Tiere anders Kennenlernen: Stoppels Offener Lebenshof mit grenzenloser Liebe
30.12.24 - "Ich wollte gerne meine Pferde auf dem letzten Weg noch begleiten, da war der Lebenshof ein sinnvoller Weg" - genau so beschreibt Marion Diekel, gelernte Juristin und Sozialpädagogin, ihren ganzen Stolz: den offenen Lebenshof in Oberstoppel. "Tiere sind nicht dafür da, dem Menschen zu dienen."
"Ich arbeite seit 1990 mit Tieren", sagte die ehrenamtliche Betreiberin. "Angefangen habe ich mit Reit-Therapie und später kam noch tiergestützte Förderung mit anderen Tieren, wie beispielsweise Hunden, Hühnern und Kühen, dazu. Irgendwie war die Entwicklung zum Lebenshof ganz natürlich, weil ich durch die tiergestützte Arbeit gesehen habe, welches Potenzial die Tiere haben." Es ist also kein Wunder, dass es den Lebenshof bereits seit 2013 gibt.
"Jedes Tier hat ein Recht auf Leben und eine ordentliche Behandlung verdient"
Zum genaueren Werdegang beschrieb Diekel: "Aus der Erkenntnis heraus, dass jedes Tier eine eigene Persönlichkeit ist, eigene Neigungen, Gefühle und Bedürfnisse hat, ist mir klar geworden, dass jedes Tier ein Recht auf Leben hat und eine ordentliche Behandlung verdient." Doch auch die beidseitige Beeinflussung spielte eine große Rolle: "Ich habe gesehen, welchen Umgang sie mit Menschen haben und wie sie Menschen emotional bewegen können."Mittendrin statt nur dabei
Mit insgesamt 93 Tieren leben Marion und ihr Mann Ludger mitten in einem bunten Treiben. Teil der tierischen Familie sind 42 Tauben, 36 Hühner, vier Rinder, vier Ponys, vier Katzen und drei Hunde. "Tauben machen individuell nicht so viel Arbeit, im Gegensatz zu anderen", erklärte Marion Diekel. Doch wie sieht bei der Vielfalt der Alltag der beiden aus? Ludger Hollmann sagte: "Mein Tag fängt immer um halb acht an, geht bis zwölf, da fahre ich zur Arbeit, bin dann um 21:30 Uhr wieder hier und gehe dann ins Bett. An den Wochenenden und montags muss ich nicht arbeiten, bin aber trotzdem bis abends hier am Hof." Seine Ehefrau ergänzte: "Ich fange um acht Uhr mit Büroarbeit an, versorge die Hunde und Hühner, füttere die Tiere, mache Aufgaben, die bislang nur ich machen kann. Gegen 14 Uhr oder 14:30 Uhr bin ich mit der Frühstücksrunde fertig. Gegen 17 Uhr geht es dann weiter mit der Abendrunde. Es kommen aber immer wieder Sachen dazwischen, wie Blutproben, Heuernte oder die Reinigungen." Nebenher wollen vor allem die Rinder ihre Kuscheneinheiten erhalten.
Veränderung und Unterstützung im Vordergrund
Doch nicht nur die beiden gehen in der Arbeit auf. "Wir machen Hofführungen, die sehr gut angenommen werden. Da ist ein sehr großes Interesse der Menschen, uns und vor allem die Tiere kennenzulernen, wie zum Beispiel unsere Kühe, die oft nur als Nutztiere bekannt sind. Es liegt uns einfach am Herzen, den Kontakt zwischen Mensch und Tier zu fördern." Um genau diesen Kontakt zu stärken, bieten sie einmal im Jahr einen veganen "Mitbringbrunch" an und selbstverständlich sind auch Urlaubsgäste willkommen. Finanziell hilft vor allem der Partner "Initiative Lebenstiere e.V.", so erklärte Marion Diekel: "Sie unterstützen uns monatlich mit den Pensionsgeldern für unsere Tiere. Sonst werden wir über Urlaubsgäste, Patenschaften, Partner und Spenden finanziert. Auch Sachspenden, wie Futter, sind bei uns immer willkommen." Die Helfer arbeiten alle ehrenamtlich, da es ihnen darum geht, etwas zu verändern.
Liebe zu den Tieren überwiegt alle Herausforderungen
Unglücklicherweise bringen die Tiere auch einige Herausforderungen mit sich: "Wir sind den Tierseuchenregelungen und allen Gesetzen für lebensmittelliefernde Tiere total unterworfen und dagegen können wir auch nichts machen. Der Tierschutz liegt komplett in privater Hand. Tierschutz ist zum Verfassungsrecht erhoben worden und trotzdem kümmert sich der Staat nicht darum. Tierheime werden teilweise unterstützt, aber auch nicht ganz. Wildtiere werden ganz ignoriert. Obwohl wir diesen Verfassungsrang haben, ändert sich nichts." Das hält die Familie allerdings nicht davon ab, weiterzumachen: "Wir machen das so lange, wie wir können. Es ist nämlich einfach unser Herzblut. Leider müssen wir auch daran denken, dass wir Mitte sechzig sind und uns es auch beschäftigt, wie es nach uns weiter gehen soll. Das ist nämlich alles noch irgendwie unklar. Deshalb haben wir im Moment auch einen Aufnahmestopp, außer bei Hühnern."
Die Liebe zu den Tieren überwiegt also jegliche Hindernisse. "Für mich ist es etwas ganz Besonderes, meine Zeit mit Tieren verbringen zu können und den Menschen diese tollen Lebewesen näher bringen zu dürfen. Es gibt nämlich keinen Unterschied zwischen den Tieren und wenn doch, machen wir das als Menschen, indem wir sie als Nutztiere kategorisieren." (Mia Schmitt) +++