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Markus Pflanz: Zwischen Heimweh und dem Traum von Europa
03.02.21 - Der Sport pausiert. Corona hat das Spielgeschehen wieder zum Erliegen gebracht. Die Fußballer befinden sich bereits in der Winterpause, im Handball geht es frühestens Anfang nächsten Jahres weiter. Dennoch wollen wir die Sportler in der ON|Sport-Nachspielzeit weiter zu Wort kommen lassen.
Markus Pflanz lebt den Traum vom Profifußball in Belgien. Beim Erstligisten KV Oostende ist der 45-Jährige seit dieser Saison Co-Trainer und erlebt mit seinem Klub einen überraschenden Höhenflug. Als Abstiegskandidat gehandelt, spielt man nun plötzlich sogar um die europäischen Plätze. Im Interview spricht er über seine Rolle im Trainerteam, den Traum von Europa und Heimweh.
ON|Sport: Herr Pflanz, Ihr Verein gehört zu den positiven Überraschungen in der Saison. Als Abstiegskandidat gestartet, haben Sie jetzt sogar Europa im Blick. Geraten Sie da ab und an schon mal ins Träumen?
Markus Pflanz: "Klar kommen da einige sicherlich ins Träumen. Wenn wir am Sonntag gewonnen hätten, wären wir Vierter gewesen. Man darf aber auch nie vergessen, wo wir herkommen. Letztes Jahr hat die Mannschaft nur 22 Punkte geholt, hat lange gegen den Abstieg gespielt. Es ist der Mannschaft auch anzumerken, dass die Akkus derzeit ein wenig leer sind, das spiegelt sich auch in den letzten Ergebnissen wider."
ON|Sport: Machen sich da die kurze Winterpause und die kräftezehrende Spielweise bemerkbar? Ihre Mannschaft belegt in einer europaweiten Wertung der Sprintdistanz Platz fünf, noch vor dem FC Bayern.
Pflanz: "Ganz klar, unsere Spielweise ist kräftezehrend. Aber das große Problem sind die vielen Spiele. Wir haben im Januar in 24 Tagen acht Spiele absolviert. Dazu kommt, dass wir nicht den größten Kader haben, da ist es völlig normal, dass die Spieler müde sind. Es sind nur Menschen und keine Maschinen."
ON|Sport: Wie sieht denn Ihre Rolle innerhalb des Trainerteams aus?
Pflanz: "Während des Trainings bin ich überwiegend für den technischen Teil verantwortlich, sprich: Passformen, Rondos und kleinere Spiele zum Aufwärmen. Unser Cheftrainer Alexander Blessin übernimmt den taktischen Teil, da er natürlich sein Leben lang im Fußball verbracht hat und eine ganz andere Erfahrung mitbringt. Davon profitiere ich jeden Tag und lerne ständig dazu. Darüber hinaus kümmere ich mich um die Standardsituationen und helfe unserem Videoanalysten bei der Spielanalyse. Wir haben ja auch nur ein kleines Trainerteam, das nicht zu vergleichen ist mit den aufgeblähten Gespannen bei manch einem Bundesligisten."
ON|Sport: Sie konnten Weihnachten erstmals nicht mit der Familie feiern, verpassen Geburtstage und Hochzeiten. Ist es das alles wert?
Pflanz: "Was wirklich hart ist, ist, dass ich von meiner Frau und meinem Sohn getrennt bin. Zwischen den Jahren war ich dann zuhause, mein Sohn hat mich in der Woche vor Weihnachten besucht. Aber gerade jetzt im Januar blieb durch die vielen Spiele dafür keine Zeit. Das ist dann wirklich sehr hart für mich."
ON|Sport: Kommt Ihnen da ab und an mal der Gedanke ans Aufhören?
Pflanz: "Im Fußball weiß man nie, was morgen ist. Es ist ein sehr schnelllebiges Geschäft. Auch hier pendelt die Stimmung nach einem Spiel zwischen himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt, dafür sorgt natürlich auch die Presse vor Ort. Aber ich habe für zwei Jahre unterschrieben und das auch ganz bewusst. Deshalb verschwende ich derzeit keine Gedanken ans Aufhören."
Markus Pflanz, vielen Dank für das Gespräch! (fh) +++