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Im Bild von links: Christian Theisen, Ralf-Peter Kals (beide Gründer und Geschäftsführer von Roatel) und Daniel Ruscheinsky, Geschäftsführer der 24-Autobahnraststätten GmbH und Vorstand des Vereins Vereinigung deutscher Autohöfe - Fotos: privat

REGION Seecontainer als kleine Oasen

Das Laster mit den Parkplätzen: Wo können Fernfahrer vernünftig schlafen?

17.11.22 - Die Zahl der Lastwagen auf den Autobahnen nimmt gefühlt immer weiter zu. Ein Lastwagen folgt dem nächsten. Die Rast- und Parkplätze sind überfüllt. Laut dem Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) sind in Deutschland momentan rund 560.000 Lkw-Fahrerinnen und Fahrer sozialversicherungspflichtig beschäftigt.

Dazu kommen die Unternehmen aus dem Ausland: "Für die Zahl der ausländischen Lkw-Fahrer, die für ausländische Transportunternehmen und Speditionen arbeiten und hier in Deutschland unterwegs sind, gibt es nur Schätzungen. Wir gehen von rund 250.000 bis 300.000 aus, die hier pro Tag unterwegs sind", sagt der Sprecher des Bundesverbandes.

Die Parkplätze sind frühzeitig voll Archivbilder (2): O|N/Hans-Hubertus Braune

Die Roatels-Seehafencontainer

Ein Bett, Fernseher, W-Lan, Toilette und Dusche befinden sich in dem rund sieben Quadratmeter ...

Trotzdem gibt es einen Fahrermangel. Während die Fahrer aus Deutschland oder den unmittelbaren Nachbarregionen nach ihrer Arbeitswoche heim fahren, können dies die ausländischen Arbeitskräfte gerade aus Osteuropa oder den Mittelmeerländern nicht. Gerade für die Männer und Frauen aus dem Ausland gestaltet sich die Suche nach einem Rastplatz insbesondere auch für die Wochenenden schwierig. Sie sind oft mehrere Wochen am Stück unterwegs.

Gesetzliche Regelung für wöchentliche Ruhezeiten

Im Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 heißt es unter anderem: "Mit der Neuregelung gibt es nun keinen Zweifel mehr daran, dass die regulären wöchentlichen Ruhezeiten und jede andere wöchentliche Ruhezeit von mehr als 45 Stunden, die als Ausgleich für eine vorherige verkürzte wöchentliche Ruhezeit eingelegt wird, nicht im Fahrzeug oder auf Parkflächen verbracht werden dürfen. Die genannten Ruhezeiten sind – sofern der Fahrer nicht ohnehin an seinen Wohnort zurückkehrt – in geeigneten und geschlechtergerechten Unterkünften mit angemessenen Schlafgelegenheiten und sanitären Einrichtungen zu verbringen. Die Kosten für diese Unterbringung sind vom Arbeitgeber zu tragen."

Mikrohotels in Seehafencontainern

Christian Theisen und Ralf-Peter Kals

Doch wo sollen sich all die Fahrerinnen und Fahren ausruhen? Ein Ansatz sind die Mikrohotels. Zusammen mit zwei Kollegen hat Christian Theisen im Jahr 2019 das Unternehmen Roatel gegründet. Sie bieten entlang der Autobahnen Zimmer in Seecontainern auf Hotel-Niveau an. Nahe der Autobahnanschlussstelle der A7 bei Homberg (Efze) in Remsfeld sollen in wenigen Tagen vier Container-Zimmer eröffnen. Theisen ist auch in Osthessen auf der Suche nach weiteren Standorten und entsprechenden Partner wie Autohöfen und Rastanlagen-Betreiber.

Im Gespräch mit OSTHESSEN|NEWS-Reporter Hans-Hubertus Braune schildert der Unternehmer aus Düsseldorf die Beweggründe und die Ziele von Roatel. Rund 50 Euro kostet die Übernachtung in dem rund sieben Quadratmeter großen Zimmer. Dafür gibt es ein 90 Zentimeter breites Bett, Toilette, Dusche, Fernseher und W-Lan-Anschluss. Theisen bezeichnet die Container als "kleine Oase mitten auf dem Autohof".

Bislang gibt es neun Standorte. "Unser Ziel ist es, im nächsten Jahr auf 50 Standorte zu erweitern", sagt Theisen. Die Container werden auf dem Markt angekauft und von der Schreinerei Imbusch in Löningen (Oldenburg, Niedersachsen) in die kleinen Hotelzimmer umgebaut. Schall- und Dämmschutz gehört dazu. Zudem seien Fotovoltaikanlagen geplant. Für jeden Standort werde eine Baugenehmigung benötigt. Der Aufbau dauert einen Tag. Die Anlage ist von außen mit zwei Kameras videoüberwacht und eigene Leute reinigen die Zimmer.

"Wir waren selbst viel unterwegs und haben festgestellt, dass keine Lösung gab. Wir haben uns dann überlegt, selbst eine Lösung zu bauen", sagt Theisen. Bislang liege die Auslastung bei rund 80 Prozent. Vor allem Geschäftsleute, Privatreisende sowie Handwerker und Monteure buchen die Containerzimmer. Nahe an der Autobahn, ein ordentliches Bett, eigene Toilette und Dusche - die Kunden schätzen das einfache aber saubere Ambiente. Für ein paar Stunden Pennen ist das Konzept ideal.

Zudem arbeite Roatel gemeinsam mit den Autohöfen und Rastanlagen an dem Ausbau von Dienstleistungen, wie etwa gastronomischen Angeboten. Gebucht werden die Zimmer über das Buchungsportal auf der Internetseite von Roatel. Bei den Lastwagenfahrerinnen und Fahrer sieht Theisen viel Potenzial. Vor allem die ausländischen Fahrer suchen gerade an den Wochenenden nach Übernachtungsmöglichkeiten. 

Sowohl das Personal als auch die Speditionen müssen ein Interesse haben, dass die fahrenden Kolleginnen und Kollegen eine ordentliche Aufenthaltsmöglichkeit außerhalb ihrer Fahrerkabinen und den oft überfüllten Rastplätzen haben. Wer trotzdem in seinem Laster übernachtet, riskiere bei einer Kontrolle eine Geldstrafe von rund 4.000 Euro, wovon der Fahrer rund 1.300 Euro bezahlen müsse. Doch in der Realität ist dies bislang zumindest eher schwierig. Die Containerzimmer sind ein Ansatz. In Mengshausen (Niederaula) hat ein Spediteur einen Stellplatz und Gebäude gekauft. Dort soll das fahrende Personal eines Unternehmens aus Ostwestfalen am Wochenende abseits der Autobahnen in den Wohnungen ordentliche Verhältnisse vorfinden.

BGL hat Verlängerung von Fahrerhäuser als anzustrebende Lösung

Nicht gerade ein gemütlicher Platz auf einem Autobahnparkplatz

Der BGL begrüßt alle Maßnahmen, die die Arbeitsbedingungen der Lkw-Fahrerinnen und Lkw-Fahrer verbessern helfen. "Grundsätzlich halten wir eine Verlängerung der Fahrerhäuser, verbunden mit einer zusätzlichen Sanitärausstattung wie zum Beispiel Campingdusche, für die anzustrebende Lösung, da dies die Fahrer und vor allem Fahrerinnen in ihrem gewohnten Umfeld autark macht. Unabhängig davon fehlen aktuell immer noch rund 40.000 Lkw-Stellplätze entlang der deutschen Autobahnen – hier muss nicht zuletzt aus Gründen der Verkehrssicherheit dringend für Abhilfe gesorgt werden", schreibt der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung auf Anfrage von OSTHESSEN|NEWS.

Die Containerzimmer von Roatel sind zumindest ein Ansatz. Allein werden sie die Herausforderungen auf den Straßen nicht lösen können. "Wir wollen ein Netz von kleineren, dezentralen Möglichkeiten aufbauen", sagt Christian Theisen. Sein Team spricht gerade auch auf den Parkplätzen mit in der jeweiligen Landessprache mit den Fahrerinnen und Fahrer. Das Feedback sei gut. In Kürze starte zudem eine Crowdfunding-Kampagne. Es braucht ein Netzwerk an Konzepten und Lösungen in der Branche, welche für die tägliche Lieferung von Waren und Produkten sorgt. (Hans-Hubertus Braune) +++

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