Archiv

Alle vier Glocken sind da - und mit einer schweren Kette gesichert... - Fotos: Stefan Fleischer

..und so kam die erste Glocke aus ihrem "Versteck"...

06.11.05 - Oberaula

Die Rückkehr des Glocken-Quartetts - heute Kirchenfest und Ausstellungen

ungültige ID

Für die evangelische Kirchengemeinde Oberaula (nahe Kirchheim, Kreis Hersfeld-Rotenburg) war der heutige Sonntag ein ganz besonderer Tag. Es war der "Tag der Rückkehr des Glocken-Quartetts". Seit nunmehr zehn Jahren haben die evangelischen Christen auf das Läuten ihrer vier Glocken verzichten müssen. Heute wurde die Rückkehr mit einem Festgottesdienst ab 14 Uhr gefeiert, an dem sich die Chorvereinigung, der Posaunenchor sowie die Volkstanz- und Trachtengruppe beteiligten. Danach gab es Kaffee und Kuchen sowie eine Ausstellung über die Läutetechnik. Und am morgigen Montag werden die vier Glocken mit einem Autokran in die beiden "Glockenstuben" des sanierten und umfangreich gesicherten Kirchturmes gehoben. Das öffentliche Interesse ist groß, zahlreiche Medien haben sich angekündigt. Auch das hr-Fernsehen hat am Sonntagabend in der "hessenschau" berichtet.

Die Vorbereitungen für das festliche Ereignisse begannen bereits am Samstagnachmittag. Mit Hilfe eines schweren Gabelstaplers wurden die vier Glocken aus ihren "Verstecken" hervorgeholt, gereinigt, geschmückt und dann nach der Sicherung mit einer schweren Kette wieder zugedeckt, damit es am heutigen Nachmittag dann bei der "Enthüllung" auch eine richtige Überraschung gibt. "Osthessen-News" war exklusiv dabei und konnte die BILDERSERIE mit Glocken und den verschiedenen Protagonisten anfertigen.

Pfarrer Rainer Knoth hat die Geschichte der Glocken und die Hintergründe aufgezeichnet. Sie ist sehr anschaulich und nachvollziehbar. Die Redaktion erlaubt sich deshalb, seinen Text hier "IM WORTLAUT" zu veröffentlichen.

Vom Turm der evangelischen Kirche herab ist in Oberaula kein Geläut zu hören. Seit über einem Jahr stehen beide Glockenstuben leer. Im Spätsommer letzten Jahres (2004) haben die Renovierungsarbeiten am Kirchturm begonnen, und da musste für die Arbeiten der Zimmerleute und Maurer Platz geschaffen werden.

So wurde sich beholfen mit einem Lautsprecher, der zum Marktplatz hin außen am Kirchengebäude befestigt wurde. Viel leiser als im Original wird das Geläut zu den Gottesdiensten von einer Tonbandaufnahme abgespielt. Diese Aufnahme des Hessischen Rundfunks wurde am 19.März 1955 im Radio gesendet. Jahrzehnte ruhte die Aufnahme im Rundfunkarchiv, bis Karl Fröhlich um eine Kopie gebeten hat.

Das Geläut, das vom Band erklingt, ist zuletzt vor zehn Jahren (bis zum Dezember 1994) im Original zu hören gewesen. Als damals der Turmhelm mit einer Stahlkonstruktion wegen Umsturzgefahr am Mauerwerk des Turmschaftes befestigt wurde, da blieb nur für die kleinste der vier Glocken noch Platz.

Die drei größeren mussten weichen. Untergebracht wurden sie zunächst am Fuß des Kirchturms in einem Holzverschlag, dann im Zuge der Vorbereitungsmaßnahmen zur Marktplatzumgestaltung 1998 einige Meter weiter in der Fachwerkscheune von Monika Klagholz.

Nur die kleinste Glocke versah von dieser Zeit an bis zum Spätsommer des Jahres 2004 ihren Dienst: läutete zu den Gebetszeiten und den Gottesdiensten. Ein Uhrenhammer schlug zur vollen Stunde.

Viele Jahre vergingen, bis nach den Instandsetzungsarbeiten an den Turm- und Dachstuhlkonstruktionen der kleinen Kirchen im Kirchspiel Oberaula nun die Renovierung des Kirchturms der Mutterkirche keinen Aufschub mehr zuließ.

So blieb ein Vierergeläut stumm, das, als es im Frühjahr des Jahres 1954 erstmalig voll erklang von der damaligen Presse das Prädikat "Eines der schönsten Geläute in ganz Nordhessen" erhielt.

Es war ein neues Geläut. Das alte wurde aufgegeben, da es infolge des Zweiten Weltkrieges teilweise beschädigt und im Bestand reduziert worden war.

Im Jahr 1950 war die erste neue Glocke bei der Glockengießerei Albert Junker in Brilon gegossen worden. Drei weitere Glocken aus dieser Gießerei folgten Anfang des Jahres 1954. Eine Summe von 17.000 DM musste aufgebracht werden.

Das Vierergeläut ist auf das Te-Deum-Motiv "Herr Gott, dich loben wir" eingestimmt. Die Anfangsworte von zwei Liedern Martin Luthers zieren zwei der Glocken: "Verleih und Frieden gnädiglich" (BG 421) und "Erhalt uns, Herr, bei deinem Wort" (BG 193). Die bei den anderen tragen Inschriften mit Bitten des Vaterunser:

"Unser täglich Brot gib uns heute" und "Dein Reich komme".

Nach gut einem Jahr gehen nun die Renovierungsarbeiten am Kirchturm ihrem Ende entgegen. Am 20.0ktober 2005 wurde mit einem Kran die in Einzelteile zerlegte Sicherungskonstruktion aus dem Turm gehoben, und der Maurer konnte in den bei den vergangenen Wochen das Mauerwerk der unteren Glockenstube ausfugen. Jetzt ist wieder Platz für alle vier Glocken.

Die Größte wird wieder in ihrem Nadelholzglockenstuhl in der obersten Etage des Turmschaftes, in der Glockenstube I hängen. Früher befand sie sich dort allein. Nun steht ihr ein aus Eichenholz gezimmerter Glockenstuhl zur Seite, der die zweitgrößte Glocke tragen wird.

Das Eichenholz, ursprünglich im Treppenhaus des Turms verbaut, war entbehrlich und konnte für diesen Zweck genutzt werden. Beide Holzglockenstühle werden an ihren VerbindungssteIlen mit nachspannbaren Metallbeschlägen versehen.

Über der Glockenstube I, liegt der Balkenrost, auf dem der Turmhelm aufruht. Hier befindet sich die Glockenstube II. In ihr werden die beiden kleineren Glocken hintereinander in dem vorhandenen Stahlglockenstuhl aufgehängt. Durch die Unterbringung der zweitgrößten Glocke in der Glockenstube I benötigt die kleinste Glocke keinen gesonderten Aufstellungsort mehr. Vormals befand sich die kleinste Glocke in einem eigenen Glockenstuhl im Nord-West-Türmchen.

Alle Glocken schwingen beim Läuten in Nord-Süd-Richtung.

Der guten klanglichen Entfaltung des Geläutes dienen künftig folgende Neuerungen:

- die Aufhängung aller Glocken an Holzjoche (bisher Stahljoche),

- die Veränderung der SchallLuken zum verbesserten Austritt des Glockenklangs und

- die Bretterböden als Abschlüsse der Glockenstuben, damit der Schall nicht in Turmhelm und Treppenhaus verhallt.

Am Montag, dem 07. November, ab 11.00 Uhr, werden die Glocken und die Glockenstühle mit einem Autokran in die Glockenstuben gebracht.

Nach zehn Jahren kehren alle vier Glocken in den Turm zurück. Mit dem Fortgang der Montagearbeiten wird dann auch in den nächsten Wochen mehrfach ein Probeläuten zu hören sein. Dann kommt der Tag, an dem das neue Geläut wieder seiner Bestimmung übergeben wird, es zu Gebet und Gottesdienst ruft und mit dem Uhrenschlag die Zeit ansagt." +++


"Noch ein bißchen drehen, damit der Spruch besser zu lesen ist"...

Jetzt ist die dritte "angekommen"....


...und Pfarrer Rainer Knoth freut sich ....

1950 und 1954 wurde das Glockenquartett in Brilon gegossen...


Gesamtgewicht: mehr als vier Tonnen....


Viele Interessenten am Kirchturm gestern Nachmittag...

Klaus Ohl ließ es sich nicht nehmen, die Glocken vom Staub der Zeit zu reinigen...


Für Küsterin Iris Polednie fangen bald bessere Zeiten an: statt Tonbandaufnahme von 1955 dann wieder die Originale...

...und der Außenlautsprecher hat ausgedient....




Noch ein Gruppenbild mit Dame....

...und dann wurden sie vorsichtshalber an eine schwere Eisenkette gelegt....

Über Osthessen News

Kontakt
Impressum

Apps

Osthessen News IOS
Osthessen News Android
Osthessen Blitzer IOS
Osthessen Blitzer Android

Mediadaten

Werbung
IVW Daten


Service

Blitzer / Verkehrsmeldungen Stellenangebote
Gastro
Mittagstisch
Veranstaltungskalender
Wetter Vorhersage

Social Media

Facebook
Twitter
Instagram

Nachrichten aus

Fulda
Hersfeld Rotenburg
Main Kinzig
Vogelsberg
Rhön