
Autorin Nena Brockhaus: "Wir müssen wieder ein Gewinnerland werden"
14.02.25 - Die Journalistin, Fernsehmoderatorin und Bestseller-Autorin Nena Brockhaus hat sich auf eine Suche begeben: Was passiert mit unserem Geld? Vor zwei Wochen ist ihr neues Buch "Mehr Geld als Verstand: Wie die deutsche Politik dein Geld verprasst" genau über dieses Thema erschienen. Mittlerweile ist es auf der SPIEGEL Bestseller-Liste auf Platz eins.
Die Düsseldorferin Nena Brockhaus ist auch in unserer Region nicht unbekannt. 2021 stellte sie ihren Bestseller "Ich bin nicht Grün - ein Plädoyer für Freiheit" einem exklusiven Kreis von OSTHESSEN|NEWS-Lesern im Hotel Platzhirsch vor. Im O|N-Interview spricht sie jetzt aber über ihr neues Buch.
Sie sind zum ersten Mal auf Platz eins der SPIEGEL-Bestseller. Was ist das für ein Gefühl?
"Die Spiegel-Bestsellerliste ist mir wohlbekannt, wofür ich sehr dankbar bin. Alle meine vorherigen fünf Bücher waren Spiegel-Bestseller. Mein letztes Buch Alte Weise Männer war ein viertel Jahr lang in der Liste. Aber Platz Eins zu schaffen ist natürlich nochmal etwas ganz anderes. Ein irres Gefühl. Mehr geht nicht. Ich habe dem gegenüber aber gemischte Gefühle, weil mein Vater und ich den Traum vom Spiegel-Bestseller Platz 1 Sticker immer gemeinsam träumten. Er starb sechs Wochen nachdem ich den Buchvertrag zu Mehr Geld als Verstand unterschrieben hatte. Eine Freundin schrieb mir kürzlich, dass ich happy sein solle, weil das doch die Erfüllung eines gemeinsamen Ziels sei. Seitdem sehe ich das auch so und kann die Platz Eins Platzierung genießen."
Folgen denn trotzdem noch weitere Bücher?
"Ja, aber den Zeitpunkt kann ich nicht benennen. Es mag in einem Jahr, oder in fünf Jahren sein. Ich habe noch nie ein Buch geschrieben, bloß um ein Buch zu schreiben. Davon würde ich auch jeder angehenden Autorin abraten. Das wird nichts. Man muss für das Thema brennen, alles darüber wissen wollen. Mehr Geld als Verstand entstand beispielsweise, weil ich mit einem Banker Abendessen war, der mich über die Staatsfinanzen ausfragte und ich keine Ahnung hatte. Das war der Startschuss für meine Recherchen."
Was hat Sie bei den Recherchen denn am meisten schockiert?
"Da sind natürlich die großen Bereiche wie Bürgergeld, Migration und Bürokratie, wo durch effizientere Politik Milliardensummen eingespart werden könnten. Besonders schockiert haben mich aber die Kosten und das Ausmaß der Plakatwerbung der Bundesregierung. Speziell auch, was alles beworben wird. Überspitzt formuliert: Wer uns Bürgern erzählt, wie wir kochen, duschen und gegen was wir protestieren sollen, ist keine Regierung, sondern eine überbezahlte Nanny."
Sind Politiker realitätsfern?
"Bundeskanzler Olaf Scholz wusste in einem Interview mit Paul Ronzheimer nicht wie teuer ein Päckchen Butter ist. Selbstverständlich ist das realitätsfern. Was ich aber an dieser Stelle betonen möchte: Mein Buch ist kein Abgesang auf die deutschen Politiker. Ich sehe viel Schuld auch bei uns Bürgern. Wir sind derart desinteressiert an den Staatsausgaben, dass uns nicht wundern sollte, wie die Politik unser Geld verprasst. Politik folgt Debatten und dem, was den Menschen im Land wichtig ist."
Wie steht es um die Bürokratie? Bräuchten wir einen Milei oder Musk?
"Ja. Nicht die Personen Musk oder Milei, aber den Spirit. Den Willen zur Veränderung. Wir müssen mit der Kettensäge ran. Meine Lösung: Die neue Regierung sollte sechs Experten bestimmen, die Großes geleistet haben, die über 60 sind und sich unentgeltlich einen Bürokratie-Entschleunigungs-Plan für unser Land überlegen."
Mit welcher Partei werden diese Vorschläge gelingen?
"Mehrere deutsche Parteien betonen in ihren Wahlprogrammen die Bedeutung des Bürokratieabbaus, um Wirtschaft und Gesellschaft zu entlasten. Den stärksten Fokus legt darauf die FDP in ihrem Programm "Alles lässt sich ändern." Sie fordert eine radikale Verschlankung des Staatsapparates und setzt sich für eine umfassende Digitalisierung ein, um Verwaltungsprozesse effizienter zu gestalten. Zudem plädiert sie für die Einführung der "one in, two out"-Regel, bei der für jede neue Vorschrift zwei bestehende abgeschafft werden sollen. Auch die Union fordert eine konsequente Durchführung der "one in, two out"-Regel. Sowie die Verabschiedung von Jahresgesetzen zum Bürokratieabbau als "echte Entrümpelungsgesetze". Fraglich ist was davon nach der Wahl umgesetzt wird. Es kommt auch immer auf die Koalitionsbildung an."
Gibt es auch hessische Beispiele für Steuerverschwendung?
"Nehmen wir nur einmal den Riederwaldtunnel. Der wird eine Milliarde Euro teurer als geplant. Ursprünglich sollte der Tunnel an der A66 in Frankfurt 477 Millionen Euro kosten – nun wird er voraussichtlich dreimal so teuer. Es gibt auch, was Migration betrifft, viele Beispiele in Hessen. Nehmen wir einmal das prominente Beispiel AWO-Affäre. Im Mittelpunkt stehen Forderungen gegen die Arbeiterwohlfahrt aus den Jahren 2016 bis 2018, als der Sozialverband zwei Flüchtlingsheime im Auftrag der Stadt Frankfurt betrieb. Unter anderem sei Personal in Rechnung gestellt worden, das dort gar nicht gearbeitet hat. Das muss man sich einmal vorstellen. Der Streitwert beläuft sich auf 2.6 Millionen Euro. Ich würde in diesem speziellen Fall aber nicht mehr von Steuerverschwendung, sondern von Betrug sprechen."
Wo müsste denn mehr Geld investiert werden?
"Erstens, in den Geldbeutel der Bürger. Wir brauchen mehr Netto vom Brutto. Zweitens Bildung und Kinderarmut. Platz drei wäre die Infrastruktur. Hier möchte ich betonen, dass wir genug Geld haben, es wird nur mit sehr mäßigem Erfolg ausgegeben. Und das ist noch nett formuliert. Nehmen wir als Beispiel einmal den Brückenbau. Und vergleichen hier einmal Italien und Deutschland. Die Autobahnbrücke von Genua wurde in weniger als zwei Jahren neu errichtet. Die Ponte San Giorgio misst knapp über einen Kilometer und ist damit doppelt so lang wie die Talbrücke Rahmede bei uns. Letztere wird zwischen Schließung und Wiedereröffnung fünf bis sechs Jahre brauchen. Das ist also fast dreimal so viel wie für eine halb so lange Brücke in Italien."
Wie sehen Sie Deutschland in fünf oder zehn Jahren?
"Ich glaube an Deutschland. Ich bin überzeugte Deutsche. Überzeugte Europäerin. Wir leben in einem großartigen Land. Mein Buch hat ein Happy End und erzählt, wie eine italienische Familie unser Land liebt. Wir sind das Land der Dichter und Denker. Mein Buch ist ein Bekenntnis an unser Land. Kein Abgesang. Aber gerade, weil wir so ein wunderbares Land sind, brauchen wir jetzt zwingend einen Richtungswechsel. Wir müssen wieder ein Gewinnerland werden und uns nicht länger auf den zurückliegenden Erfolgen ausruhen."
Hier gibt es mehr Infos zum Buch. (Moritz Pappert) +++