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Die Skulptur des Essener Kardinals Franz Hengsbach wird nach der Demontage vor dem Essener Dom auf einen Lastwagen verladen. Das Bistum Essen hatte mitgeteilt, dass der «gravierende» Verdacht bestehe, Hengsbach könnte in seiner Zeit als Weihbischof in Paderborn eine 16-Jährige sexuell missbraucht haben. - Foto: Picture picture alliance/dpa | Christoph Reichwein

REGION Dokument "Geistlicher Missbrauch"

Vorwürfe gegen früheren Kardinal Hengsbach überschatten Bischofstreffen

28.09.23 - Bis zum Donnerstag findet im Wilhelm-Kempf-Haus in Wiesbaden-Naurod die traditionelle Herbst-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz statt. Aufgrund von Renovierungsarbeiten im Fuldaer Priesterseminar, der üblichen Stätte für die Zusammenkunft, ist diesmal das Bistum Limburg Gastgeber. An der Vollversammlung nehmen 64 Mitglieder unter Leitung des Vorsitzenden, Bischof Dr. Georg Bätzing, teil. Am Dienstag war bekannt geworden, dass der Fuldaer Bischof Dr. Michael Gerber zum neuen stellvertretenden Vorsitzenden gewählt wurde. 

Die aktuellen Beratungen der katholischen Bischöfe werden überschattet von einem gravierenden Missbrauchsverdacht: Dem 1991 verstorbenen Franz Hengsbach wird als erstem deutschen Kardinal sexualisierte Gewalt in mehreren Fällen in den 1950er- und 1960er-Jahren vorgeworfen.

Der in der Bevölkerung überaus populäre Wüdenträger und Gründerbischof des Ruhrbistums Essen, soll minderjährige Jugendliche sexuell missbraucht haben - darunter eine damals 16-Jährige. Das Bistum Essen und das Erzbistum Paderborn, aus dem Hengsbach stammt, veröffentlichten in der vergangenen Woche die Anschuldigungen, die aus den Jahren 2022 und 2011 stammen. Inzwischen ist ein Hengsbach-Denkmal am Essener Dom abgebaut worden. 

Bischof Georg Bätzing, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz. Archivfoto: ON/Carina Jirsch

Nach diesen schwerwiegenden Vorwürfen hatte der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, von einer sehr schwierigen Situation für die katholische Kirche insgesamt gesprochen und zum Auftakt der Herbstvollversammlung betont: "Alles muss auf den Tisch. Nur so werden die Betroffenen zu ihrem Recht kommen."

Die Bischöfe haben sich einmal mehr die Themenbereiche der Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs sowie den aktuellen Stand der im vergangenen Jahr vorgenommenen Neustrukturierung dieses Arbeitsfeldes vorgenommen. Das bereits beschlossene Dokument zum Thema "Geistlicher Missbrauch" wurde am Dienstag vorgestellt. Damit leiste die katholische Kirche "einen wichtigen Diskussionsbeitrag zu diesem Feld, das sich wissenschaftlich noch in den Anfängen befindet". Auf dem Podium vertreten war auch Fuldas Bischof Dr. Michael Gerber als Vorsitzender der "Kommission Geistliche Berufe und Kirchliche Dienste".

Den Opfern Gehör verschaffen

Nach Ansicht von Heinrich Timmerevers, Bischof von Dresden-Meißen und einer der Hauptautoren der Arbeitshilfe, gibt es noch immer – anders als bei sexualisierter Gewalt – viel zu wenig öffentliches Interesse für die Betroffenen. Auch gebe es weder im kirchlichen noch im öffentlichen Strafrecht eine Festlegung als Straftat. Geistlicher Missbrauch könne durch Beeinflussung und Manipulation, etwa in der Seelsorge erfolgen. Das könne im Religionsunterricht sein oder bei der sogenannten geistlichen Begleitung von Ordensgemeinschaften oder kirchlichen Gruppen. Bischof Timmerevers sagte: "Opfer von geistlichem Missbrauch haben es nach wie vor sehr schwer, sich Gehör zu verschaffen, eine eigene Stimme in der Aufklärung und Aufarbeitung von Missbrauch zu bekommen." 

Die Arbeitshilfe sei eine "Momentaufnahme", so der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf. Sie solle in drei Jahren ausgewertet und gegebenenfalls überarbeitet werden. Es gebe auch eine wissenschaftliche Begleitung. Unter den Betroffenen, die sich bisher bei einer Anlaufstelle gemeldet haben, sind den Angaben zufolge viele Ordensfrauen. Es hätten sich aber auch Männer gemeldet. 

Situation im Bistum Fulda

Der Fuldaer Bischof Dr. Michael Gerber. Archivfoto: ON/Carina Jirsch

Der Fuldaer Bischof Dr. Michael Gerber verwies darauf, dass das Bistum Fulda in den vergangenen beiden Jahren sehr wichtige Erfahrungen mit einer entsprechenden Arbeitsgemeinschaft "Geistlicher Missbrauch" gemacht habe. In diesem Jahr habe dies bereits in zwei Fällen zu Interventionen mit klaren Folgen geführt. "Aktuell erarbeiten wir im Bistum Fulda auf Basis der Arbeitshilfe eine Verfahrensordnung, die eine strukturelle Parallelität zu einer Verfahrensordnung für das Themenfeld ,sexualisierte Gewalt' aufweist und Zuständigkeiten beschreibt. Dabei werden unter anderem die Aufgaben eines Beraterstabs, eine/s Interventionsbeauftragten sowie von unabhängigen Ansprechpartnern beschrieben und Verfahrenswege definiert". (bl) +++


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