
Alle Morde aufgeklärt, aber viele Einbrecher kommen davon
26.03.25 - Osthessen bleibt eine der sichersten Regionen in Hessen - das ist die Bilanz der Polizeilichen Kriminalstatistik 2024. Außerdem wurde ein deutlicher Rückgang der erfassten Straftaten verzeichnet. Ein Ergebnis, für welches sich Polizeipräsident Michael Tegethoff ausdrücklich bei seinen Mitarbeitern und der Bevölkerung bedankt.
Die Polizeiliche Kriminalstatistik erfasst alle zur Anzeige gebrachten Straftaten. Grundlage für die Einstufung der Straftaten ist die schwerstmögliche anzunehmende Tat. Aus einem in dieser Statistik erfassten Mord wird vor Gericht also regelmäßig ein Totschlag oder eine schwere Körperverletzung. Gleiches ist auf andere Straftatbestände anzuwenden. Weiterhin richtet sich die Statistik auf das Datum des Ermittlungsendes, nicht der Straftat. So fließen Taten aus 2023 in die Zahlen von 2024 ein und nicht alle Verbrechen aus 2024 finden sich in dieser Statistik. Auch die Dunkelziffer wird nicht berücksichtigt.
"Die Wahrscheinlichkeit in Osthessen als Täter überführt zu werden, bleibt weiterhin sehr hoch", hob Osthessens Polizeipräsident Michael Tegethoff hervor. Mehr zur grundsätzlichen Sicherheitslage lesen Sie unter diesem Link. Hier ordnen wir die auffälligsten Zahlen und Daten ein. Die komplette Statistik können Sie auf der Website des Polizeipräsidiums Osthessen abrufen.
Meiste Straftaten begehen Deutsche, Ausländer weiterhin überproportional vertreten
Ein Großteil der Täter (63 Prozent) ist deutsch und männlich (78 Prozent). Über 35 Prozent der Straftaten werden von Tätern mit nicht deutscher Staatsangehörigkeit begangen. Sie machen rund 10 Prozent der Bevölkerung in Osthessen aus. Die meisten von dieser Gruppe begangenen Taten lassen sich den Vermögensdelikten zuordnen. Die absolute Zahl der Verbrechen erreichte in 2024 einen neuen Höchstwert. Gleichzeitig nehme der Prozentsatz straffälliger Ausländer immer weiter ab. Eine Trendwende! Und: "Nicht die Staatsangehörigkeit, sondern die sozialen Gegebenheiten sind bei der Wahrscheinlichkeit der Straffälligkeit entscheidend", erklärt Tegethoff. Junge Männer, mit einer schlechten monetären und sozialen Situation sind generell deutlich wahrscheinlicher, straffällig zu werden. "Pauschale Schuldzuweisung führt nicht weiter, sondern faktenbasierte Auseinandersetzung", so der Polizeipräsident.Drogendelikte nach Legalisierung gesunken
Ein bedeutender Rückgang der Fallzahlen lässt sich im Bereich der Drogendelikte verzeichnen. "Der Rückgang um 62 Fälle ist wohl auf die Teillegalisierung von Cannabis zurückzuführen", meint Andreas Rainer, Leiter der osthessischen Kriminaldirektion. Damit erkläre sich jetzt auch die geringere Aufklärungsquote. Konsumenten, die erwischt wurden, hatten diese deutlich gesteigert. Die Teillegalisierung bedeutet aber auch: Den sprichwörtlichen Bachlauf vom Konsumenten zum Großerzeuger gibt es nicht mehr, die Beamten müssen die Quelle anderweitig ermitteln.Die meisten Einbrecher werden nie gefasst
Nach wie vor schwierig bleibt es, die Identität von Einbrechern zu ermitteln. Rund 25 Prozent der angezeigten Einbrüche können aufgeklärt werden. Damit ist das Präsidium in Osthessen trotz der niedrigen Erfolgsquote in Hessen dennoch im Vergleich gut positioniert. Das könnte auch auf die Aktion "Denken wie ein Einbrecher" zurückzuführen zu sein. Polizisten begeben sich in Wohngebieten auf die Suche nach Einbruchsmöglichkeiten und suchen dann das Gespräch. "Das ist eine gute Aktion mit tollem Feedback und eine Erfindung aus Osthessen", sagt Tegethoff. In Osthessen ist nur einer von fünf Einbruchsversuchen erfolgreich.Vereinzelt Angriffe auf Polizeibeamte
Im Jahr 2024 wurden in der Statistik 118 Fälle und 230 Geschädigte im Kontext von Widerstand und Gewalt gegen Einsatzkräfte erfasst, wie Tegethoff erklärt. "Jeder dieser Fälle ist einer zu viel", so der Polizeipräsident. Wir haken nach. "Die Statistik weist nicht aus, ob der Angriff passiv oder aktiv erfolgt", erklärt Polizeisprecher Dominik Möller. Klartext: Auch wenn sich jemand gegen das Anlegen von Handschellen wehrt, fällt er unter diese Statistik.Ein nicht insignifikanter Teil der 118 Fälle ereignet sich im Rahmen von rettungsdienstlichen Maßnahmen, bei denen Patienten etwa nicht eingewiesen oder behandelt werden wollen. Ein Angriff auf eine Einsatzkraft hatte im Jahr 2024 das Präsidium erschüttert. Eine zivile Streife hatte versucht, einen Streit zu schlichten. Ein Beamter wurde niedergeschlagen. Dann wurde auf ihn eingetreten. Ebenso richtig ist allerdings auch: "Gezielte Angriffe außerhalb des Einsatzgeschehens gibt es hier zum Glück in dieser Form nicht", so Tegethoff. Dennoch gelte es festzuhalten: "Der Ton ist rauer geworden".
Straßenkriminalität rückläufig
Im Bereich der Straßenkriminalität setzt sich in Osthessen der rückläufige Trend auch in 2024 fort - 2.301 registrierte Straftaten bedeuten einen deutlichen Rückgang um 202 Fälle beziehungsweise 8,1 Prozent. Gleichzeitig stieg die Aufklärungsquote im Vergleich zum Vorjahr um 5,5 Prozentpunkte und erreicht mit 31,7 Prozent ihren bisherigen Höchstwert.Im Deliktsfeld Raub und räuberische Erpressung stiegen die Fallzahlen zwar um zehn auf 116 Fälle, bleiben damit aber weiterhin unter den registrierten Straftaten von 2019 (125 Fälle) und 2020 (120 Fälle). Den größten Anteil macht der räuberische Diebstahl mit 40 Fällen und der Straßenraub mit 39 Fällen aus. Die Aufklärungsquote stieg im Vergleich zum Vorjahr deutlich um 9,4 Prozentpunkte auf 80,2 Prozent. Damit werden in Osthessen acht von zehn Raubstraftaten aufgeklärt.
In einer Langzeitbetrachtung der Straßenkriminalität ist erkennbar, dass die Fallzahlen deutlich zurückgegangen sind. Während 2005 noch 4.491 Straftaten erfasst wurden, waren es 2024 nur noch 2.301. Das entspricht einem Rückgang um 48,7 Prozent, bei einer deutlichen Steigerung der Aufklärungsquote um 12,9 auf 31,7 Prozent (2005: 18,8 Prozent).
Nur 9 Prozent der Körperverletzungen im öffentlichen Raum
Die Anzahl an Körperverletzungsdelikten sank im Vergleich zum Vorjahr leicht um 19 auf 2.063 Fälle. Damit bewegen sich die Fallzahlen in den letzten Jahren – mit Ausnahme der Pandemiejahre - auf einem etwa gleichbleibenden Niveau, leicht oberhalb der 2.000-Marke.In mehr als zwei Drittel der Gesamtfallzahlen (1.389 Fälle bzw. 67,3 Prozent) handelt es sich um vorsätzlich begangene einfache Körperverletzungshandlungen, in 51 Fällen wurde ein Messer als Tatmittel eingesetzt (2023: 37 Fälle). Die Aufklärungsquote liegt bei 93,0 Prozent und damit auf einem konstant hohen Niveau. Zu der Summe der Körperverletzungsdelikte zählt auch die fahrlässige Körperverletzung. Rund 9 Prozent (181 Fälle) der registrierten Körperverletzungsdelikte ereigneten sich im öffentlichen Raum.
Weniger häusliche Gewalt
Bei den Fällen von häuslicher Gewalt sind die Zahlen in Osthessen - nach einem kontinuierlichen Anstieg bis ins Jahr 2022 auf 717 Fälle - bereits zum zweiten Mal in Folge wieder rückläufig. So wurden 2024 insgesamt 693 Fälle polizeilich registriert, was einem Rückgang um vier Fälle im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Über 81,2 Prozent der Opfer sind Frauen, mehr als zwei Drittel aller Fälle Körperverletzungen.Alle Straftaten gegen das Leben aufgeklärt
Im Deliktsbereich der Straftaten gegen das Leben wurden im Jahr 2024 insgesamt 31 Fällen registriert, was einem Anstieg um 16 Fälle und damit in etwa dem Niveau von 2022 (29 Fälle) entspricht. Nahezu zwei Drittel der Taten blieben im Versuchsstadium (20 Fälle bzw. 64,5 Prozent), in 9 Fällen wurde ein Messer als Tatmittel eingesetzt. Den größten Anteil machen die Fallzahlen beim Totschlag mit 24 Fällen (18 Versuche) aus – in vier Fällen (zwei Versuche) handelt es sich um Mord. "Dass wir im vergangenen Jahr jede dieser äußerst verwerflichen Straftaten aufgeklärt haben, ist ein Beleg für die akribische und professionelle Arbeit meiner Kolleginnen und Kollegen", sagt Rainer.Nach einem kontinuierlichen Anstieg innerhalb der letzten Jahre sind die Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung mit 732 Fällen (2023: 736 Fälle) im vergangenen Jahr erstmals seit 2017 wieder leicht rückläufig, aber dennoch weiterhin auf einem hohen Niveau. Die Aufklärungsquote liegt bei 90,3 Prozent (2023: 92,9 Prozent).
300 Fälle "Kinderpornografie" und 57 Fälle "Jugendpornografie"
Den größten Anteil an den Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung stellt der Deliktsbereich des "Verbreitens pornografischer Inhalte" mit 380 Fällen dar – davon 300 Fälle "Kinderpornografie" und 57 Fälle "Jugendpornografie". Hier ist erstmals seit Jahren ein Rückgang um 9,3 Prozent bzw. 39 Fälle im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen. Rund 54 Prozent der hier ermittelten Tatverdächtigen gehören der Altersgruppe bis 21 Jahren an, fast jeder Zweite ist zwischen 14 und 17.Im Deliktsbereich des sexuellen Missbrauchs stiegen die Fallzahlen im Vergleich zum Vorjahr um 12 auf 152 Fälle, was insbesondere auf den Anstieg bei exhibitionistischen Handlungen (48 Fälle / +17) zurückzuführen ist. Beim sexuellen Missbrauch von Kindern wurden 87 Fälle registriert (2023: 86 Fälle), beim sexuellen Missbrauch von Jugendlichen neun Fälle (2023: 16 Fälle). (Moritz Bindewald) +++