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Nach fast 43 Jahren bei der "Truppe" geht Polizeioberrat Rainer Paul am 31. Mai in Pension. - Fotos: Carina Jirsch

REGION Polizeioberrat Rainer Paul wird pensioniert

"Die Bundespolizei mit voranzubringen hat mir immer Riesenspaß gemacht"

17.04.21 - "Eigentlich freue ich mich auf den Ruhestand, denn für Familie und Hobbys hatte ich in den letzten Jahrzehnten nur wenig Zeit", sagt Polizeioberrat Rainer Paul. "Andererseits hat es mir immer einen Riesenspaß gemacht, die Bundespolizei mit voranzubringen. Von daher gesehen, gehe ich mit gemischten Gefühlen."

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Rainer Paul ist noch bis Ende Mai stellvertretender Leiter der Bundespolizeiinspektion in Kassel, die mit ihren etwa 250 Mitarbeitern für Nord-, Ost- und einen Teil von Mittelhessen zuständig ist. Die Bundesbehörde steht in der Nachfolge des Bundesgrenzschutzes (BGS), der vor siebzig Jahren gegründet wurde (OSTHESSEN|NEWS berichtete). Ihre Aufgaben sind der Grenzschutz, die Sicherung von Bundesorganen wie etwa des Kanzleramtes oder der Deutschen Bundesbank, die Luftsicherheit, Kriminalitätsbekämpfung, die Auslandsverwendungen und die Bahnpolizei.

Rainer Paul am Bahnsteig in Fulda

Eben dort – nämlich in den Diensträumen im Fuldaer Bahnhof – trifft das zweiköpfige O|N-Team Polizeioberrat Rainer Paul, der in Alsfeld im Vogelsbergkreis wohnt, sowie Polizeihauptkommissar und Pressesprecher Klaus Arend. Mindestens zwei Beamten verrichten hier täglich ihren Dienst. Vorbei die Zeiten, als man Fingerabdrücke noch mittels eines Stempelkissens nahm, längst läuft hier die erkennungsdienstliche Erfassung digital. An der Wand hängt ein riesiger Bildschirm mit den Videobildern vom Bahnhofsvorplatz. Schwarzfahrer, Betrügereien, Gewalttaten, Diebstähle und Drogendelikte gehören zum Tagesgeschäft.

"Keine andere deutsche Behörde hat in den letzten Jahrzehnten so einen Wandel durchgemacht wie die Bundespolizei", erklärt Rainer Paul. Der heute 61-Jährige erinnert sich noch lebhaft an seine Anfänge beim BGS vor fast 43 Jahren, als er mit nicht mal zwanzig Jahren mit Stahlhelm, gefleckter Tarnjacke und Maschinengewehr Stellungen an der innerdeutschen Grenze aushob. "Wir galten als paramilitärische Truppe und haben immer ein wenig neidisch auf die Landespolizei geschielt, denn die hatte die bessere Ausrüstung, die bessere Besoldung und war mit den Bürgern im Kontakt. Wir dagegen waren ja fast immer nur am Zaun."

Großaufgebote im "Danni" und bei den Querdenkern in Kassel

Mit zunehmender Aufgabenerweiterung – gerade auch durch die Bahnpolizei – wuchs das Selbstbewusstsein, und die Umbenennung von BGS in Bundespolizei im Jahr 2005 bedeutete endgültig eine "absolute Aufwertung des Berufs", so Rainer Paul. Mittlerweile operiert die Behörde international, sie schützt ausländische Botschaften etwa im Irak, bildet in Afghanistan Polizisten aus und ist Teil von Frontex, sichert also die EU-Außengrenzen.

Videoüberwacht: der Bahnhofsvorplatz

Aus osthessischer Sicht war der wohl spektakulärste Einsatz in der jüngeren Zeit das Aufeinandertreffen mit den A49-Gegnern im Dannenröder Forst. Dort war weniger die Bundespolizeiinspektion Kassel aktiv, unterstützt wurde die Landespolizei aber nach Kräften von der Bereitschaftspolizei des Bundes, die auch einen Standort in Hünfeld (Landkreis Fulda) hat. Nicht selten wurden die Beamten dabei von den Demonstranten angefeindet. "Wir stellen seit einigen Jahren fest, dass der Respekt vor Uniformträgern immer mehr verloren geht", so Rainer Paul. Dem könne man nur durch "Neutralität und Gesetzestreue" begegnen. "Persönliches hat sich dem Einsatz immer unterzuordnen. Wenn wir zum Beispiel eine NPD-Versammlung sichern sollen, braucht man einfach eine professionelle Distanz."

Plaudert entspannt über seine Dienstzeit: Rainer Paul

Polizeihauptkommissar und Pressesprecher Klaus Arend

Apropos fragwürdige Versammlungen: Als vor Kurzem die Querdenker-Bewegung in Kassel demonstrierte, war auch Rainer Paul als Polizeiführer dabei. "2.000 Leute sind mit der Bahn angereist und haben sich in den Zügen wirklich schlecht benommen, pöbelten die Zugbegleiter an und trugen keine Schutzmasken. Am Bahnhof haben wir sie dann mit einem Großaufgebot empfangen, und das hat gewirkt, da waren die Masken ganz schnell wieder oben." In der Innenstadt hätten dann Bundespolizeikräfte aus dem Einsatz am Bahnhof die Landespolizei unterstützt und vorbildlich mit dieser zusammengearbeitet.

Längst mit der Landespolizei auf Augenhöhe

"Wir kooperieren seit vielen Jahren absolut auf Augenhöhe", sagt Rainer Paul. "Wir haben die gleiche Ausrüstung, und die Beförderungssituation ist bei der Bundespolizei mittlerweile sogar besser als bei den Kollegen vom Land." Allein die Kompetenzen könne man weiter harmonisieren. "Wir sind zum Beispiel für illegale Einreisen zuständig, die Landespolizei dann für den illegalen Aufenthalt in der Bundesrepublik. Es würde mehr Sinn machen, das in einer Hand zu lassen." Ein Gesetzentwurf, der dies ändern soll, steht kurz vor der ersten Lesung.

Der Bahnhof in Fulda

Bundespolizeipräsident Dr. Dieter Roman, der mit seinen guten Kontakten zur Politik in den vergangenen Jahren viel für die Behörde bewirkt hat, hat die Truppe einmal als "eine Familie" bezeichnet. Diese wird dem künftigen Ruheständler, den Pressesprecher Klaus Arend einen "Polizeiführer mit Leib und Seele" nennt, sicher fehlen. Ein besonderes Steckenpferd von Rainer Paul war übrigens stets der Einsatz beim Hessentag. "Das sind ja nicht nur die zehn Tage, da stecken zwei Jahre Vorbereitungen drin", sagt er. "Als 2019 in Bad Hersfeld der Ansturm kam, waren wir bestens aufgestellt." Dass nun das für dieses Frühjahr geplante Landesfest in Fulda pandemiebedingt ausfallen muss, bedauert er daher sehr: "Der Hessentag wäre bis zum 30. Mai gegangen, und am 31. Mai gehe ich in Pension. Das wär’s nochmal gewesen." (Matthias Witzel) +++