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- Archivfoto: O|N

FULDA Vorwürfe über Vorwürfe

Büttner wehrt sich: "PPH musste kostenlose Ausputzerjobs übernehmen"

28.07.19 - Die Kreishandwerkerschaft hat am Freitagabend ihren Geschäftsführer Dr. Herbert Bütter gefeuert und dies mit der bevorstehenden Insolvenz der "Perspektive Pro Handwerk GmbH" begründet. Büttner selbst hatte von dieser Personalentscheidung im Wanderurlaub in den italienischen Alpen aus den Medien erfahren - OSTHESSEN|NEWS berichtete exklusiv. Nun meldet sich der 62-Jährige zu den Vorwürfen gegen seine Person in einer Stellungnahme.

Bei Urlaubsantritt vor einer Woche, sei es noch das Ziel gewesen, eine drohende Insolvenz zu verhinern. "Die Gesellschaft wurde sogar noch mit frischer Liquidität ausgestattet", berichtet Bütter. Die Insolvenz- und auch die Personalentscheidungen des Vorstandes müssten daher während seiner urlaubsbedingten Abwesenheit gefällt worden sein. 

"Zwangsläufig einseitige Berichterstattung"

Als am Freitagabend die Medien über die Verwerfungen in der Kreishandwerkerschaft berichteten, sei Büttners Diensthandy abgeschaltet worden, "um mich unerreichbar zu machen. Außerdem wurde mir der Zugang zu allen Informationen gesperrt, so dass ich keinerlei Möglichkeiten hatte, Stellung zu beziehen, und es zwangsläufig zu einer einseitigen Berichterstattung gekommen ist", meint Büttner.

Die PPH aus Büttners Sicht

Die "Perspektive Pro Handwerk" (PPH) sei ein Projekt gewesen, um älteren Langzeitarbeitslosen neue Beschäftigungschancen zu geben. Der Servicegedanke habe im Mittelpunkt gestanden, es sei eine Win-Win-Situation gewesen: einerseits Beschäftigungschancen für Arbeitssuchende, andererseits Fachkräfte bevorzugt für Innungsbetriebe. „Man wolle zum Vorteil der Innungsbetriebe handeln, Gewinne in der GmbH seien den Innungsmitgliedern nicht zu vermitteln“, zitiert Büttner den jahrelangen Tenor des Kreishandwerksmeisters und des Vorstandes.

Zudem habe die PPH für die Kreishandwerkerschaft regelmäßig eine „Ausputzerfunktion“ übernommen, indem sie für die Kreishandwerkerschaft unrentable Leistungen übernommen oder auch Leistungen gänzlich ohne Berechnung wie zum Beispiel für die Trendmesse erbracht hat.

Und dennoch: Mit diesem Servicegedanken habe man im Laufe der Jahre vielen Menschen den Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt ermöglicht, die bis heute als verlässliche Fachkräfte in den Innungsbetrieben arbeiten. "Deshalb ist es grotesk, wenn einzelne Missstände vom Vorstand der Kreishandwerkerschaft nun öffentlich wirksam dazu genutzt werden, um eine langjährige Misswirtschaft oder fehlende Transparenz ausschließlich mir in die Schuhe zu schieben", schimpft Büttner.

Keinen Vertrag, keinen Cent

Die Geschäftsführung habe der 62-Jährige überhaupt nur übernommen, weil er Chancen sah, positive Impulse für den regionalen Arbeitsmarkt mit Vorteilen für Innungsbetriebe setzen zu können. Bis heute habe er weder einen Anstellungsvertrag, noch je einen Cent Vergütung bekommen. "Den Vorwurf fehlender Transparenz oder Unterrichtung muss ich entschieden zurückweisen", so Büttner weiter. Er habe auf die Unterfinanzierung der Gesellschaft hingewiesen. Der Vorstand sei bei dem Credo geblieben, die PPH solle keine Gewinne erzielen.

"Eine Kreishandwerkerschaft als Körperschaft des öffentlichen Rechts kann meines Erachtens nicht nur nach kaufmännischen Gesichtspunkten geführt werden. Es gibt eine stärkere soziale Verantwortung als im ,normalen' Wirtschaftsunternehmen auch nach außen hin. Inwieweit der Vorstand der Kreishandwerkerschaft dieser aktuell gerecht wird, kann sich jedes Vorstandsmitglied selbst beantworten", so Büttner. Er sei entsetzt darüber, wie leichtfertig der Vorstand den guten Ruf der Kreishandwerkerschaft systematisch öffentlich demontiere. 

Für die kommende Woche kündigte Büttner eine Pressekonferenz an, um weitere detaillierte und entlastende Informationen zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen zu liefern. Abschließend sagte er: "In der Vergangenheit wurden in der Kreishandwerkerschaft Fehler gemacht, die aber keineswegs nur vom Geschäftsführer zu vertreten sind. Man sucht jetzt einen ,Sündenbock' und hat in meiner Person ein ,Bauernopfer' gefunden."

OSTHESSEN|NEWS bemüht sich seit Freitag, den Kreishandwerksmeister Thorsten Krämer für eine Stellungnahme zu erreichen. Dies blieb bisher erfolglos. (Julius Böhm)



Die Stellungnahme von Dr. Herbert Büttner im Wortlaut:

Bis vor einer Woche hatte ich die Information, dass die Perspektive Pro Handwerk GmbH nicht in die Insolvenz gehen soll. Vor meinem Urlaub wurde die Gesellschaft sogar noch mit frischer Liquidität ausgestattet. Die Entscheidung des Vorstandes, die Perspektive Pro Handwerk GmbH doch in die Insolvenz zu treiben, wurde offensichtlich während meiner urlaubsbedingten Abwesenheit gefällt. Zeitgleich mit der Information den regionalen Medien am vergangenen Freitag wurde mein Diensthandy abgeschaltet, um mich für die Medien unerreichbar zu machen. Außerdem wurde mir der Zugang zu allen Informationen gesperrt, so dass ich keinerlei Möglichkeiten hatte, Stellung zu beziehen und es zwangsläufig zu einer einseitigen Berichterstattung gekommen ist.

Die Perspektive Pro Handwerk GmbH wurde 2008 mit einer Anschubfinanzierung des Kreisjobcenters gegründet. Die Mittel kamen aus dem Projekt Perspektive 50plus, einem Projekt, um älteren Langzeitarbeitslosen neue Beschäftigungschancen zu geben. Von Anfang an bis heute stand  bei der Perspektive Pro Handwerk GmbH der Servicegedanke für die Innungsbetriebe im Vordergrund, eine Win-Win-Situation also für beide Seiten: einerseits Beschäftigungschancen für Arbeitssuchende, andererseits Fachkräfte bevorzugt für Innungsbetriebe. Von Anfang an wurde der GmbH deshalb auch auferlegt, keine großen Gewinne zu erwirtschaften, „man wolle zum Vorteil der Innungsbetriebe handeln, Gewinne in der GmbH seien den Innungsmitgliedern nicht zu vermitteln“, so der jahrelange Tenor des Kreishandwerksmeisters und des Vorstandes. Deshalb hat die GmbH z. B. auch einen Fahrzeugpool vorgehalten, um dem Kreisjobcenter zu ermöglichen, ehemaligen Langzeitarbeitslosen nach Beschäftigungsaufnahme zunächst mit einem Mietfahrzeug auszustatten, damit diese ihre neue Arbeitsstelle antreten können. Diese enge Partnerschaft mit den regionalen Arbeitsmarktakteuren, insbesondere mit dem Kreisjobcenter, besteht bis heute. Auf diese Art und Weise haben wir im Laufe der Jahre vielen Menschen den Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt ermöglicht, die bis heute als verlässliche Fachkräfte in unseren Innungsbetrieben arbeiten. 

Vor diesem Hintergrund ist auch das Rumänienprojekt zu verstehen, das anfänglich erfolgreich verlief. Verschiedene Innungsbetriebe beschäftigen bis heute Mitarbeiter, die über dieses Projekt der Perspektive Pro Handwerk GmbH zu ihnen gekommen sind. Die Probleme mit dem Rumänienprojekt fingen erst an, als durch Vermittlung des stellvertretenden Kreishandwerksmeisters Michael Wißler dieses Projekt über den Verband Baugewerblicher Unternehmen in Frankfurt hessenweit ausgedehnt wurde, im Nachhinein ganz klar ein Fehler.

Es ist grotesk, wenn einzelne Missstände vom Vorstand der Kreishandwerkerschaft nun öffentlich wirksam dazu genutzt werden, um eine langjährige Misswirtschaft oder fehlende Transparenz ausschließlich mir in die Schuhe zu schieben. Jahrelang war es üblich, dass die Perspektive Pro Handwerk GmbH für die Kreishandwerkerschaft auch eine „Ausputzerfunktion“ übernommen hat, indem sie für die Kreishandwerkerschaft unrentable Leistungen übernommen oder auch Leistungen gänzlich ohne Berechnung wie z. B. für die Trendmesse erbracht hat.

2008 hatte ich mich bereit erklärt, die Geschäftsführung der Perspektive Pro Handwerk GmbH zu übernehmen, weil ich damals die große Chance sah,  positive Impulse für den regionalen Arbeitsmarkt mit klaren Vorteilen für unsere Innungsbetriebe zu verbinden. Bis heute habe ich keinen Anstellungsvertrag bei der GmbH und auch keinen Cent Vergütung für meine Tätigkeit als GmbH-Geschäftsführer erhalten. Wiederholt habe ich allerdings in der Vergangenheit den Vorstand darauf hingewiesen, dass die GmbH von Anfang an unterfinanziert und für ein Umsatzwachstum in der Spitzenzeit bis zu einer Million Euro pro Jahr nicht ausgelegt sei. Dennoch blieb es bei der Aussage des Kreishandwerksmeisters uns des Vorstandes, die GmbH solle keine großen Gewinne erwirtschaften. Es erscheint nahezu grotesk, dass der alleinige Gesellschafter, vertreten durch den Vorstand der Kreishandwerkerschaft, angeblich jahrelang über die Entwicklung der Gesellschaft nichts gewusst haben will. Es liegt auf der Hand, dass der Gesellschafter seiner Kontrollfunktion dem Geschäftsführer gegenüber nicht ausreichend nachgekommen ist.  Den Vorwurf  fehlender Transparenz oder Unterrichtung muss  ich entschieden zurückweisen.

Ich bin entsetzt darüber, wie leichtfertig der Vorstand den guten Ruf der Kreishandwerkerschaft systematisch öffentlich demontiert. Eine Kreishandwerkerschaft als Körperschaft des öffentlichen Rechts kann meines Erachtens nicht nur nach kaufmännischen Gesichtspunkten geführt werden. Wie bei jedem anderen Unternehmen gibt es eine soziale Verantwortung für die dort beschäftigten Menschen (dazu gehören auch die Mitarbeiter der Perspektive Pro Handwerk GmbH). Und zusätzlich gibt es eine stärkere soziale Verantwortung als im „normalen“ Wirtschaftsunternehmen auch nach außen hin. Inwieweit der Vorstand der Kreishandwerkerschaft dieser aktuell gerecht wird, kann sich jedes Vorstandsmitglied selbst beantworten.

In der Vergangenheit wurden in der Kreishandwerkerschaft Fehler gemacht, die aber keineswegs nur vom Geschäftsführer zu vertreten sind. Man sucht jetzt einen „Sündenbock“ und hat in meiner Person ein „Bauernopfer“ gefunden, damit andere aus der Sache fein raus kommen und ihr Gesicht wahren können. Aus diesem Grund habe ich mich dafür entschieden, im Laufe der nächsten Woche zu einer Pressekonferenz einzuladen, um weitere detaillierte und entlastende Informationen zu den gegen mich erhobenen Vorwürfen zu liefern.  +++


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