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Gastfamilien für Projekt „Begleitetes Wohnen in Familien" gesucht
21.02.14 - Wenn sich Menschen mit psychischer Erkrankung den Herausforderungen des Alltags nur noch mit Unterstützung gewachsen sehen, benötigen sie professionelle Hilfe. Der Weg in eine stationäre Einrichtung ist dabei nur eine Möglichkeit. Die Vogelsberger Lebensräume, eine Einrichtung der Stiftung Heilanstalt für Kranke in Lauterbach, kann Alternativen anbieten. Neben dem Angebot eines Wohnheims, wo Unterkunft, Verpflegung und rehabilitative Maßnahmen zur Verfügung stehen, haben sich die Verantwortlichen der Einrichtung einem bundesweiten Projekt angeschlossen, das Betroffene dabei unterstützt, in ausgewählten Gastfamilien begleitet zu wohnen.
„Wir suchen Familien, die bereit sind, unsere Klienten im Alter von 18 bis 65 Jahren aufzunehmen und sie in ihren Alltag zu integrieren", erklärt Roland Bamberger, Leiter des Wohnheims der Vogelsberger Lebensräume. Gemeinsam mit seinen Kolleginnen, den Sozialpädagoginnen Silke Zante und Manja Steudtner, wirbt er seit Jahren für diese Form der Rehabilitation. Dabei wird umfassend darauf geachtet, dass Gastfamilie und Klient auch tatsächlich zusammenpassen. „Bevor fremde Menschen eine häusliche Gemeinschaft bilden können, prüfen wir, ob die Voraussetzungen für ein harmonisches Miteinander gegeben sind. Dabei besuchen wir mögliche Gastfamilien persönlich, stellen einen ersten Kontakt her und organisieren ein Probewohnen. Erst danach entscheiden sich beide Parteien", erläutert Silke Zante das Prozedere.
"Chemie muss stimmen"
Kriterien wie Alter, Geschlecht und örtliche Nähe werden ebenso berücksichtigt wie Allergien gegen Haustiere, Rauchen oder körperliche Beeinträchtigungen durch Gehbehinderungen. Der Familienstand der Gastfamilie spielt dabei nur eine untergeordnete Rolle. „Auch Alleinstehende, Familien mit oder ohne Kinder und auch Lebensgemeinschaften kommen als Gastfamilien infrage", so Roland Bamberger.Ein eigenes Zimmer sollte in jedem Fall für den neuen Mitbewohner zur Verfügung stehen. „Am wichtigsten ist für uns, dass die Chemie zwischen den Beteiligten stimmt und Normalität und Selbstverständlichkeit das Miteinander regeln", sagt Zante. „Unsere Klienten haben einen eigenen geregelten Tagesablauf, gehen zur Arbeit und müssen nicht begluckt werden. Schließlich sollen sie auch zuhause mitwirken und sich wie jeder andere Bewohner im Haushalt in die Abläufe integrieren", ergänzt Manja Steudtner.
Diese moderne Möglichkeit der Teilhabe hat das Ziel, die Betroffenen zu stärken und in die Lage zu versetzen, ihr Leben wieder anzunehmen und sich, mit einer eigenen Wohnung und einem eigenen sozialen Umfeld, mittelfristig auf eigene Füße zu stellen. Auf dem Weg dahin werden beide Seiten – Gastfamilien wie Klienten – intensiv von den Experten der Vogelsberger Lebensräume begleitet. „Wir sind 24 Stunden – also rund um die Uhr – erreichbar und können in einer Krisensituation professionell unterstützen. Wir lassen niemanden alleine und unterstützen auch bei akuten Problemen. Wir sind ebenso da, wenn das Zusammenleben nicht mehr funktioniert und dies eine Trennung erforderlich macht", versichert Silke Zante.
Finanziell ist das Begleitete Wohnen für Gastfamilien durchaus attraktiv. Der Landeswohlfahrtsverband Hessen unterstützt das Projekt mit einem Betreuungsgeld. Gemeinsam mit einer Kostenbeteiligung durch den neuen Mitbewohner oder die neue Mitbewohnerin kann die Gastfamilie auf ein zusätzliches Einkommen zurückgreifen. Wie wichtig dieses Projekt für die Betroffenen ist, drückt der 23-jährige Nils Willenberg mit nur einem Satz aus: „Ich fühle mich einsam, wenn ich abends nach Hause komme." Außerdem brauche er in Sachen Haushaltsführung Unterstützung und Anleitung, der größte Koch sei er nun nicht gerade und den Umgang mit einer Waschmaschine müsse er erst lernen, sagt der junge Mann mit einem Schmunzeln. Er möchte ein vollwertiges Familienmitglied sein und wünscht sich sehnlichst ein Lebensumfeld, in dem er für seine Gastfamilie eine Bereicherung darstellt.
Roland Bamberger und seine Kolleginnen der Vogelsberger Lebensräume hoffen auf viele Interessierte, die sich als Gastfamilie einbringen wollen, denn „es kommt nicht darauf an, dass man im Umgang mit psychisch erkrankten Menschen geschult ist, sondern vielmehr auf Selbstverständlichkeit im Alltag und ein freundliches Miteinander. Das fachliche Know-how liefern wir", so die Verantwortlichen.+++