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13.12.11 - Bad Hersfeld

Häusliche Gewalt und Folgen - Zehnjähriges Bestehen des Runden Tisches

Der Runde Tisch gegen häusliche Gewalt im Landkreis Hersfeld-Rotenburg ist in diesem Jahr zehn Jahre alt geworden. Aus diesem Grunde hatte die Kreisfrauenbeauftragte und Geschäftsführerin des Runden Tisches, Dr. Andrea Fink-Jacob, kürzlich zu einer öffentlichen Vortragsveranstaltung zum Thema „Häusliche Gewalt und die Folgen“ eingeladen. Mehr als fünfzig Frauen und Männer – zumeist Fachkräfte aus den unterschiedlichsten pädagogischen und sozialen Arbeitsfeldern – waren der Einladung gefolgt.

Die Diplom-Psychologin und psychologische Psychotherapeutin Friedegunde Bölt aus Kassel widmete sich in ihrem Vortrag unter anderem der Frage, wie sich Gewalt in der Familie aus psychotraumatologischer Sicht darstellt und was die Traumaforschung zu dem Verständnis beitragen kann, weshalb sich Opfer so schwer von den Tätern lösen können. Sie zeigte die vielfältigen Wirkmechanismen und Abhängigkeitsproblematiken in gewaltbelasteten Paarbeziehungen auf und erläuterte die Phasen des Gewaltkreislaufes: Auf eine Phase der Spannung folge Gewalt, dann eine Phase der Wiedergutmachung, später der Verdrängung und des Schweigens, bis sich eine neue Spannungsphase aufbaue, die in erneuter Gewalt münde. Die Referentin stellte außerdem dar, dass 25 Prozent aller Frauen in Deutschland mindestens einmal schwere körperliche Verletzungen in einer Paarbeziehung erlebten. Laut polizeilicher Statistik seien rund 90 Prozent der Opfer häuslicher Gewalt weiblich, knapp 90 Prozent der Täter männlich. Mehr als 40 Prozent der betroffenen Frauen hätten Angst, ernsthaft oder lebensgefährlich verletzt zu werden, mehr als drei Viertel hatten psychische Folgebeschwerden.

Gewaltbereite Männer, so die Referentin, zeichneten sich häufig durch ein instabiles Selbstvertrauen und durch eine Überidentifikation mit dem Männerbild von Stärke und Macht aus. Häufig hätten sie eigene Gewalterfahrungen gemacht und setzten Gewalt mit Stärke gleich. Operbereite Frauen hingegen wüssten um die zwei Gesichter ihres Partners und würden ihre Aufmerksamkeit auf seine „guten Seiten“ lenken; häufig litten sie unter fehlender sozialer Anerkennung, die sie an den Partner binde, und identifizierten sich eher mit einem Weiblichkeitsbild der Sanftheit. Außerdem ging Bölt der Frage nach, welche Folgen sich für Frauen und Kinder durch das Verharren in einer Gewaltbeziehung ergeben, selbst wenn sie „nur“ Zeugen der gewalttätigen Handlungen sind. Die Referentin machte deutlich, dass es ausreiche, wenn Kinder häusliche Gewalt beobachteten, um schwere Traumata zu erleiden. Je jünger die Opfer von Gewalt, je enger die Beziehung zwischen Tätern und Opfern, desto schwerwiegender seien die Folgen für die Kinder. Kinder aus gewaltgeprägten Beziehungen seien gefährdet, später selbst gewaltgeprägte Beziehungen einzugehen.

In der anschließenden engagierten Diskussion wurde deutlich, dass es viel zu wenige Therapiemöglichkeiten für traumatisierte Opfer häuslicher Gewalt gebe. Außerdem wurde die Notwendigkeit von Angeboten der Täterarbeit hervorgehoben und deutlich gemacht, dass diese auch Anlaufstelle für Männer seien, die von ihrer Partnerin misshandelt würden. Die Fachleute waren sich darüber einig, dass die Vernetzung der Hilfesysteme zur Verbesserung der Situation der Betroffenen beitrage. In den vergangenen Jahren sei viel erreicht worden im Hinblick auf eine Sensibilisierung und Bewusstseinsbildung im Bezug auf häusliche Gewalt. Obwohl Gesetze keinen hundertprozentigen Schutz bieten könnten, würden die positiven Auswirkungen des Gewaltschutzgesetzes jetzt – nach zehn Jahren – in der Praxis spürbar. Wichtig sei es, schon kleinen Kindern Handlungsalternativen zu gewalttätigem Verhalten aufzuzeigen und sie in ihrem Selbstbewusstsein zu stärken.+++

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