


Drei Höfe, 36 Bäume und neue Plätze: Quartier auf Wever-Areal vorgestellt
14.05.25 - Dieses Projekt ist ambitioniert und zeigt, wie sich das Leben in einer Stadt ändern soll: Aus einer ehemaligen versiegelten Industriefläche soll ein modernes Quartier entstehen, welches den klimatischen Veränderungen entsprechen soll.
Wie kann Regenwasser sinnvoll genutzt werden? Welche Bäume halten der Trockenheit und Wärme besser stand und wie kann die Wohn- und Aufenthaltsqualität der Bewohner in einer Innenstadtlage gesteigert werden? Bei den Planungen für das ehemalige Wever-Areal in der Kreisstadt Bad Hersfeld sind diese Punkte von Bedeutung. "Die Blaupause liegt nebenan", sagte Clemens Exner und meinte damit den Schildepark.
Im Rahmen des Tages der Städtebauförderung informierte die Stadt mit den Planungsbüros am Montagabend an einem ungewöhnlichen Ort über den aktuellen Stand. Rund zwei Dutzend Menschen versammelten sich in der katholischen St. Lullus-Sturmius-Kirche. Statt Altar und Gebeten stand eine Leinwand für die Präsentation der Pläne im Mittelpunkt. Die imposante Kirche spielt in dem künftigen Quartier eine zentrale Rolle. Um ihr herum wird jedoch alles neu. Und zwar in zwei Bauabschnitten. Dies wurde nötig, weil bislang nicht klar war, ob die Kleiderwerke das Areal verlassen könne. Die Planer sind nun froh, dass die Hersfelder Kleiderwerke offenbar eine Lösung gefunden haben, im Helfersgrund eine entsprechende Immobilie für den künftigen Standort gefunden wurde. Sobald die Kleiderwerke umziehen können, werden die bisherigen Fabrikhallen abgerissen - oder neudeutsch: zurückgebaut.
Autos bleiben außen vor
Dafür sollen im Gebiet zwischen Bahnhofstraße, Seilerweg, Friedrich-Ebert-Straße und der Wilhelm-Wever-Straße der Lullushof, Tuchlagerhof und der Weverhof mit insgesamt 200 bis 300 Wohneinheiten entstehen. Innerhalb des Quartiers wird der Fahrzeugverkehr weitestgehend gesperrt. Vor allem entsprechende Poller und Kontrollen sollen verhindern, dass Autofahrer das Gebiet als Abkürzung nutzen. Die Anwohner sollen in Tiefgaragen parken können. Zwischen den Höfen sind Freianlagen mit viel Grün, Sitzgelegenheiten und Treffpunkte geplant. Der Lullus- und der Weverplatz bilden dabei ein "zentrales Gelenk" des Quartiers.Durch den Bebauungsplan sind die Nutzungskonzepte festgelegt. Für die einzelnen Höfe werden nun Investoren gesucht. Mit ihnen zusammen sollen dann die individuellen Planungen und Umsetzungen besprochen werden - im Rahmen der Vorgaben. Grundsätzlich ist als Heiztechnik die Kombination Wärmepumpen und Fotovoltaik geplant. Für ein zentrales Fernwärmekonzept fehle laut dem Leiter der Technischen Verwaltung Johannes van Horrick der Platz. Letztlich aber stehe die Stadt entsprechenden Planungen offen gegenüber. Spannend wird, was unter der Oberfläche geschieht. Clemens Exner von nh-Projektstadt und Ilka Raabe vom Architekturbüro "Schöne Aussichten" (beide Kassel) stellten die Konzepte vor.
Lebensqualität für und mit Bäumen
Auf dem Areal sollen 36 Bäume gepflanzt werden. Damit sich deren Wurzeln gut ausbilden und die Bäume groß werden können, ist ein besonderes Bewässerungssystem angedacht. Das Regenwasser von den umliegenden Dächern werde nicht in das Kanalsystem gespült, sondern in eine riesige unterirdische Zisterne mit einem Fassungsvermögen von 250 Kubikmeter (plus 150 Kubikmeter Löschwasser) gesammelt. Von dort werden die Wurzeln versorgt. Bei Starkregen und Überlauf fließt das Regenwasser in die angrenzende Geis. Auch ein Umpumpen ist möglich, ebenso eine Löschwasserversorgung. Bei der Auswahl der Baumarten werde darauf geachtet, dass die Pflanzen den klimatischen Änderungen möglichst gut gewappnet sind. Auch die Grünflächen sollen so bepflanzt werden, dass sich Insekten dort wohlfühlen - eben weg von den rasierten Rasenflächen. Bäume, Staudenmix und lebendige Grünflächen sollen die Qualität heben.Die Wohn- und Lebensqualität im Quartier spielt bei den Planungen eine große Rolle. Dazu gehören Schattenplätze und ein barrierefreier Zugang von außen, etwa über eine Treppe und Rampe von der Friedrich-Ebert-Straße aus. Im ersten Bauabschnitt soll zunächst das Areal rund um die Kirche und den Neubau des Gemeindezentrums realisiert werden. Dann folgte das Gebiet der Hersfelder Kleiderwerke. Die Nähe zum Bahnhof und zur Innenstadt sei vor allem für Berufspendler aus dem Rhein-Main-Gebiet, Studenten aus Kassel und ältere Menschen interessant. Diese Personengruppen würden jetzt schon nach Wohnraum in der Stadt nachfragen.
Die Sorge um genügend Parkplätze
Bei der anschließenden Fragerunde stand die Parkplatzsituation im Fokus. Der Stadt sei die Herausforderung bekannt. Van Horrik hat die Hoffnung, auch mit dem Landkreis eine Lösung zu finden - etwa mit einem gemeinsamen Parkhaus. Auch die Optimierung der Stellplatzvergabe im Parkhaus am Schildepark sei im Blick. Ob am Seilerweg zusätzliche Stellplätze möglich sind, hängt auch von den finanziellen Möglichkeiten ab und sei derzeit eher Wunschdenken.Bürgermeisterin Anke Hofmann freute sich über das große Interesse an dem Projekt. Das Quartier werde die Stadt bereichern, sagte Hofmann. Nun geht es an die konkrete Gestaltung, die Vermarktung und der baulichen Umsetzung. Das Quartier auf dem ehemaligen Wever Areal ist durchaus spannend und zeigt, wie sich der Städtebau in der Gegenwart und Zukunft entwickeln wird. (Hans-Hubertus Braune) +++
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