Einsatzbegleitung auswerten: "Peer Feedback" soll Fehlerquellen aufdecken
24.06.24 - Der Ärztliche Leiter des Fuldaer Rettungsdienstes, Dr. med. Matthias Kalmbach und sein Stellvertreter Dr. med. Thomas Plappert sind beide als Notärzte im Landkreis unterwegs. Die beiden Notfallmediziner wollen die Qualität des Fuldaer Rettungsdienstes noch weiter vorantreiben und haben dazu ein innovatives Konzept vorgelegt. Mit sogenanntem "Peer Feedback" soll innerhalb der Gruppe und auf Augenhöhe eine Einsatzbegleitung stattfinden. Dabei werden speziell ausgebildete Kollegen Notärzte und Notfallsanitäter bei deren Einsätzen begleiten und nach den Einsätzen ein Feedback mit Anregungen und Verbesserungsvorschlägen geben. Bislang gab es für die Kolleginnen und Kollegen kaum ein qualifiziertes Feedback zu ihren Einsätzen. Im Einzelfall kam es zu einem Gespräch auf dem Krankenhausflur oder zu einem teaminternen Feedback nach dem Einsatz.
Das Besondere: Das System beruht auf Freiwilligkeit und ist nicht dazu gedacht, Vorwürfe zu machen oder auf das stumpfe Abarbeiten von Checklisten zu pochen. Dr. Kalmbach und Dr. Plappert erhoffen sich von der Idee einen organisationsunabhängigen Austausch, bei dem man in einem festgelegten Rahmen voneinander lernen kann, um somit ein persönliches und organisatorisches Wachstum zu ermöglichen. Der Beobachter hält sich bei den Einsätzen medizinisch zurück und beobachtet das Geschehen ähnlich wie in Simulationstrainings aus der Ferne.
Besseres Fehlermanagement bei Einsätzen
Das Projekt steckt aktuell noch in den Kinderschuhen und man sammelt gerade erste Erfahrungen. Plappert und Kalmbach haben sich bereits gegenseitig als Peers begleitet und sind von ihrem Konzept nach den ersten Einsätzen überzeugt. Zu Beginn sollen nun erfahrene Notärzte und Notfallsanitäter in strukturierten Feedbacks geschult werden. Bekommt das Modell bei den aktuell ausgewählten Rettern ein positives Feedback, soll das System erweitert werden. Im Fokus stehen aktuell Softskills und der Einsatzablauf.
Als Peer, also als Beobachter sollen explizit auch Notfallsanitäter eingesetzt werden. Laut Kalmbach ist es denkbar, dass insbesondere Praxisanleiter, die bereits Erfahrung in Ausbildung haben, am Projekt teilnehmen. Interprofessionell ist der Einsatz bislang noch nicht geplant. In Zukunft sei aber in gewissen Konstellationen denkbar, dass beispielsweise ein Notfallsanitäter dem Notarzt ein Feedback gibt und umgekehrt.
Dr. Plappert betont, dass auch abseits des strukturierten Peer Feedbacks durch jeden Kollegen des Teams zu jeder Zeit ein sogenanntes "Speak up" möglich und gewünscht ist. Dabei äußert ein Teammitglied Gedanken und gegebenenfalls Bedenken bezüglich des laufenden Einsatzes, unabhängig von seiner Ausbildung und Erfahrung. Dieses Modell findet seit Jahren in der Sicherheitskultur verschiedener Airlines Anwendung. Das Projekt schafft eine Fehlerkultur, in der man vorwurfsfrei und systemisch analysieren kann, was man für den nächsten Patienten oder Einsatz verbessern kann. Besonders im englischsprachigen Raum sind solche Konzepte bereits fest etabliert.
Über den Rettungsdienst Fulda
Der Rettungsdienst in Fulda ist an 365 Tagen im Jahr rund um die Uhr im Einsatz, um Menschenleben zu retten. Träger des Rettungsdienstes ist der Landkreis Fulda. Er hat die Leistungserbringer mit der Durchführung des Rettungsdienstes beauftragt. Das Deutsche Rote Kreuz in Fulda und Hünfeld, der Malteser Hilfsdienst und die Bergwacht Hessen sind in den Rettungsdienst in Fulda eingebunden.
Zu Spitzenzeiten stehen 24 Rettungswagen, vier Notarzteinsatzfahrzeuge, ein Intensivtransportwagen und zwei Krankentransportwägen zur Verfügung. Mehr als 400 Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter, Notärztinnen und Notärzte und Rettungssanitäter versehen im Landkreis ihren Dienst. Der ADAC-Rettungshubschrauber Christoph 28 ergänzt als Landesrettungsmittel die Notfallversorgung über die Landkreisgrenzen hinaus. (Adrian Böhm) +++