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- Fotos/Design: Nicole Wagner

REGION WIELOCHS WIRRE WELT (61):

OB-Wahlkampf in Fulda: Grüne haben beste Chancen – Siegertypen in Strickpullovern

09.01.15 - Das wird der spannendste Wahlkampf in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Bis zur Oberbürgermeister-Wahl am 15. März in Fulda bebt und vibriert die Barockstadt, da fliegen die konträren Argumente hin und her, da konkurrieren gänzlich unterschiedliche Wahlprogramme, und die Bürgerinnen und Bürger werden von packenden Kandidaten gefesselt – am Ende entscheiden wahrscheinlich die Nachkommastellen, ob Birgit Kömpel, Heiko Wingenfeld oder – kleinen Augenblick, ich muss kurz nachschauen, wie war der Name – der unnachahmliche Ralf Zwengel im August Gerhard Möller beerben. Böse Zungen behaupten zwar, selbst eine Mischung aus Günther Jauch und John F. Kennedy würde gegen einen von der CDU nominierten Schäferhund in Fulda haushoch verlieren, aber das ist natürlich blanker Unsinn.

Allein die Art und Weise, wie, na, wie heißt er noch, Moment, fällt mir gleich ein, es liegt mir auf der Zunge, Ralf Zwengel natürlich, wer sonst, diese Woche feierlich von den Grünen als Kandidat inthronisiert wurde: Also ganz ehrlich, da müssen sich die Mitbewerber extrem warm anziehen. Die Bilder, die die Grünen von dieser Nominierung hinaus in die Wählerstuben gesendet haben, hätten kraftvoller, selbstbewusster, glänzender und von höherer medialer Aussagekraft nicht sein können. Hier waren Wahlkampfprofis, echte Strategen, ausgeklügelte PR-Genies am Werk: Sie zeigen 15 Menschen, zum Teil in Winterjacken und dicke Pullover gehüllt, beschalt und mit Strickmütze, in einer Abstellkammer an zwei Tischen mit Kopiergerät, dazu Mineralwasser in Plastikflaschen – so sehen Sieger aus.

Bei diesem Anblick wird doch jedem sofort klar: Die wollen mit aller Macht ins Rathaus, diese Botschaft kommt rüber, denn da gibt’s bestimmt eine Heizung. Dass es nur einen innerhalb der Reihen der Grünen geben kann, der neuer OB von Fulda wird, der von Geburt an quasi für dieses Amt auserkoren war, der Partei-intern die Nonplusultra-Lösung darstellt, daran hat der Kreisverband der Grünen selbst logischerweise nicht den geringsten Zweifel, wie der eigene Pressetext untermauert: „Der späte Zeitpunkt der Wahlversammlung ist in erster Linie dem Umstand geschuldet, dass es nicht ganz so einfach ist, eine geeignete Person zu finden, die zum einen tatsächlich in der Lage wäre, der Fuldaer Stadtverwaltung vorzustehen und diesen Job auch gerne übernehmen würde, (…).“ Wahnsinn, der, äh, mmmh, ich hab’s, Ralf Zwengel, würde also allen Ernstes nach einem möglichen Wahlsieg den  „Job“ gerne übernehmen, voll freiwillig und mit bezahlten Überstunden und so. Puh, mit welchen Argumenten sollen die Konkurrenten da bloß dagegenhalten?

Wirft man einen Blick in die Wahlprogramme der drei Kandidaten, so wird einem sofort klar: Wahl bedeutet wählen können, die Option, aus unterschiedlichen Ideen, geistigen Haltungen und Konzepten sich das Passende herauszupicken, Alternativen vorzufinden. Und diese Möglichkeit haben Fuldas Bürgerinnen und Bürger in noch nie geahntem Ausmaß. Das Beste: Alle drei Programme sind innovativ, revolutionär und frei von austauschbaren Floskeln. Birgit Kömpel etwa „fehlt es an einem Angebot von bezahlbarem Wohnraum“. Genial! Darauf muss man erst mal kommen. Ihr Mitbewerber, na, der, Sie wissen schon, Ralf Zwengel, geht einen völlig anderen Weg, der zeigt Kante, ist angriffslustig und macht sich stark „für bezahlbaren Wohnraum“. Was für ein pfiffiger, was für ein unangepasster Kopf! Der Dritte im Bunde, Heiko Wingenfeld, kennt als Erster Kreisbeigeordneter das Geschäft, der steht für eine eigene, ganz zielstrebige Philosophie. Seine kühne Vision: „bezahlbares Wohnen“. Verdammt, wie inspiriert ist das denn!

Wer die Wahl am 15. März für sich entscheidet? Das wird wahnsinnig eng, ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Eine Prognose wäre deshalb extrem unseriös. Trotzdem, mein Bauchgefühl sagt mir, es macht der, na, der Zwengel. Der hätte es verdient. Warum: Der hat für seine Nominierung extra seinen Urlaub unterbrechen müssen. (Jochen Wieloch)+++


HINTERGRUND: „Wielochs wirre Welt" erscheint heute am 61. Freitag in Folge bei OSTHESSEN|NEWS. Jochen Wieloch (38) blickt dabei pointiert, humorvoll und teilweise mit einer gehörigen Portion Ironie auf die Ereignisse, die die Menschen in der Region und im Land bewegen. Der Petersberger kennt sich als selbstständiger Redakteur in den Medien Print, TV und Internet bestens aus, ist Buchautor und als Spezialist für Unterhaltungselektronik gefragter Autor für zahlreiche Verlage, Magazine und Fachzeitschriften. Außerdem berät und betreut der 38-Jährige Unternehmen in allen Fragen der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Neben dem ZDF, 3sat und dem Bayerischen Rundfunk arbeitete Jochen Wieloch unter anderem auch für die Motor Presse in Stuttgart und auto-tv in München. Für osthessen-tv.de stellt der Germanist neuerdings regelmäßig automobile Neuheiten in Filmbeiträgen vor.+++


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