Archiv
STREIK bei AMAZON bis Heilig Abend - VER.DI-Chef BSIRSKE im Stau
19.12.14 - Rund 250 Menschen haben am Freitagnachmittag bei strömenden Regen vor dem Versandlager FRA 1 des Internetkaufhauses Amazon im Bad Hesrfelder Stadtteil Eichhof gestreikt. Seit vergangenen Montag läuft die Streikaktion der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di in den beiden Bad Hersfelder Logistikzentren. Ver.di fordert seit rund eineinhalb Jahren Tarifverträge im Einzelhandel für die bundesweit rund 10.000 Amazonbeschäftigten. Amazon lehnt bislang Verhandlungen ab.
Im Weihnachtsgeschäft versucht ver.di den Druck zu erhöhen. Am Freitagnachmittag wollte ver.di-Bundesvorsitzender Frank Bsirske zu den Streikenden in Bad Hersfeld sprechen. Doch Bsirske stand nach ver.di-Angaben im Stau bei Frankfurt am Main. Er wurde zwischenzeitlich per Mobiltelefon zugeschaltet und unterstützte die Aktionen der Mitglieder. Der Streik soll offenbar bis Heilig Abend verlängert werden. Unterdessen hat Amazon sein Lieferversprechen ausgedehnt. Waren, die bis kommenden Montagmittag 12 Uhr bestellt werden, sollen bis Heilig Abend pünktlich geliefert werden. (Hans-Hubertus Braune)
Am Freitagabend ging noch eine Pressemitteilung der ver.di ein. Diese folgt im Wortlaut:
"Die Streiks beim Versandhändler Amazon werden ausgeweitet: Auch an den Standorten Bad Hersfeld, Leipzig und Rheinberg legen die Beschäftigten bis zum 24. Dezember nachmittags (15 Uhr) die Arbeit nieder. Damit werden bis Weihnachten vier der acht Amazon-Standorte bestreikt. In Graben hatten die Beschäftigten bereits am Mittwoch entschieden, bis zum 24. Dezember weiter zu streiken. In Werne enden die Streiks diesen Samstag nach der Spätschicht. Am Freitag beteiligten sich erneut über 2.400 Beschäftigte an den Arbeitsniederlegungen.
Frank Bsirske, Vorsitzender der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), sandte am Freitagnachmittag eine Grußbotschaft an die Streikenden. "Die gesamte Organisation steht hinter euch und unterstützt euch dabei, eure Grundrechte einzufordern. Mit den Streiks werdet ihr Tarifverträge durchsetzen. Amazon sagt selbst, sie seien der größte Versandhändler der Welt, und weigert sich gleichzeitig, den Versandhandelstarifvertrag anzuerkennen. Wer selbst mit Versandhandel wirbt, sollte auch dazu stehen, dass er Versandhändler ist."
ver.di hat am Freitag vor den Verwaltungsgerichten Kassel und Leipzig Klage eingereicht gegen die von den Behörden (Regierungspräsidium Kassel und Landesdirektion Sachsen) für die Standorte Bad Hersfeld und Leipzig bewilligte Sonntagsarbeit am 21. Dezember 2014. Die eingereichte Klage entfaltet umgehend aufschiebende Wirkung, so dass Amazon an beiden Standorten bis auf weiteres keine Sonntagsarbeiten durchführen lassen darf. "Sonntagsarbeit, das hat erst kürzlich das Bundesverwaltungsgericht festgestellt, ist allgemein nur in sehr streng geregelten Ausnahmefällen gerechtfertigt, die im Fall Amazon aus unserer Sicht nach dem Arbeitszeitgesetz nicht vorliegen. Im aktuellen Fall ist die Genehmigung noch zudem besonders fragwürdig, weil die Politik riskiert, das Neutralitätsgebot, das sich aus Artikel 9 des Grundgesetzes ergibt, zu verletzen. Staatliche Behörden dürfen nicht einseitig und zugunsten von Amazon in einen Arbeitskampf eingreifen", sagte Stefanie Nutzenberger, ver.di-Bundesvorstandsmitglied. Durch die Bewilligungen hätten die Länder Hessen und Sachsen für Amazon die Möglichkeit geschaffen, die streikbedingten Verzögerungen bei der Bearbeitung von Aufträgen teilweise zu kompensieren.
Die Streikwelle bei Amazon hatte am 15. Dezember begonnen. Zusammen mit dem Standort Koblenz wurden dabei zeitweise sechs der acht Amazon-Standorte gleichzeitig bestreikt, darunter in Bad Hersfeld beide Versandhandelszentren.
Amazon weigert sich, einen Tarifvertrag für die Beschäftigten abzuschließen. Der Versandhändler will weiterhin die Arbeitsbedingungen willkürlich und einseitig diktieren und untermauert damit seine anti-gewerkschaftliche Blockadehaltung. Dagegen haben sich in einer Online-Petition unter www.change.org/amazon-sei-fair bereits über 34.000 Personen für einen Tarifvertrag ausgesprochen." +++