
Masseur einer Therme in Berufungsverhandlung erneut verurteilt
26.02.25 - Der Fall hatte überregional für Kopfschütteln gesorgt: Vor dem Amtsgericht Fulda war vor zwei Jahren ein 27-jähriger Physiotherapeut zu einem Jahr und fünf Monaten auf Bewährung verurteilt worden, nachdem ihm drei Frauen sexuelle Übergriffe während seiner Massage in einem Wellnesshotel im Landkreis Fulda vorgeworfen hatten. Dagegen hatte er Berufung eingelegt, doch auch in zweiter Instanz fand das Landgericht die Aussagen der Opfer stringent und glaubwürdig. Der Mann, der nach wie vor in der Therme als Masseur arbeitet, wurde erneut verurteilt.
Die Nebenklägerinnen, zwei Frauen, die inzwischen miteinander verheiratet sind, hatten vor Gericht ihre jeweilige Behandlung am 30. 10.2021 durch den Angeklagten geschildert, bei der dieser sie jeweils im Intimbereich und an der Brust berührt hatte. Auch die dritte Zeugin hatte ausgesagt, der Masseur habe ihr mehrfach über die Brust gestrichen. Das zunächst Unverständliche an den Vorfällen: Keines der drei Opfer hatte sich unmittelbar gegen die Übergriffe des Mannes gewehrt, sondern seine strafbaren Handlungen erst nachträglich zur Anzeige gebracht. Die übereinstimmende Erklärung der drei Frauen für dieses Verhalten war, dass sie sich wie in Schockstarre befunden, sich in der Situation hilflos und verunsichert gefühlt hätten und nur "weggewollt hätten".
Nur aus Versehen und Massagefehler?
Während die Staatsanwältin diese Erklärung aller drei Opfer plausibel und glaubwürdig fand und die sexuellen Übergriffe als erwiesen ansah, argumentierte der Verteidiger, es habe sich jeweils "Massagefehler" und um versehentliche Berührungen gehandelt. Sein Mandant habe sich in den sechs Jahren seiner Anstellung in dem Wellnesshotel bei tausenden Massagen nie etwas zuschulden kommen lassen. Da es sich bei beiden Frauen selbst um ausgebildete Physiotherapeutinnen handelte, hätten sie merkwürdig gefunden, dass Ausstreichbewegungen am Oberschenkel von unten Richtung Intimbereich ausgeführt wurden. Sie hätten gelernt, dass man das nur in entgegengesetzter Richtung macht, dabei sei das bei Wellnessmassagen aber nicht so streng geregelt, habe der Gutachter bestätigt.
Wie schon im ersten Verfahren wurde der älteren der beiden Frauen vom Verteidiger vorgehalten, dass sie nach der Behandlung einen Beleg abgezeichnet hatte, der besagte, dass alles in Ordnung gewesen sei und sogar auf dem Formular fünf Euro Trinkgeld angekreuzt hatte. Noch schwerwiegender sei aber die Tatsache, dass sie ihrer Freundin nichts von den angeblichen Übergriffen erzählt hatte und erst eingriff, als sie feststellte, dass diese vom selben Masseur behandelt werden sollte. Als auch sie von Berührungen im Intimbereich und an der Brust berichtet hatte, habe die Ältere versucht, ihr schlechtes Gewissen zu kompensieren, was schließlich in der Anzeige gegen den Mann gemündet habe. Die Beschuldigungen der drei Zeuginnen hielt der Verteidiger für unglaubwürdig und beantragte Freispruch für seinen Mandanten.
Sexuell motivierte Berührungen
Die Staatsanwältin und die Vertreterin der Nebenklage sahen das diametral entgegengesetzt und beurteilten die Aussagen aller drei Frauen für glaubwürdig. Die intimen Berührungen im Schritt und an der Brust seien bewusst und gewollt gewesen. Es sei nicht ersichtlich, warum sie denn den ihnen unbekannten Mann wahrheitswidrig hätten belasten sollen. Keine der drei hatte eine Forderung nach Schmerzensgeld oder Wiedergutmachung gestellt. Im ersten Verfahren habe der Angeklagte noch komplett bestritten, auch nur versehentlich an intime Stellen gekommen zu sein, jetzt habe er von Versehen gesprochen. Die Dauer und Intensität der sexuell motivierten Berührungen, wie sie geschildert wurden, lasse aber ein Versehen ausschließen.
Die Nebenklagevertreterin kritisierte vor allem die völlige Uneinsichtigkeit des Angeklagten sowie das Fehlverhalten der Verantwortlichen in der Therme. Sie hätten die Vorwürfe der Frauen rigoros zurückgewiesen, obwohl sie nicht dabei gewesen waren. Selbst, wenn es sich um versehentliche Berührungen gehandelt hätte, wäre eine sofortige Entschuldigung angesagt gewesen. Nur, weil diese verweigert wurde und die reklamierenden Frauen als unglaubwürdig hingestellt worden seien, hätten sich diese überhaupt erst dazu entschlossen, den Masseur anzuzeigen. "Das Verhalten der Vorgesetzten in der Therme war unterirdisch", sagte die Anwältin wörtlich. Beide beantragten, die Berufung als unbegründet abzuweisen.
Zum zweiten Mal verurteilt
Das Gericht folgte der Forderung des Verteidigers nach Freispruch nicht, sondern verurteilte den Angeklagten, der sich in seinem Schlusswort entschuldigt hatte, zu einer einjährigen Bewährungsstrafe. Von der Aussage der dritten Frau zeigte sich Gericht nicht hundertprozentig überzeugt und sprach den Angeklagten von diesem Vorwurf frei. Er muss 1.000 Euro an "Ärzte ohne Grenzen" zahlen und drei Viertel der Kosten des Verfahrens tragen. (Carla Ihle-Becker)+++