"Junge Menschen brauchen überzeugte Wegbegleiter" - Eröffnung Studienjahr

"Nach der Erfahrung des Weltjugendtages in Köln und den Begegnungen eine Woche zuvor in den Diözesen bin ich hoffnungsvoll und ein ganzes Stück gelassener, was die Zukunft unserer Kirche anbetrifft.“ Dies betonte Bischof Heinz Josef Algermissen heute Vormittag im Auditorium maximum der Theologischen Fakultät Fulda.

In seinem Schlußwort als Großkanzler der Theologischen Universität bei der Eröffnung des Studienjahres 2005/2006 stellte der Oberhirte heraus, daß es der Jugend wohl weniger um den Trend zu Modernisierung und Anpassung an gesellschaftliche Ströme gehe, sondern darum, Christus zu suchen und zu finden als „Weg, Wahrheit und Leben“ (Joh 14, 6), und in ihm auch Gott. „Dazu brauchen die jungen Menschen überzeugte Führer und Wegbegleiter, denn nur selbst überzeugte können andere überzeugen, nur selbst Orientierte andere orientieren.“

Bischof Algermissen gab am Ende seiner Schlußansprache auch zwei Ehrungen bekannt: Priesterseminar-Regens Dr. Cornelius Roth wurde vom Papst zum Monsignore und Prof. Dr. Dr. Bernd Willmes vom Bischof zum Ehrendomkapitular ernannt. Unser Bild rechts zeigt (v. l. n. r.) : Weihbischof Prof. Dr. Karlheinz Diez, Rektor Prof. Dr. Richard Hartmann, Prof. Dr. Dr. Bernd Willmes, Bischof Heinz Josef Algermissen, Regens Dr. Cornelius Roth und Weihbischof em. Johannes Kapp.

In seiner Schlussansprache rief Bischof Algermissen in Erinnerung, daß ausgerechnet der Soziologe und Philosoph Jürgen Habermas bei der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels in seiner Dankesrede über das Verhältnis von Glaube und Wissen gesprochen habe. „Einer der bekanntesten Vertreter der Frankfurter Schule appellierte im Jahr 2001, nur einen Monat nach den Anschlägen auf das Welthandelszentrum in New York, an die Sinn-Ressource der Theologie.“ Auf sie sei der liberale Verfassungsstaat dringend angewiesen, durch sie sei in den christlichen Gemeinden etwas intakt geblieben, was anderenorts verlorengegangen sei.

In ähnlicher Weise, so der Bischof weiter, habe sich kurz vor seinem Tod einer der Gründerväter der neomarxistischen Frankfurter Schule, Max Horkheimer, geäußert: „Politik ohne Theologie ist absurd… und die Rebellion der Jugend ist eine unbewußte Verzweiflung, hinter der die ungestillte religiöse Sehnsucht steht“.

Man habe in den vergangenen Wochen mit dem Weltjugendtag in Köln hautnah erleben können, wie sehr Max Horkheimer mit seiner These Recht behalten habe, so der Oberhirte. „Die Jugend der Welt hat die sinnstiftende Bedeutung der christlichen Botschaft für ihr Leben entdeckt. Die Talsohle der Gleichgültigkeit scheint bei vielen jungen Menschen durchschritten zu sein.“ Algermissen gab seiner Hoffnung Ausdruck, daß die Sehnsucht nach Gott auch in Deutschland ihren deutlichen Niederschlag in der Zahl der Berufungen zum Priestertum und Ordensleben finden werde.

Der Papst habe in Köln in seiner Ansprache Grundsätzliches zum Theologiestudium wie zur spirituellen Ausbildung im Priesterseminar gesagt, stellte Bischof Algermissen fest und empfahl allen die Meditation dieses Textes. „Tiefes Wissen um theologische und philosophische Zusammenhänge, Kirchengeschichte und Exegese wird aber ohne Wirkung bleiben, wenn es nicht aus dem Geist der Gegenwart Gottes gedacht und weitergegeben wird.“

Nach dem Eröffnungsgottesdienst um 9 Uhr in der Kapelle des Bischöflichen Priesterseminars hatte um 10 Uhr im Auditorium maximum der Fakultät die Festakademie begonnen. Der Begrüßung durch Prof. Hartmann, der Immatrikulation der Studienanfänger und der Überreichung der Diplomurkunden war der akademische Vortrag des Salmünsterer Pfarrers Dr. Michael Müller zum Thema Ein Projekt der ‚Verheutigung des Glaubens’ in Fulda – Personen und Positionen eines geistlichen Staates in der Zeit der Aufklärung“ gefolgt. Der Vortrag berhandelte verschiedene Aspekte der katholischen Aufklärung im Hochstift Fulda unter Fürstbischof Heinrich von Bibra (1759-1788).

War die Epoche des Barock von agrarischem Denken, vielen kirchlichen Feiertagen, verschwenderischer Bautätigkeit und fehlender Disziplinierung geprägt, so ging es den Reformern unter Fürstbischof Heinrich darum, das katholische Leben zu reformieren, indem sie Aberglauben bekämpften, für eine erneuerte Katechese und Pastoral wirkten und ein erneuertes Priesterbild schufen. Dies legte Dr. Müller beispielhaft anhand der Tätigkeit von Prof. Franz Andreas Schramm (1752-1799), Dompfarrer Augustinus Erthel (1714-1796) und des Leibarztes Melchior Adam Weikart (1742-1803) dar.

Bischof Algermissen betonte, daß er den engagierten Vortrag von Pfarrer Dr. Müller über Personen und Positionen eines geistlichen Staates in der Zeit der Aufklärung mit seinem Titel „Ein Projekt der Verheutigung des Glaubens in Fulda“ auch auf die heutige Zeit hin aktualisieren wolle. Am Ende seiner Ansprache wünschte Bischof Algermissen den Seminaristen für das bevorstehende Wintersemester Freude an und Eifer in der akademischen Ausbildung. „Ihnen und allen anderen Studentinnen und Studenten, den Professoren und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unserer Fakultät wünsche ich den Beistand des Hl. Geistes.“ Ausdrücklich dankte der Bischof den Professoren und Dozenten dafür, daß durch ihre Anteilnahme an den Perspektiven und Fragen der fuldischen Kirche die in der Theologischen Fakultät geleistete wissenschaftliche Arbeit „nicht zum Glasperlenspiel“ verkomme, sondern „hilfreiche Begleitung und auch mitunter kritische Korrektur für Bischof und Bistum“ seien.

Im Rahmen der Eröffnung des Studienjahres wurden fünf neue Priesteramtskandidaten immatrikuliert. Es handelt sich um Sebastian Bieber (Hünfeld), Gert Elbers (Köln), Daniel Göller (Künzell), Martin Schütz (Bad Salzschlirf) und Thomas Smettan (Zella). Die Diakone Jens Clobes, Stefan Ott und Christoph Rödig sowie Christoph Hartmann, Sr. Mariele Gabriele Mierswa und Andreas Koucky (abwesend) erhielten ihr Diplom. Die Feier erhielt ihre musikalische Umrahmung durch die Musikgruppe „Vocal-Ensemble“. +++