenziale vorhanden"
"Ein Bekanntheitsgrad von knapp 50 Prozent bei allen deutschen Bürgerinnen und Bürgern ist für eine Stadt der Größe von Fulda sicher ein guter Wert. Andere Städte vergleichbare Größenordnung werden sicher deutlich niedrigere Bekanntheitsgrade aufweisen. Der hohe Bekanntheitsgrad ist nach meiner Auffassung darauf zurückzuführen, dass Fulda nach außen mit einer klaren Charakterisierung auftritt. Die Menschen identifizieren Fulda mit den klassischen Elementen Barockbauten, Kirchen und Rhön. Aufgrund der Aktivitäten im Bereich Kultur wie Musical-Sommer oder Domplatz Konzerte wird die Stadt zunehmend als Kulturstadt wahrgenommen. In diesem Bereich muss die Stadt das Engagement aufrechterhalten und womöglich noch ausweiten. Gleichwohl zeigt die Studie, dass noch ungenutzte Potenziale vorhanden sind. Insbesondere bei jüngeren Menschen ist Fulda nicht genügend präsent. Dieses Defizit muss gezielt angegangen werden, durch Marketing, aber auch durch Angebote, die gezielt jüngere Menschen fokussieren", erklärt Hans-Dieter Alt, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU in der Fuldaer Stadtverordnetenversammlung. Die CDU-Fraktionsvorsitzende im Stadtparlament, Patricia Fehrmann, ergänzt: "Die zentrale Lage Fuldas mitten in Deutschland und die ICE-Anbindung sind beste Voraussetzungen, den Bekanntheitsgrad weiter auszubauen. Die Übernachtungszahlen in der Stadt Fulda lagen 2023 bei knapp 740.000. Dies ist sicher auf die Anstrengungen der Stadt zurückzuführen, Fulda als Kulturstadt mit einem vielfältigen und ausgezeichneten Angebot wahrzunehmen. Die Überdachung des Museumshofes könnte auf jeden Fall dazu beitragen, das Angebot an weiteren kulturellen Veranstaltungen in der Kernstadt auszuweiten."
Für Priv.-Doz. Dr. Thomas Menzel, Sprecher des Vorstands der Klinikum Fulda gAG, steht fest: "Die Bekanntheit und Attraktivität sind wichtige Faktoren, wenn es darum geht, Fachkräfte nach Fulda zu locken. Das Klinikum Fulda wird sich auch weiterhin für die Stärkung des Bildungs- und Gesundheitsstandorts Fulda einsetzen."
"Fulda ist die unbekannte Schöne"
"Fulda ist die unbekannte Schöne, besonders bei den jüngeren Bundesbürgern - so lässt sich das Ergebnis der Forsa-Umfrage zusammenfassen. Wichtig ist, dass wir weiter gemeinsam am Standortmarketing arbeiten. Denn wir sind auf den Zuzug von Fachkräften und jungen Menschen für die vielen offenen Ausbildungsplätze angewiesen. Für mich sind das vielfältige Kulturangebot, die Lebensqualität und Zentralität bei insgesamt gutem Preis-Leistungs-Verhältnis Pfunde, mit denen wir noch stärker wuchern können", erklärt Michael Konow, Hauptgeschäftsführer der IHK Fulda.
"Haben noch viel Arbeit vor uns"
"Die Ergebnisse sind repräsentativ und zeigen, dass wir in der Wirtschaftsförderung noch viel Arbeit vor uns haben. Schön wäre es, wenn die Deutschen in fünf Jahren Fulda und den ganzen Landkreis als Ort von hoher Lebensqualität sehen – mit der 'schönen Stadt' sind wir hier ja schon auf einem guten Weg – als Lebens- und Arbeitsort mit einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis – hier trübt Fulda-Reifen gerade etwas das Bild – und natürlich als innovative Zukunftsregion, in der sich Start-ups und Unternehmen gerne niederlassen", erklärt Christoph Burkard, Geschäftsführer der Region Fulda Wirtschaftsförderungsgesellschaft.
"Dom ist nicht repräsentativ"
"Erfreulich zu bewerten ist, dass nichts Negatives bei den Befragten zu Fulda eingefallen ist. Der Dom zu Fulda ist als Wahrzeichen bei ca. 20 Millionen Katholiken in Deutschland nicht sehr repräsentativ vertreten. Im Marketing-Bereich sollte doch einiges nachgelegt werden. Gemeinsame Konzepte mit Stadt und Rhön könnten die Verweildauer der Besucher in der Region erhöhen. Besonders bei der jüngeren Bevölkerung fehlt ein Bezug zu Fulda", erklärt Elke Diegelmann, stellvertretende Stadtverbandsvorsitzende der CWE Fulda.
"Umgekehrt wird ein Schuh draus"
"Umfragen und Statistiken sind gern genutzte Instrumente, um sich einen Überblick zu verschaffen und um Sachverhalte in Beziehung zu setzen. Wichtig ist dabei immer die Analyse der jeweiligen Daten – und im Grunde ist bei der Beurteilung am Wichtigsten, ob und was man sich eventuell vom Ergebnis versprochen hat. So mag vermutlich mancher enttäuscht sein darüber, dass 56 Prozent der Bundesbürgerinnen und Bundesbürger nichts zu Fulda einfällt. Aber auch umgekehrt wird ein Schuh draus: 44 Prozent assoziieren etwas zu unserer schönen Kreisstadt. Und das sind immerhin 32,1 Millionen Menschen ab 14 Jahren. Wer hätte das eigentlich angenommen? Also sind 44 Prozent gar kein schlechtes Ergebnis, zumal es in Deutschland 633 Mittelstädte zwischen 20.000 und unter 100.000 Einwohnern gibt; mehr als 50 allein in Hessen. Und dass die Befragten am meisten die Begriffe Dom, schöne Stadt, Fluss und private Kontakte nannten, kann vielversprechend sein. Auf jeden Fall schwingt da doch mit: Fulda ist schön, da lohnt ein Besuch", erklärt Landrat Bernd Woide (CDU).
"Ergebnis ist positiv zu bewerten"
"Zunächst einmal zeigt die Studie einen bundesweiten Gesamtdurchschnitt, das Ergebnis muss also ins Verhältnis zu anderen vergleichbaren Städten sowie zu unserem Einzugsgebiet und zu unseren Zielgruppen gesetzt werden. Wenn diese Faktoren in der Analyse berücksichtigt werden, dann ist das Ergebnis aus Sicht des Stadtmarketings durchaus positiv zu bewerten. In Hinblick auf unser Wachstum – touristisch und als hoch-attraktiver Lebensraum – hat Fulda großes Potenzial, das wir noch weiter ausbauen können. Dies bietet uns in den nächsten Jahren im Hinblick auf die Wirtschaft, auf die Lebensqualität und eine sich verändernde Gesellschaft viele Chancen. Von daher müssen wir das Potenzial weiter nutzen, entwickeln und vor allem positive Botschaften aus Fulda versenden", erklärt Fuldas Oberbürgermeister Dr. Heiko Wingenfeld (CDU).
"Wer noch nie in Fulda war, kennt häufig nur den ICE-Bahnhof oder die Autobahnausfahrt"
"Meine Erfahrungen aus vielen Begegnungen und Gesprächen im gesamten Bundesgebiet decken sich leider im Wesentlichen mit den Antworten. Wer noch nie in Fulda war, kennt Fulda häufig nur durch den ICE-Bahnhof oder die Autobahnausfahrt. Nur wer Fulda persönlich besucht und erlebt hat, verbindet damit eine wunderschöne, lebens- und liebenswerte Stadt mit vielen beeindruckenden Sehenswürdigkeiten, die aus allen Himmelsrichtungen bestens zu erreichen ist. Daher müssen wir möglichst viele Menschen zu interessanten Veranstaltungen nach Fulda holen. Im Hochschulbereich organisieren wir viele Tagungen und Konferenzen und erleben regelmäßig ehrliche Bewunderung und große Überraschung bei allen, die Fulda und die Hochschule erstmalig erleben. Das wird sich schließlich herumsprechen", erklärt Prof. Dr. Karim Khakzar, Präsident der Hochschule Fulda.
Das Bistum Fulda wollte sich trotz Nachfrage von OSTHESSEN|NEWS nicht äußern und antwortete unserer Redaktion: "Das Bistum Fulda wird nicht an der Beurteilung und Kommentierung des Meinungsbildes teilnehmen." (mau) +++