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Unverwechselbare Richthof-Möbel werden in der hauseigenen Tischlerei der Lebensgemeinschaft gefertigt. - Fotos: Stefanie Harth

SCHLITZ 50 Jahre Lebensgemeinschaft (4)

Zu Besuch in der Tischlerei: Wo lebendes Material nachhaltig verarbeitet wird

23.10.18 - Unverwechselbare „Richthof-Möbel“ werden in der hauseigenen Tischlerei der Lebensgemeinschaft aus lebendem Naturmaterial geschaffen: Kleiderschränke, Betten, Tische, Stühle und komplette Küchen entstehen aus fachkundig ausgesuchten Hölzern, wie Esche, Buche, Eiche und Kirsche. „Unsere Produkte sollen nicht ausschließlich gekauft werden, weil sie gefallen, sondern weil sie gut sind“, sagt Werkstattleiter Uli Auer.

Kleiderschränke, Betten, Tische, Stühle und komplette Küchen entstehen aus fachkundig ...

Axel Böllert und Nikolaus Delius sind zwei von insgesamt 22 Menschen mit intellektueller ...

Werkstattleiter Uli Auer.

Und hochwertig sind die Massivholzmöbel: Wie der Tischlermeister, der zudem eine Ausbildung zum Heilerziehungspfleger absolviert hat, berichtet, stammt das Holz, das in Richthof zugeschnitten und luftgetrocknet wird, vornehmlich aus der Region. „Wir verfügen auch über eigenen Einschnitt“, erläutert Uli Auer. „An modernen Maschinen werden ausgereifte Serienmöbel, aber auch Einzelstücke gefertigt, die in liebevoller Handarbeit vollendet werden.“ Damit das Holz seinen Charakter behält, werden die Oberflächen ausschließlich mit biologischen Naturharzölen und -wachsen behandelt.

Alles begann mit dem sogenannten Baumscheibentisch, der aus einer schräggeschnittenen Scheibe eines einheimischen Baumes hergestellt wird. Jedes dieser Prachtexemplare ist ein Unikat. „Ein solcher Baumscheibentisch, den ich eigenständig getischlert habe, steht bei meiner Mutter im Seniorenwohnheim. Dieser wird immer bewundert“, erzählt Axel Böllert, dessen Lebens- und Berufsort seit 1983 die Lebensgemeinschaft in Richthof ist. „Ich habe mir aus Esche auch ein Bett gebaut. Ich mache hier in der Werkstatt alles – ich bin flexibel einsetzbar“, untermauert der 55-jährige, der in seiner Freizeit leidenschaftlicher Badmintonspieler ist.

Axel Böllert ist einer von insgesamt 22 Menschen mit intellektueller Behinderung, die in der Tischlerei ihrer Arbeit nachgehen. Hinzu gesellen sich vier Fachkräfte, ein Lehrling sowie zwei Praktikanten. „Wir entscheiden alles im Konsens“, bekräftigt Uli Auer. „Bislang ist es uns immer gelungen, Kompromisse zu finden.“ Wie der Tischlermeister erläutert, seien geregelte Abläufe für die betreuten Mitarbeiter essentiell. „Unsere Dörfler brauchen einen festen Rhythmus.“

Ein geordneter Tagesrhythmus hilft Nikolaus Delius, sich im Wochenlauf zu orientieren und gibt ihm Sicherheit. Hochkonzentriert bemalt der 62-Jährige die Außenwände eines Nistkastens mit Farbe. Streichen und Leimen sind seine Stärken. „Wir sind voll im Nistkasteneinsatz“, sagt er. „Wir helfen den Kollegen der Holzwerkstatt Sassen.“

Nachhaltigkeit wird in der Tischlerei großgeschrieben: Aus Holzresten werden Topfuntersetzer und Frühstücksbrettchen kreiert. „Bei uns bleiben letztendlich nur noch Holzbriketts übrig, die wir auf Anfrage verkaufen“, zeigt Uli Auer auf. Beliebtes Mitbringsel seien die zum Teil aus sieben einheimischen Hölzern gefertigten Aktenordner. „Die verschicken wir bis nach Österreich.“

„Zusammen leben, zusammen arbeiten und zusammen Kultur erleben und gestalten“ ist die Philosophie der Lebensgemeinschaft e.V., die 1968 und 1977 die beiden Dorfgemeinschaften Sassen und Richthof aus der Taufe gehoben hat und sich auf ein anthroposophisches Menschenbild gründet. Zwei Gemeinwesen sind entstanden, in denen seit nunmehr fünfzig beziehungsweise 41 Jahren soziale Formen gefunden, geübt, gepflegt und weitergebildet werden, in denen sich alle geborgen fühlen können. Mehr Infos: https://lebensgemeinschaft.de/. (Stefanie Harth) +++