Ausspucken führte zu brutaler Auseinandersetzung mit Messer und Eisenstange
14.11.24 - Ein ungewöhnliches Bild bot sich den Prozessbeteiligten am Mittwochmorgen im Flur des Landgerichts: Oberstaatsanwältin Dr. Christine Seban hatte außer ihrem Talar und den Prozessakten auch verpackte Eisenstangen dabei - wichtige Tatwerkzeuge und Indizien in diesem brisanten Fall.
Was genau sich am Abend des 12. Juli vor einem Jahr im Fuldaer Schlossgarten zugetragen hat, ließ sich am ersten Verhandlungstag nicht aufklären. Zwei der Jugendlichen, denen gefährliche Körperverletzung vorgeworfen wird, ließen über ihre Anwälte mitteilen, dass sie sich - außer Angaben zur Person - vorläufig nicht zu den näheren Umständen äußern wollen. Der 20-Jährige, der dem Opfer Messerstiche in Bauch und Rücken zugefügt haben soll, ließ seinen Anwalt aber eine Erklärung verlesen, in der er den Sachverhalt aus Sicht des 20-Jährigen schilderte.
Er habe sich mit seinen beiden Freunden und zwei Mädchen an diesem Abend im Schlossgarten getroffen. Auf einer Parkbank hatte er eine Flasche Sekt getrunken, eine Flasche Hugo schon halb geleert. Ein Mädchen habe rechts von ihm gesessen, auf der Bank links daneben das spätere Opfer, das er nicht gekannt habe. Der Streit habe sich daran entzündet, dass der 20-Jährige nach einem Schluck aus der Flasche ausgespuckt habe, weil er einen "schlechten Geschmack im Mund hatte". Darüber hatte sich der Banknachbar furchtbar aufgeregt und geschrien, er solle damit aufhören, um ihn dann zu attackieren. Dagegen habe sich der 20-Jährige gewehrt, indem er ihm die Flasche Hugo auf den Arm geschlagen habe, um ihn zu stoppen. Doch das Gegenteil war der Fall: er kassierte Prügel und üble Beschimpfungen. Mit der Drohung "Ich hol meine Jungs", sei der Mann zunächst verschwunden, um zehn Minuten später in Begleitung von vier Freunden zurückzukommen, die auf ihn und seine Begleiter eingeprügelt hätten, bis sie am Boden lagen. "Und dann setzte sich mein Mandant zur Wehr - Ende der Einlassung!", beendete Rechtsanwalt Christian Celsen seine Ausführungen.
Den brutalen Fall hat das Fuldaer Musical-Team von Robin Hood sicher noch lebhaft in Erinnerung. Am Abend des 12. Juli 2023 war es im Schlossgarten gegen 20:50 Uhr zu einem Streit zwischen mehreren Jugendlichen gekommen, in dessen Verlauf auf ein Opfer eingestochen und mit einer Eisenstange eingeschlagen wurde. Das Musical-Team aus Fulda und die Einsatzkräfte von Polizei und Rettungsdienst hatten durch beherztes Eingreifen noch Schlimmeres verhindert.
Musical-Produzent Peter Scholz berichtete in O|N damals: "In der Pause hörten mein Team und ich im Backstagebereich laute Geräusche aus dem Schlossgarten. Das ist am Abend erst einmal nichts Ungewöhnliches", so Scholz. Doch dann hatten sich ihnen schreckliche Bilder geboten. "Ein Mann lag auf dem Boden, während weitere Personen mit Eisenstangen auf ihn einschlugen."
Die Angreifer vertrieben
Keine Sekunde später sprangen die ersten Techniker des Theaters über die Absperrung. "Mit fünf Männern vertrieben wir die Angreifer und versorgten den Verletzten." Während die Polizei bereits von städtischen Mitarbeitern gerufen wurde, sicherte das Musical-Team die Erstversorgung, bis der Notarzt eintraf. "Ich möchte mir nicht ausmalen, was noch hätte passieren können", sagt Scholz.
Jetzt müssen sich die drei Angreifer - zur Tatzeit 17, 19 und22 Jahre alt - wegen gemeinschaftlich begangener gefährlichen Körperverletzung vor dem Landgericht verantworten. Dem zur Tatzeit 19-jährigen Angeklagten wird darüber hinaus eine weitere gefährliche Körperverletzung als Alleintäter vorgeworfen.
Der 19-Jährige soll mit dem späteren Opfer im Schlosspark in Fulda in Streit geraten sein. Im Laufe der Auseinandersetzung soll der Angeklagte ihm eine 0,7 Liter-Flasche seitlich gegen den Kopf geschlagen haben, wodurch dieser eine Schwellung erlitt. Kurze Zeit später soll der Geschädigte gemeinsam mit zwei Freunden in den Schlosspark zurückgekehrt sein, woraufhin es zu einer verbalen und sodann körperlichen Auseinandersetzung gekommen sein soll, deren Beginn nicht mehr aufklärbar war. Als der Geschädigte den 17-jährigen Angeklagten zu Boden gebracht hatte,
soll der 19-jährige Angeklagte dem Geschädigten eventuell in Notwehr – zwei Messerstiche seitlich in den Unterbauch versetzt haben. Als der habe fliehen wollen, soll der 19-jährige Angeklagte ihn festgehalten und ihm einen weiteren – nicht mehr gerechtfertigten – Messerstich in den oberen Rücken versetzt haben. Der 22-jährige Angeklagte soll sodann in das Geschehen eingegriffen und den Geschädigten mit einer Eisenstange geschlagen haben.
Das Opfer und seine Freunde sollen anschließend geflüchtet sein, aber durch die Angeklagten im oberen Bereich des Schlossgartens wieder eingeholt worden sein, wo diese gemeinsam auf den am Boden liegenden und blutenden Geschädigten durch Schläge mit Eisenstangen und durch Tritte eingewirkt haben sollen. Erst durch das Hinzukommen weiterer Zeugen sollen sie von weiteren Tathandlungen Abstand genommen haben und geflüchtet sein. Das Opfer musste stationär im Klinikum Fulda behandelt und einer Not-Operation unterzogen werden.
Für den Prozess vor der 2. großen Strafkammer des Landgerichts sind sieben Verhandlungstage angesetzt. (ci) +++