

Brutale Misshandlung in Garage: Staatsanwalt fordert sechs und fünf Jahre Haft
21.03.25 - Im Prozess um die Entführung und Misshandlung eines 20-Jährigen im Mai vergangenen Jahres sind am Mittwoch die Plädoyers gehalten worden. Während die Staatsanwaltschaft empfindliche Strafen forderte, plädierten die Verteidiger auf mildere Urteile.
Der Fall, der seit Wochen vor dem Landgericht Fulda verhandelt wird, sorgte für Aufsehen – nicht nur wegen der Brutalität der Tat. Die beiden Angeklagten, 24 und 22 Jahre alt, sollen ihr Opfer unter einem Vorwand in eine Garage in Dietershan gelockt und dort schwer misshandelt haben. Der junge Mann soll mit einer Pistole und einem Messer bedroht, ins Gesicht geschlagen, mit einem Schlagstock traktiert worden sein. Laut Staatsanwaltschaft machten die Beschuldigten zudem Nacktfotos vom Opfer – eine extreme Demütigung. Schließlich sollen sie versucht haben, 10 000 Euro zu erpressen. Für zusätzlichen Gesprächsstoff sorgte, dass sowohl Täter als auch Opfer Verbindungen zu Fuldaer Rockergruppen haben beziehungsweise hatten.
Ob die Tat in diesem Umfeld begründet ist oder ein Beziehungskonflikt zugrunde liegt, blieb unklar – Verteidigung und Staatsanwaltschaft vertreten dazu unterschiedliche Ansichten.
"Terrorisierungsregime"
Staatsanwalt Andreas Hellmich sprach von einem "Terrorisierungsregime" der Angeklagten, welches das Opfer traumatisiert habe. Auch wenn es widersprüchliche Angaben zum angeblichen Einsatz eines Elektroschockers gab, sei erwiesen, dass die Angeklagten mit gefährlichen Waffen agierten. Handy- und GPS-Daten belegten zudem ihre Anwesenheit am Tatort.Hellmich warf den Männern Freiheitsberaubung, gefährliche Körperverletzung und versuchte räuberische Erpressung vor. Der ältere Angeklagte habe möglicherweise aus "verletztem Macho-Stolz" gehandelt und sei die treibende Kraft gewesen, während der Jüngere als "Juniorpartner" agiert habe. Die Misshandlungen seien keine Bagatelle, auch wenn das Opfer "nur" Prellungen und eine Gehirnerschütterung davontrug. Hellmich forderte sechs Jahre Haft für den 24-Jährigen, fünf für den 22-Jährigen.
Glaubwürdigkeit gegeben?
Verteidiger Sven Mehlhorn sah das Motiv anders: Das Opfer habe die Freundin seines Mandanten übel beleidigt, woraufhin dieser "sich zu etwas hinreißen ließ, was ihm nun auf die Füße fällt". Er bezweifelte die Glaubwürdigkeit des Geschädigten, der sich Frauen gegenüber mehrfach unangemessen verhalten habe. Zudem gebe es Widersprüche in seiner Aussage – etwa zum Elektroschocker. Auch die Erpressung sei fraglich: Entweder habe ein Dritter die Geldforderung per Telefon ins Spiel gebracht oder sie habe gar nicht existiert. Falls doch, sei sie womöglich nur eine "Exit-Strategie" der Täter gewesen, um die Situation zu beenden. Mehlhorn plädierte auf eine Haftstrafe unter drei Jahren. Sein Kollege Michael Koch sprach ebenfalls von einer "Exit-Strategie". Die Angeklagten hätten irgendwann nicht mehr gewusst, was sie mit dem Opfer tun sollten. Eine Rocker-Fehde schloss er aus, vielmehr handle es sich um einen persönlichen Konflikt. Sein Mandant sei zudem weniger involviert gewesen, seine Rolle zwischen "starker Gehilfe" und "schwächerer Mittäter" sei nicht klar. Da das Opfer keine schweren Verletzungen davongetragen habe und die Vorstrafen seines Mandanten nicht gravierend seien, forderte Koch eine Bewährungsstrafe oder maximal zweieinhalb Jahre Haft.Das Urteil unter Vorsitz von Richterin Dr. Bettina Stade wird am Mittwoch, 26. März, um 15 Uhr erwartet.
Zu Beginn hatte Staatsanwalt Hellmich noch eine Neuigkeit aus dem Hut gezaubert, die den jüngeren Angeklagten betrifft: Denn der sieht sich nun noch mit drei weiteren Anklagen konfrontiert. Vorgeworfen wird ihm eine weitere schwere räuberische Erpressung, Hehlerei, bei der es um einen 135 000 Euro teuren Porsche gehe, sowie um Diebstahl aus einem Handyladen.
Schon bekannt war, dass demnächst auch der Mitangeklagte vor Gericht stehen wird: Er soll seinen Vater so heftig geschlagen haben, dass dieser stürzte und an seinen Verletzungen verstarb. (Sabrina Mehler) +++