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REGION Die MITTWOCHS-KOLUMNE

WIELOCH schreibt an (10) … die Sparkasse Fulda

ZUR PERSON:In „Wieloch schreibt an“ richtet sich Jochen Wieloch (40) ab sofort immer mittwochs in einem persönlichen Brief nicht nur an regionale Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Sport oder Kultur, sondern auch an Menschen des Alltags, die in den Tagen zuvor besonders aufgefallen sind und für positive oder negative Schlagzeilen gesorgt haben. Bei der Kolumne handelt es sich um eine Mischung aus Kommentar und Portraitierung, in der Jochen Wieloch mal sachlich, mal emotional lobt, kritisiert und bei Bedarf auch ordentlich Dampf ablässt. Der Petersberger kennt sich in den Medien Print, TV und Internet bestens aus und ist unter anderem als Spezialist für Unterhaltungs-elektronik gefragter Autor für zahlreiche Verlage, Magazine und Fachzeitschriften. Neben dem ZDF, 3sat und dem Bayerischen Rundfunk arbeitete der Germanist unter anderem auch für die Motor Presse in Stuttgart und auto-tv in München.

02.11.16 - Liebe Sparkasse Fulda,

gefühlt war es bis gestern so: Schulabgänger und Abiturienten, die erst mal auf Nummer sicher gehen wollten, machten eine Banklehre. In Ihrem Haus oder woanders. Das war nicht spektakulär, aber eine solide Sache mit Weitblick. Eltern waren glücklich. Denn die Banklehre galt als die Königin der Ausbildungsberufe. Ein Job in der Finanzwelt war eine sichere Bank. Bei einem Kreditinstitut zu lernen hatte etwas von Golf fahren: Man konnte nichts falsch machen, war überall gerne gesehen.

Ende 2016 ist einiges aus den Fugen geraten: Golf-Bauer VW ist beim Schummeln aufgeflogen, und eine Banklehre ist mittlerweile kein Freifahrtschein mehr für eine sorgenfreie Zukunft. Unsere Bankenwelt wird aktuell durchgeschüttelt wie ein Laubbaum im Herbststurm. Zurück bleiben kahle Äste und ein bundesweites Filialnetz mit immer mehr weißen Flecken. Ende des Jahres schließen Sie, liebe Sparkasse, in Fulda und Umgebung neun Filialen. Damit liegen Sie im Trend. Die Deutsche Bank macht bis Mitte 2017 jeden vierten Standort dicht. Prognosen zufolge könnten bis zum Jahr 2025 rund 40 Prozent der zuletzt 34.000 bundesweiten Bankfilialen wegfallen. PC, Smartphone und Automaten ersetzen den Menschen.

Kontoauszüge, Überweisungen, Geld abheben – das geht alles ohne Mitarbeiter. Der Computer wird nicht krank. Hat er doch mal einen Virus, fliegt er raus. Er murrt nicht und macht keine Fehler. Viele Kunden lieben es: Bankgeschäfte überall und zu jeder Zeit per Mausklick oder Fingertipp. Die logische Folge: Kleinere Geschäftsstellen sind verwaist. Tote Hose in den Schalterhallen von Bimbach oder Weyhers. Hier gehen die Lichter aus! Besonders bitter ist das für die Älteren: Für sie ist Online-Banking ein Fremdwort. Mit „ihrer“ Filiale verbinden sie – zum Teil über Jahrzehnte – Vertrauen, persönliche Nähe, ein Stückchen Heimat in der anonymen Finanzwelt

Liebe Sparkasse Fulda, Sie stehen wie Ihre Mitbewerber vor einer großen Herausforderung, vor einem gravierenden Strukturwandel. Vergleichbar mit dem Aussterben der bäuerlichen Landwirtschaft und dem unaufhaltbaren Niedergang der Tageszeitung droht auch dem klassischen Bankgeschäft das Aus. Ich sehe das mit Wehmut. In meinem Hinterkopf spuken noch verblichene Bilder von kindlichen Sparkassen-Besuchen mit dem Vater und lebhafte Erinnerungen: an die Geldausgabe hinter Panzerglas, an die Furcht vor einem ungebetenen Besucher mit Sturmmaske, an geschlachtete Sparschweine und an die Freude über ein KNAX-Heft. Heute endet mein Sparkassen-Aufenthalt im Vorraum beim Geldautomaten oder im Hochglanz-Portal des Internets. Ich kenne nicht die Köpfe, die in „meiner“ Filiale arbeiten. Noch arbeiten. Denn in wenigen Wochen ist auch hier Feierabend. Aber ich komme damit zurecht. Mein wichtigster Ansprechpartner sitzt fest im Sattel – der TAN-Generator für Online-Überweisungen. Sie haben ihn mir schmackhaft gemacht. Jetzt müssen Sie mit den Auswirkungen seiner Beliebtheit leben.

Liebe Sparkassen-Mitarbeiter, Ihr Beruf hat sich verändert. Sie sind nicht mehr nur Berater, sondern immer öfter auch Verkäufer. Ab sofort, wenn Sie wollen, ohne Krawatte. Einen Schlipszwang gibt es in Ihrem Haus nicht mehr. Früher unvorstellbar. Aber da lagen die Zinsen für einen Immobilienkredit auch noch bei knapp zehn Prozent. Es war – zumindest für uns Kunden – eben doch nicht alles besser

Mit herzlichen Grüßen


Ihr Jochen Wieloch


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