

Jede Sekunde zählt! Jetzt wird Wiederbelebung Teil des Unterrichts
23.04.25 - Ersthelfer retten Leben - genau das zeigte sich immer häufiger in echten Schock-Situationen. "In Deutschland sterben jährlich rund 65.000 Menschen an einem Herzstillstand. Sie sterben oft, weil sie nicht rechtzeitig Hilfe durch eine Herz-Lungen-Wiederbelebung erfahren, bevor Notarzt und Rettungsdienst eintreffen", erklärte Dr. Matthias Kalmbach, ärztlicher Leiter Rettungsdienst des Landkreises Fulda in einer Pressemitteilung.
Um Leben zu retten und vor allem auch die Angst zu nehmen, etwas falsch zu machen, hat das Land Hessen die Wiederbelebung nach einem Herzstillstand verpflichtend in den Schulen für alle siebten Klassen eingeführt. Die Jugendlichen sollen sich trauen, in Notsituationen einzugreifen.
"Werden sie nicht aktiv, ist der Patient so gut wie tot"
Besonders Opfern von Herzinfarkten wird dieser Kurs zugutekommen. Wenn das Herz stehen bleibt, fließt kein Blut mehr ins Gehirn. Die Folge: Nach etwa drei Minuten beginnt dieses äußerst empfindliche Organ abzusterben. Nach nur acht bis zehn Minuten sind die meisten Hirnzellen tot, aber erst dann treffen Rettungskräfte in der Regel ein. Eine Reanimation zu diesem Zeitpunkt zwecklos. "Deshalb braucht es Ersthelfer, die zur Tat schreiten. Werden sie nicht aktiv, ist der Patient so gut wie tot", sagte Notarzt Wolfram Beres im früheren Gespräch mit OSTHESSEN|NEWS. Angst sollte hierbei keine Rolle spielen, nur das Ziel ist klar: Jemanden ins Leben zurückholen. So wurde auch Benjamin Schwarz von seinen Fußball-Kollegen wiederbelebt. "Ich war 17 Minuten weg, kein fühlbarer Puls. Ich dachte, so etwas würde mir nie passieren", sagte der damals 40-Jährige. Mitte des Jahres 2023 ist Schwarz beim Fußballspielen auf dem Sportplatz in Bad Salzschlirf (Landkreis Fulda) zusammengebrochen. Sofort begannen zwei Fußballer mit der Herzdruckmassage, während andere den Notruf wählen und die Rettungskräfte empfingen. "Wie hochprofessionell die Ersthelfer sich organisiert haben, das hat mich wirklich geflasht", lobte Beres.
Im Juni 2024 kam es zu einem ähnlichen Schreckenseinsatz am Tennisplatz in Eichenzell (Landkreis Fulda). Der damals 64-jährige Rolf-Michael Müller brach von der einen auf die andere Sekunde zusammen: Herzstillstand! Sein Freund und Tenniskollege Tobias Schleicher begann sofort mit der Herzdruckmassage und der Beatmung. Ein weiterer Kollege alarmierte den Notarzt und nutzte den Defibrillator des Sportvereins. Der Rettungsdienst traf ein und nach dem zweiten Stoß des Geräts begann Müller wieder eigenständig zu atmen. "Der Mensch ist dann schlicht und ergreifend erstmal tot. Nach drei bis fünf Minuten nach einem Kreislaufstillstand nimmt das Gehirn irreparable Schäden, deshalb ist das Eingreifen der Umstehenden so wichtig", appellierte Kalmbach beim damaligen O|N-Dreh.
Schüler helfen Schülern beim Retten
Um bei einer solchen Situation richtig reagieren und Leben retten zu können, hat der Landkreis Fulda vor einiger Zeit den Startschuss für ein echtes "Herzensprojekt" gegeben. Hierbei werden die Schulsanitäter als "Multiplikatoren" in Kooperation mit den Maltesern ausgebildet. Lehrer Andreas Heller, der den Schulsanitätsdienst an der Winfriedschule seit 16 Jahren betreut, betont die Bedeutung dieses Projektes in einer Pressemitteilung: "Dass die Schulsanis ihre Mitschüler der siebten Klassen in der Wiederbelebung schulen, ist ein vorbildliches soziales Engagement, was sich auch positiv auf deren Persönlichkeitsentwicklung auswirkt." Nach dem Motto "Prüfen-Rufen-Drücken" wurde den Siebtklässlern in einer Doppelstunde anschaulich vermittelt, wie sie helfen können.Schulsanitäter, die ihren Mitschülern beibringen, wie sie Leben retten können, sind bisher einmalig. Grund genug für Schulleiter André Müller, sehr stolz zu sein. "Mit dieser Aktion bekommt der Schulsanitätsdienst nochmal einen ganz anderen Stellenwert. Als Schulsani Menschen in Not zu helfen, ist die eine Seite. Aber anderen Schülern zu zeigen, wie man kompetent Erste-Hilfe leistet und Leben retten kann, ist eine herausragende Leistung", freut sich Brigitta Brähler-Fischer, Diözesanreferentin der Malteser, für den Schulsanitätsdienst in Fulda in der Pressemitteilung der Schule.
Auch Patrick Harnier von der VR Bank Fulda war dabei, als die erste der fünf Klassen der Winfriedschule ausgebildet wurde. Die VR Bank Fulda und die Raiffeisenbanken in der Region sponsern die Schulsanitätsausbildung und unterstützen das Wiederbelebungsprojekt von Anfang an. "Wir investieren in die Jugend und helfen so allen Menschen, die Hilfe benötigen", so Harnier. "Vielen Dank für euer tolles Engagement!"
Ein kleiner, doch bedeutender Schritt in die richtige Richtung: "Es braucht dafür ein Unterrichtsfach Gesundheit in den Schulen. Hier kann erste Hilfe viel besser vermittelt werden, als in einem einmaligen Erste-Hilfe-Kurs", hatte Notarzt Wolfram Beres gegenüber O|N gefordert.