


60 Jahre Kreisaltenheim: Wie sich das Leben im "letzten Zuhause" wandelt
11.06.25 - Viele Menschen haben bei dem Gedanken an ein Altenheim eher ein mulmiges Gefühl. Ähnlich wie ein Krankenhausaufenthalt. Die Gewissheit, "alt zu werden oder gar zu sein" ist nicht schön. Doch wie lässt sich der Lebensabend trotzdem bestmöglich gestalten, wenn ein Leben in den eigenen vier Wände nicht mehr geht?
In vielen Köpfen hat sich die Vorstellung verfestigt: Ein Altenheim ist trist, grau und riecht. Viele Einrichtungen sind jedoch seit Jahren bestrebt, dieses Image zu wandeln. Ein Beispiel für die modernisierte Ausrichtung ist das Kreisaltenheim in Niederaula (Landkreis Hersfeld-Rotenburg).
Die geografische Lage mitten in einem Wohngebiet zeigt: Die älteren Menschen wohnen mittendrin im Ort, sind Teil der Gesellschaft. In diesem Jahr feiert der Standort Niederaula sein 60-jähriges Bestehen, und zwar mit einer großen Geburtstagsparty am 14. Juni.
Im Oktober 1963 war Baubeginn am Südhang unterhalb des Hungersbergs. Damals gab es noch wenige Nachbarn. Am 29. November 1965 sind die ersten 50 Bewohner eingezogen. Damals gab es 123 Plätze, heute sind es 149 stationäre Plätze und 14 Kurzzeitpflegeplätze. Seitdem hat sich beim Angebot vieles verändert. 1973 kam die Osterweiterung. Seit dem Jahr 2007 gibt es drei Hausgemeinschaften mit jeweils zehn Plätzen. Die Tagespflege wird seit den veränderten Rahmenbedingungen nach der Corona-Pandemie nicht mehr angeboten. In den zurückliegenden Jahren wurde die Einrichtung immer weiter angebaut und die Inneneinrichtung und energetische Sanierung nach und nach umgesetzt.
"Wir sind das letzte zu Hause für unsere Bewohner"
Das Team des Kreisaltenheims legt viel Wert auf die Betreuung ihrer Bewohner. "Wir sind das letzte zu Hause für unsere Bewohner. Sie haben es verdient, bestmöglich versorgt zu werden", sagt Franka Meinecke. Sie ist seit 30 Jahren im Haus und kennt die Entwicklung. Die Menschen werden insgesamt immer älter. "Wir haben mehr über 100-jährige Bewohner", sagt Franka Meinecke im gemeinsamen Gespräch mit OSTHESSEN|NEWS-Reporter Hans-Hubertus Braune und der Pflegedienstleiterin Iris Fuhrmann.Das Kreisaltenheim in Niederaula ist unter der Regie des Landkreises Hersfeld-Rotenburg also in öffentlicher Hand. Aber auch für sie sind die Voraussetzungen der heutigen Zeit komplizierter geworden. "Die Vorschriften knebeln uns", sagt Franka Meinecke. Auch die Bürokratie und die Kontrollvorschriften machen es nicht einfacher für das Personal. Dazu kommt der Konkurrenzkampf um die Mitarbeiter. Mit flexiblen Arbeitszeitmodellen, mit der Mutti Schicht, Qualifizierung und Weiterbildung sowie einer tariflichen Entlohnung gelingt es, ein starkes Team für die wichtige Arbeit aufstellen zu können.
"Unsere Mitarbeiter kommen aus 16 Nationen, wir sind alle ein Team. Die Verständigung klappt sehr gut, zum Beispiel mit einem Wörterbuch der Fachbegriffe", sagt Iris Fuhrmann. "Niederaula und Iris gehören zusammen", sagt sie. Seit 39 Jahren fährt sie aus Friedlos zur Arbeit nach Niederaula. Und das mit großer Freude und Leidenschaft für ihren Beruf. Franka Meinecke wohnt in Philippsthal (Werra) und sieht es wie ihre Kollegin.
Neben der Pflege geht es den Verantwortlichen auch um ein möglichst optimales Angebot für die Bewohner und deren Freizeitgestaltung. Zum Areal gehört ein vergleichsweise großer Park mit Therapiegarten und vielen Sitzgelegenheiten. 17 Betreuungskräfte unterstützen das Pflegeteam. Die Beschäftigungstherapie hat eine eigene Abteilung. Bereits im Jahr 2014 wurde die Essensversorgung vom Tablett System zum Familientischsystem umfunktioniert. Wenn irgend möglich, können die Bewohner in ihrem Wohnbereich zusammen essen. Es gibt einen Einrichtungsbeirat, welcher mitredet und dies auch einfordert.
Alles sei zudem freundlicher und heller geworden. Auch die Nahrungsmittel und Produkte haben sich weiterentwickelt. Drei Köche kümmern sich um die Zubereitung. Die Arbeitszeit in der Köche von sieben Uhr bis 14:30 Uhr ist arbeitnehmerfreundlich. Für die Bewohner und ihre Gäste gibt es ein kleines Café und Snackautomaten. Früher hatte der damalige örtliche Edeka-Laden eine Außenstelle im Kreisaltenheim, in direkter Nachbarschaft war ein Sparlädchen. Das ist leider heutzutage längst Geschichte.
Facetime mit dem Enkel ist keine Seltenheit
Die Zeiten haben sich geändert. Dazu zählt beispielsweise die Digitalisierung. "Viele Bewohner fragen nach W-LAN", sagt Franka Meinecke. Dank Glasfaseranschluss können sie so via Tablett oder Laptop viel einfacher mit ihren Angehörigen kommunizieren, sie sogar öfters sehen. FaceTime mit dem Enkel ist keine Seltenheit. Was vor wenigen Jahren aus der Not entstand, ist heute eine wichtige technische Unterstützung. Wobei der direkte Kontakt immer noch der Beste ist.Es gab aber bedauerlicherweise auch diese Katastrophenzeit, anders lässt sich das nicht beschrieben: Die Coronavirus-Pandemie macht die Verantwortlichen auch heute noch traurig. "Das war die schlimmste Zeit für uns", sagen Franka Meinecke und Iris Fuhrmann. Körperlich wie seelisch waren all die Maßnahmen gerade für die Bewohner eine Qual. Dabei hat das Team alles gegeben. "Auch der Bürgermeister Thomas Rohrbach stand an unserer Seite und hat uns super unterstützt", sagt Franka Meinecke. Sie sind natürlich froh, dass die Pandemie überstanden ist und hoffen, dass so etwas nie wieder passiert und wenn doch, dass die Behörden und Politik aus der Coronavirus-Pandemie gelernt haben.
Denn der zwischenmenschliche Kontakt ist für Bewohner und Mitarbeiter einfach entscheidend wichtig. Dazu zählen auch hausinterne Veranstaltungen wie Weihnachtsfeiern, Karneval, Sommerfeste und jetzt die Jubiläumsparty am 14. Juni dieses Jahres zum 60. Geburtstag. Passend dazu das Motto: "Die gute alte Zeit", ab zehn Uhr heißt es in der Berliner Straße 5 "Erinnerungen wecken und gemeinsam feiern". Neben kulinarischen Angeboten wird ein Gottesdienst mit dem Kirchenchor gefeiert. Der Posaunenchor Niederaula, die Tanzschule Michéle Meckbach, das Akkordeonorchester Gersdorf, ein Shanty-Chor und weitere Gruppen werden auftreten, eine Modenschau ist ebenfalls geplant.
Bunt, fröhlich und gemeinsam einen schönen Tag verbringen. Wir werden nun mal alle älter. (Hans-Hubertus Braune) +++
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