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Die Auswirkung des starken Euros auf den Devisenmarkt
16.05.17 - Wertpapierhändler kennen diese Situation nur allzu gut: Mal bewegen sich die Währungen am Devisenmarkt nach oben, mal fallen sie. Gerade die Leitwährungen – wie der US Dollar oder der Euro – stehen hier immer wieder im Fokus. Im Vergleich zu den Höchstständen aus den Jahren der Subprime-Krise hat der Euro gegenüber dem Dollar inzwischen zwar wieder deutlich an Boden verloren. Bis zum Tiefststand aus dem Jahr 2000 mit 0,8252 Dollar ist allerdings noch Luft. Die Gemeinschaftswährung der EU gilt allgemein als stark – was Auswirkungen auf die Wirtschaft und den Devisenmarkt hat. Gerade im Hinblick auf das Zusammenspiel von Import und Export ist die Position der Währung entscheidend.
Ein starker Euro – so die Faustregel – belastet die Position der Exporteure. Deren Waren, die im Ausland angeboten werden, macht eine Aufwertung der Gemeinschaftswährung teurer. Damit sinkt deren Absatz, was natürlich Auswirkungen auf die Gewinne der Unternehmen hat. Auf der anderen Seite bedeutet ein starker Euro aber auch, dass Waren und Rohstoffe aus dem Ausland billiger nach Deutschland kommen. An dieser Stelle können letztlich auch produzierende Exporteure profitieren – wenn Rohstoffe günstiger eingekauft und damit die Produktion billiger wird. Was bewirken die Kursbewegung des Euro aber an den Devisenmärkten? Und wo liegen eigentlich die Ursachen für den starken Euro.
Die Ursachen für den starken Euro
Dass eine Währung wie der Euro in der Vergangenheit eine deutliche Aufwertung erfuhr, hat natürlich Ursachen. Gern wird an dieser Stelle der Schwarze Peter der EZB (Europäische Zentralbank) zugeschoben. Diese hat allerdings eher ein Interesse an einer nicht so starken Aufwertung der Gemeinschaftswährung. Hintergrund: Ein starker Euro schwächt besonders jene EU-Mitglieder am südlichen Rand der Euro-Zone, die in den letzten Jahren von Haus aus stark unter Druck gestanden haben.
Daher drohte Mario Draghi 2014 bereits Investoren – wie im Spiegel Online nachzulesen – mit Gegenmaßnahmen. Allerdings hat die EZB auch indirekt Anteil an der Währungsentwicklung. Hierfür muss allerdings etwas ins Detail gegangen werden.
Die Aufwertung einer Währung findet nicht isoliert statt. Vielmehr bewegen sich Währungspaare – wie der US Dollar und der Euro oder der Franken – zueinander. Sofern eine Währung hier aufwertet, also zu einem höheren Kurs gehandelt wird, steigt die Nachfrage nach dieser Währung. Beispiel: Politische Entscheidungen in den USA lassen ein zunehmend schwieriges Handelsumfeld vermuten. Anleger schichten ihre Portfolios um – und setzen auf Sicherheit. Der Bedarf nach Euro steigt und damit auch der Kurs.
Die Gemeinschaftswährung wertet gegenüber dem Dollar auf. Eine Veränderung kann aber auch durch die Leitzinspolitik der EZB entstehen. Diese hat den Leitzins gesenkt. Würde dieser wieder steigen, dürften Staatsanleihen aus der Eurozone wieder interessanter werden. Die Folge: Investoren zeichnen die Papiere in Euro – was zu einem Nachfrageschub führt. In der Vergangenheit haben sich Investoren aber trotz niedriger Leitzinsen für die Anleihen interessiert, da einige Länder als sichere Häfen gelten (z. B. Deutschland) und deren Anleihen nachgefragt wurden.
Ursachen für Aufwertung im Überblick:
- Leitzinsänderungen (EZB)
- niedrige Inflation
- Devisenzuflüsse aus dem Ausland
- externe Faktoren
Welche Auswirkungen hat der starke Euro auf den Devisenmarkt?
Die Wechselkurse der Währungen zueinander haben einerseits realwirtschaftliche Folgen – bleiben aber am Devisenmarkt nicht ganz folgenlos. Das Geflecht der Währungen zueinander nutzen Händler beispielsweise zu Arbitragegeschäften. Hierbei werden Kredite in einem Währungsraum mit niedrigem Zinssatz aufgenommen – und das Geld mit höherem Zins in einem anderen Währungsraum angelegt.
Ein weiterer Aspekt betrifft das Thema Schulden. Nimmt ein Land Schulden bei internationalen Gläubigern in US-Dollar auf, sorgt ein starker Euro dafür, dass die Schuldenlast sinkt. So fallen natürlich auch die laufenden Belastungen aus den Zinszahlungen deutlich geringer aus.
Darüber hinaus zeigt das Beispiel Mario Draghi aus dem Jahr 2014, dass eine Aufwertung der Währung Auswirkungen auf die Zinspolitik der Leitbanken haben kann. Diese beeinflusst am Ende auch den Geldbeutel der Verbraucher. Letztere erhalten entweder niedrigere Zinsen für Sparguthaben – oder müssen für Kredite tiefer in die Tasche greifen, wenn der Leitzins steigt.
Weitere Folge der starken Gemeinschaftswährung
Auf den ersten Blick spielen die Wechselkurse nur auf dem Parkett der Börsen und für die Zentral- bzw. Leitbanken eine Rolle. Früher oder später bekommen die Wechselkurse aber auch Verbraucher zu spüren – und zwar im Ausland wie auch im Inland.
Wer außerhalb der Eurozone unterwegs ist, kann die Folgen einer Aufwertung oder einer Abwertung sofort im Portemonnaie sehen. Ein starker Euro macht das Verreisen billiger. Auf der anderen Seite wird die Eurozone für Reisende aus dem Ausland teurer – was den Inlandstourismus nachhaltig beeinflussen kann. Was die Wechselkurse in den Alltag trägt, sind bereits angesprochene realwirtschaftliche Folgen. Importartikel werden durch einen stärkeren Euro günstiger. Dies trifft auch auf Rohstoffe zu, die beispielsweise in US Dollar gehandelt werden – etwa Rohöl. Neben den preisbildenden Aspekten spielt der Wechselkurs hier eine Rolle.
Fazit: Euro ist nach wie vor in guter Position
Die europäische Zentralwährung hat nach der Subprime Krise in den USA zu einem Höhenflug angesetzt. Zwischenzeitlich war ein Euro fast 1,60 US Dollar wert. Diesen Höchststand hat der Euro inzwischen hinter sich – und liegt derzeit im Bereich von 1,10 US Dollar. Unternehmen, die Waren in die EU importieren, sind mit dieser Entwicklung sicher nicht ganz so zufrieden. Exporteure setzen hingegen eher auf einen schwachen Euro, der es leichter macht, Waren für einen günstigen Preis im Ausland abzusetzen. Letztlich bewirkt ein sich abschwächender Euro, dass Preise für diverse Produkte und Leistungen im Inland steigen können. Die realwirtschaftlichen Auswirkungen der Wechselkurse sind nur eine Seite der Medaille. Die Schwankungen haben natürlich Folgen für die Devisenmärkte. Ein sinkender Euro-Kurs ist Anzeichen für ein Nachlassen der Nachfrage. Gleichzeitig wirkt sich die Kursbewegung auf jene Marktteilnehmer aus, die Verbindlichkeiten im Ausland - beispielsweise in US Dollar – zu tilgen haben. +++