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Erst Hochzeit, dann Klassenerhalt? Fuldas Alexander HÖRL will sein Jahr krönen
03.03.16 - Die Erleichterung war sichtbar, als die Bundesliga-Wasserballer der Wasserfreunde Fulda am vergangenen Samstag erstmals in dieser Saison das Becken nicht als Verlierer verließen. Gegen Weiden stand am Ende ein 9:9-Unentschieden und ein verdienter Punktgewinn. Am Wochenende wartet auf den Aufsteiger nun ein knackiges Programm mit zwei Spielen binnen 16 Stunden. "Wir wollen unseren positiven Trend fortsetzen", sagt Konterspieler Alexander Hörl.
Es läuft die letzte Minute im ersten Viertel des Heimspiels der Wasserfreunde gegen Weiden. Auf dem rechten Flügel bekommt Alexander Hörl den Ball. Mit einer Drehung um die eigene Achse vernascht er seinen Gegenspieler, schwimmt noch wenige Meter Richtung Tor, um dann den Torwart der Gäste per gefühlvollem Heber zu überwinden. Genau 24,2 Sekunden vor Ende erzielt Hörl das 3:2 für den Aufsteiger, am Ende sollte es mit dem 9:9 der erste Punktgewinn werden. Eine Woche zuvor, beim dramatischen 10:11 gegen Neukölln war Hörl ebenfalls erfolgreich, ebenfalls per Heber. Es ist eine Art Markenzeichen des Fuldaer Linkshänders. Aber eines mit schmerzhaftem Hintergrund.
Denn Alexander Hörl leidet seit geraumer Zeit an Schulterproblemen an seiner Wurfhand. „Im Alltag habe ich überhaupt keine Probleme, aber schnelle, harte Würfe sind nicht mehr drin“, erzählt der 31-Jährige, der deshalb auf das gefühlvolle und sehenswerte Stilmittel zurückgreift. Mit den Wasserfreunden Fulda hat Hörl im neuen Jahr eine gute Entwicklung genommen und zuletzt Selbstvertrauen getankt. „Es geht weniger um die Ergebnisse, sondern darum, dass wir merken: ‚Wir sind kein Fallobst und können mehr als mithalten.‘“, so Hörl, der wieder mittendrin ist bei den Wasserfreunden. Denn eigentlich wollte der angehende Berufsschullehrer, der in Kassel Wirtschaftspädagogik und Sport studierte, kürzer treten. „Das war eigentlich mein Plan, aber nach dem Aufstieg habe ich mich überreden lassen“, erzählt Hörl und ergänzt lachend: „Der Nagel für meine Kappe hängt schon, ich weiß nur nicht, wann ich sie dorthin hänge.“
Als Konterspieler ist Hörl für das Tempo beim Aufsteiger verantwortlich – und bringt dafür alles mit. Schließlich war der Rhöner Jung, der aus Sieblos stammt, in seiner Jugend ein erfolgreicher Schwimmer. Er wurde Hessenmeister, Süddeutscher Meister und – als Höhepunkt – Deutscher Meister. „Das war für meine Karriere als Wasserballer sicherlich hilfreich. Aber die Schule bei meiner Trainerin Frau Mielitz war auch hart“, erzählt Hörl von seiner Zeit als Schwimmer. 1998, als 12-Jähriger, wurde er in Regensburg Deutscher Meister über 100 Meter Freistil. Fünf Jahre später hörte Hörl, der in Poppenhausen auch Fußball und Tennis spielte, mit dem Schwimmen auf.
„Damals gab es einen Bruch und ich habe das Gefühl bekommen, etwas Neues zu machen“, sagt Hörl. Er sucht eine neue Herausforderung und findet sie bei den Wasserballern. „Ich bin zu Volker Schunke hin und habe gesagt; ‚Herr Schunke, ich wollte fragen, ob ich mal mittrainieren kann?‘ Dann hat er gesagt: ‚Pass auf, das Sie lassen wir. Ich bin der Votzek‘“, erzählt Hörl lachend eine Anekdote. Schunke, eine Institution bei den Wasserfreunden, war fortan Mentor von Alexander Hörl und brachte den jungen Sportler, der erst mit 18 Jahren mit dem Sport anfing, voran. 2013 waren die Domstädter, nach 28 Jahren Abstinenz, wieder in die Bundesliga zurückgekehrt - und Alexander Hörl hatte den nächsten sportlichen Höhepunkt erreicht.
Nun, drei Jahre später, geht es wieder in der Bundesliga um Punkte. Und unter dem neuen Trainer Janusz Gogola sind die Wasserfreunde Fulda auf einem guten Weg, über die Play-Downs den Klassenerhalt zu schaffen. Am Wochenende wartet auf Alexander Hörl und seine Kollegen aber ein hartes Programm: Samstagabend (19 Uhr) in Cannstatt, Sonntagmorgen (11 Uhr) daheim gegen Duisburg. Zwei Spiele in 16 Stunden sind eine echte Herausforderung für den Aufsteiger und die Möglichkeit, weiter Selbstvertrauen zu tanken.
In vielerlei Hinsicht ist für Alexander Hörl dieses Jahr ein einschneidendes Jahr: zunächst beendet er sein Referendariat, im August steht dann die eigene Hochzeit auf dem Programm. Als sportliche Krönung soll der Klassenerhalt mit den Wasserfreunden Fulda gelingen. Und vielleicht steuert Alexander Hörl ja weiterhin den einen oder anderen Treffer bei – per gefühlvollen und sehenswerten Heber. (Tobias Herrling) +++