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Wer derzeit in Fulda einen Hausarzt sucht, braucht Geduld. - Symbolfoto: O|N/Marius Auth

FULDA Besorgniserregende Aussichten

Wie geht das denn? Patienten finden keinen Hausarzt, trotz "Überversorgung"

12.03.22 - Statistik und reale Wahrnehmung liegen in diesem Fall wohl besonders weit auseinander. Die Suche nach einem Hausarzt sorgt bei den Fuldaer Bürgern für enorme Probleme. Erst kürzlich gab eine Hausärztin in Fulda ihre Praxis von heute auf morgen auf. Die Patienten standen vor verschlossenen Türen, andere Hausärzte konnten diese aufgrund hoher Auslastung jedoch nicht aufnehmen. Für die Kassenärztliche Vereinigung Hessen gibt es dieses Problem jedoch nicht. "Vor allem die Stadt Fulda ist ärztlich überversorgt." Die Verwirrung ist groß.

Zurück auf Anfang: Am Donnerstagabend saß Sinisa Stanojevic vom Beratungscenter der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen (KV) dem Sozial-, Familien- und Jugendausschuss der Stadtverordnetenversammlung Fulda bei und sprach mit den Mitgliedern über die hausärztliche Versorgung in Fulda. Dabei wurden bekannte Probleme schnell deutlich: "Man muss davon ausgehen, dass rund 48 Prozent der niedergelassenen Ärzte im Landkreis Fulda bis zum Jahr 2030 ihre Tätigkeit niedergelegt haben", so Stanojevic.

Bald massive Probleme in Neuhof?

Das liege vor allem an den vielen betagten Ärzten. "Das Durchschnittsalter der Hausärzte hier liegt bei 55 Jahren." Gravierend zeigt sich das Problem in der Gemeinde Neuhof: "Hier befinden sich vier Ärzte, die im Schnitt 61,5 Jahre alt sind. Man muss hier von einer Unterversorgung sprechen." Aber auch Dipperz und Hilders werde in Zukunft um ärztlichen Nachwuchs kämpfen müssen. "Mit 40 Jahren sind die Hausärzte in Hosenfeld im Schnitt die jüngsten, welche auch ein erfolgreiches Projekt vorweisen." Interessant sei dabei auch der Trend, dass Ärzte eine angestellte Tätigkeit einer Selbstständigkeit vorziehen. "Außerdem hat sich das Geschlechterverhältnis verändert - aktuell etwa hälftig aufgeteilt", weiß die KV. 

Am Donnerstagabend tagte der Ausschuss für Soziales, Jugend und Familie im Marmorsaal ...Fotos: Nina Bastian

Das sagt der Bedarfsplan

Die Bedarfsplanung der KV ist sozusagen die Arbeitsgrundlage für den Zulassungsausschuss Hessen, der Vertragsärztinnen und -ärzte in der Region zulassen muss, bevor sie gesetzlich krankenversicherte Patienten behandeln dürfen. Dieser Plan sieht pro 1.607 Einwohner einen Hausarzt vor. "Zum Stand vom 1. Dezember 2021 verzeichnen wir insgesamt 146 vertragsärztlich tätige Hausärzte mit 127,7 Versorgungsaufträgen. 54,45 Sitze liegen direkt in der Stadt Fulda", erklärt Stanojevic. Zwei Arztsitze seien noch frei und zu besetzen.

"Die Schilderungen aus der Bevölkerung sind aber andere. Wir benötigen mehr als nur zwei zusätzliche Hausärzte", bemängelt Robert Vey (SPD). Die KV sieht das anders: "Wir sprechen in Fulda von einem Wert von 130 Prozent. Demnach ist Fulda sogar überversorgt." So sehe das Gesetz nun mal aus, auch wenn die Realität eine andere sei.

"Bei uns sind keine Beschwerden eingegangen"

Erneut versuchten die Ausschussmitglieder die aktuelle Problematik zu erklären: "Ich weiß von mindestens zwei Ärzten, die in den letzten zwei Monaten geschlossen haben. Deren Patienten finden keinen neuen Hausarzt", Vey erneut. Dazu die KV: "Vor allem das Problem mit der plötzlichen Praxisschließung ist uns bekannt, jedoch konnten wir schnell Abhilfe schaffen. Die Patienten werden jetzt durch andere Ärzte in Fulda versorgt und somit hat die KV ihren Job getan."

Dennoch sei auch er überrascht gewesen: "Bevor man eine Praxis schließt, sollte man sich rund zwei, drei Jahre vorher bei der KV melden. Der Sitz ist jetzt nämlich da und in unserer Statistik vermerkt, aber es gibt keinen Besitz. Demnach fällt der offene Platz noch nicht mit in den Bedarfsplan rein", versucht Stanojevic die Problematik zu erklären. Der Landesausschuss tage außerdem nur zwei Mal im Jahr. 

Konkrete Lösungen bleiben aus

So richtig rund wurde die Sache am Donnerstagabend definitiv nicht. Auch Andrea Werner (CDU) drängte auf einen Lösungsansatz hin, welchen Stanojevic aber nicht bieten konnte. Er betonte aber, dass Fulda vergleichsweise gut aufgestellt sei: "In Frankfurt ist der Ärztemangel viel deutlicher zu spüren." 

Bürgermeister Dag Wehner (CDU) nahm das Ruder abschließend in die Hand: "Fakt ist, es gibt eine gefühlte Unterversorgung. Sollten die Bürger keinen Arzt finden, sollen sie sich bitte direkt an die KV wenden." In Zukunft wolle man mit Vertretern der Ärzteschaft sprechen, zum Beispiel mit dem Gesundheitsnetz Osthessen, um Lösungen zu finden. "Ein Projekt zur Nachwuchsgewinnung läuft bereits erfolgreich: Das Klinikum nimmt 180 Medizinstudenten in Kooperation mit der Uniklinik Marburg auf und versucht, die Studenten langfristig an die Region zu binden." (nb) +++

Wieder schließt eine Hausarztpraxis: Dr. Jürgen Hofmann (71) geht in Ruhestand


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