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- Archivfoto: Hendrik Urbin

FULDA Drogenkontrollen & Urintests

„Ich pinkle, wenn ICH das möchte!“ - Wie weit dürfen Polizeibeamte gehen?

12.02.14 - Drogenkontrollen im Straßenverkehr sind ein heikles Thema und können oft mit unangenehmen Situationen für Verkehrsteilnehmer einhergehen. Der gängigste, zuverlässigste und am häufigsten eingesetzte Drogentest ist der Urintest. Um ihn ranken sich viele Fragen und Gerüchte: Wie lange sind Betäubungsmittel im Urin nachweisbar? Muss eine Verkehrskontrolle zwangsläufig auf einen Urintest hinauslaufen? Wer wird kontrolliert? Müssen Fahrzeugführer in jedem Fall kooperieren und einen Plastikbecher am Straßenrand "füllen"? Auch Polizeibeamte müssen für die Wahrung der Grundrechte eines jeden Einzelnen sorgen und werden so täglich mit Situationen konfrontiert, die im Umgang mit potentiellen Verkehrssündern außerordentliches Feingefühl abverlangen. Im Gespräch mit dem Leiter der operativen Einheit des Polizeipräsidiums Osthessen, Ulrich Weber (45) suchte osthessen-news.de nach Antworten. 

Auffällig sei in den letzten Jahren der kontinuierliche Anstieg von Fahrern, die unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln stehen. „Auf eine folgenlose Alkoholfahrt kommt eine folgenlose Drogenfahrt", berichtet der 45-Jährige. Mittlerweile habe sich die Anzahl angenähert. Die Statistik aus dem Jahre 2013 zeigt, dass noch im Jahre 2010 genau 354 Fahrer mit Betäubungsmitteln erwischt wurden, 558 unter Alkohol. Im Jahre 2013 waren es knapp 100 Drogenkonsumenten mehr, die auf Osthessens Straßen überführt wurden. Bei Alkohol hingegen war ein Rückgang von 28 Fällen zu verzeichnen. Die am häufigsten in Fulda Osthessen konsumierten Drogen sind nach den Worten Webers nach wie vor Cannabis und  auf dem zweiten Platz dann Amphetamine. In zwei bis drei Fällen sei sogar Crystal Meth nachgewiesen worden. 

In einer solchen Situation stehen sich grundsätzlich die Arbeit und Pflicht eines Polizisten einerseits sowie die Rechte des Verkehrsteilnehmers etwa bei einer Drogenkontrolle andererseits gegenüber. 

Wer muss sich einer Kontrolle stellen? Wer wirkt „verdächtig"?

Führt die Polizeistreife eine sogenannte „Schleierkontrolle" durch, werden Autofahrer wahllos kontrolliert. Weber bestätigt, dass Erfahrungswerte der Beamten ausschlaggebend sind und das Bild des „typischen" Drogenkonsumenten häufiger auf junge Autofahrer zutrifft. Kommt es zu einer Kontrolle, überprüft der Beamte zuerst die „zweigeteilte Aufmerksamkeit": Die Art der obligatorischen Übergabe von Führerschein und Fahrzeugpapiere könne da schon erste Anzeichen auf möglichen Drogenkonsum geben. Ulrich Weber berichtet von einem konkreten Fall, in dem ein Fahrzeugführer ungefragt Verbandskasten und Warndreieck vorzeigte. Des Weiteren können körperliche Anzeichen wie kalte Schweißausbrüche oder Zittern die entscheidenden Informationen geben. Laut Weber seien die Streifenpolizisten diesbezüglich gut geschult und erfahren, um solche Anzeichen richtig deuten zu können. Anschließend wird der sogenannte „Romberg-Test" durchgeführt, mit dem könne direkt vor Ort Störungen des Gleichgewichtssinns festgestellt werden. 


Mythos Urintest: Alles kann – nichts muss

Der Urintest ist ein wirkungsvolles Mittel, um Verkehrssünder überführen zu können. Zwar bemüht sich die Polizei, Urintests gezielt einzusetzen, dass aber auch „saubere" Verkehrsteilnehmer sich dem Urintest unterziehen müssen, kommt vor. Gerade an vielbefahrenen Straßen kann so etwas schnell unangenehm werden, insbesondere bei Frauen stellt das ein Problem dar. Auf die Frage hin, wie oft Frauen zum Urintest gebeten werden, „stehe und falle" eine solche Situation mit der Anzahl der weiblichen Beamten vor Ort. „Wir müssen überprüfen, ob der oder die Verdächtigte keine fremden Substanzen in den Becher einfüllt", so der Leiter der operativen Einheit.  

Alternativ könne vor Ort auch ein Speichel- bzw. ein Abstrichtest durchgeführt werden. Die Urintests schlagen auf die gängigsten Drogen an – wer sich beispielsweise durch „Lecken an Kröten" berausche – so Ulrich Weber - den überführe auch der Urintest nicht. Der Test zeige lediglich Betäubungsmittel an, die in den letzten vier bis zwölf Stunden konsumiert wurden. Grundsätzlich gilt aber: Sowohl die Teilnahme an Urintests als auch die Teilnahme an Wahrnehmungstests sind freiwillig und können verweigert werden. 


Den Drogen auf der Spur: Auf Urintest folgt Bluttest – oder?

Verweigert nun der Kontrollierte jegliche Tests, besteht aber dennoch ein Verdacht auf einen Drogenkonsum von Seiten der Beamten, wird ein richterlicher Beschluss für eine Blutabnahme eingefordert. Laut Ulrich Weber sei das mit einem Anruf innerhalb von zehn Minuten möglich. Der kontrollierende Polizist schildert dem Staatsanwalt bzw. Richter telefonisch die Sachlage. Nur nach einer Freigabe ist die Blutabnahme zulässig. Auf die Frage hin, ob das Gericht einen solchen Beschluss jemals ausgeschlagen hätte, verneinte Ulrich Weber: „Es gibt solche Fälle, an meiner Dienststelle ist das aber noch nicht vorgekommen." 

Zwar dürfe man jegliche „freiwillige" Tests ausschlagen, die Kosten für einen Bluttest müsse allerdings der Verursacher tragen, Weber spricht von mehreren hundert Euro. Diese entfallen allerdings für den Verursacher, wenn dessen Unschuld aus dem Test hervorgeht. Auf Nachfrage bei Rechtsanwalt Gernot Hillenbrand in Fulda begründe die Verweigerung von freiwilligen Test alleine keinen Verdacht, der eine Blutentnahme rechtfertigen würde. Es müssen vielmehr weitere Umstände hinzutreten. 

Laut Polizeipressesprecher Martin Schäfer gilt: „Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus". Wer also mit den Polizeibeamten kooperiert und sich nichts zu schulden kommen lässt, der werde in der Regel keine Probleme bekommen. Schäfer ist vom Gespür der osthessischen Polizeibeamten überzeugt und vertritt die Auffassung, dass eine "Unrechtsverdächtigung" wohl die Ausnahme sei. (Konstantin Müller) +++


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