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24.07.12 - Bad Neustadt
Stadt ehrt Pfarrer Alois FRIEDRICH - mutiger Kämpfer gegen NS-Herrschaft
Pfarrer Alois Friedrich, geboren am 13. August 1868 in Bad Königshofen im Grabfeld, wirkte nicht nur vier Jahrzehnte als Dechantpfarrer der Stadtpfarrkirche Mariä Himmelfahrt in Bad Neustadt: Er ging als scharfer Kämpfer gegen den Nationalsozialismus in die Annalen der Geschichtsbücher ein. Posthum ehrte ihn die Stadt Bad Neustadt mit zwei nachhaltigen Erinnerungen. Bereits im Gottesdienst als Auftakt zum alljährlichen Pfarrfest der Stadtpfarrkirche Mariä Himmelfahrt erinnerte Stadtpfarrer Prälat Bernold Rauch an die Verdienste von Pfarrer Alois Friedrich. Friedrich erhielt die Priesterweihe am 1. August 1891, war danach Kaplan in Westheim, Elsenfeld, Dettelbach und Brückenau, ab 1897 wirkte er als Pfarrer von Nordheim am Main. Nach Bad Neustadt kam er 1904, schon ein Jahr später wurde er zum Dekan ernannt und 1929 zum Geistlichen Rat.
Pfarrer Friedrich war auch Ehrenbürger der Stadt. In der Zeit des Nationalsozialismus bezog er eindeutig Stellung gegen die seiner Meinung nach verworrene Weltanschauung des Nationalsozialismus. In seinen Predigten zog er eine klare Grenze zwischen dem Gedankengut des Nationalsozialismus und dem Inhalt des christlichen Glaubens. Wegen dieser eindeutigen Haltung erkannte ihm der Stadtrat unter Kreisleiter Ingebrand mit Beschluss vom 17. Oktober 1934 die Ehrenbürgerrechte wieder ab. Pfarrer Friedrich wurde in der Folge, angeblich wegen Abhörens ausländischer Sender, inhaftiert.
Er starb am 17. September in 1944 in Bad Neustadt, nur drei Wochen nach seiner Haftentlassung. Unter dem Vorwand von Luftschutzbestimmungen durfte sein Leichnam seinerzeit nicht in der Kirche aufgebahrt werden, der er so lange Zeit vorstand. Nach Ende des Krieges, am 3. Oktober 1946, hob der Stadtrat von Bad Neustadt den Beschluss über die Aberkennung der Ehrenbürgerechte wieder auf. Die totale Gleichschaltung hatte bei der Kirche ihre Schranken erfahren. Auch nach außen soll er Zeichen gesetzt haben gegen den Zeitgeist. Bei der Fronleichnamsprozession 1933 brach er mit der alten Tradition, nach der die beiden Bürgermeister zu beiden Seiten des Priesters unter dem Traghimmel einherschritten, um das Allerheiligste zu begleiten.
Pfarrer Friedrich wollte, dass die Begleitung künftig von der katholischen Kirchenverwaltung selbst übernommen werde, wenngleich er den Stadtrat sehr wohl zur Teilnahme an der Fronleichnamsprozession einlud. Dies jedoch fasste die NSDAP-Stadtratsfraktion als Provokation auf, sie blieb der Prozession daher geschlossen fern.
Als Pfarrer Friedrich am Sonntag nach Fronleichnam in der Frühmesse das Verhalten der Nationalsozialisten missbilligte und erklärte, sie hätten damit dem Satan einen Dienst erwiesen, schrie ihm der im Mittelgang stehende Kreisleiter ein lautes „Pfui" entgegen. Friedrich musste in der Presse einen Schmähartikel hinnehmen, in der seine angeblich verwerfliche Kanzelpolitik gegenüber der Regierung angeprangert wurde. Dem „auf Staatskosten amtierenden Geistlichen" wurde weiter persönlicher Hass und „Aufwiegelung der Leute" vorgeworfen.
Am Abend des 26. Juni 1933 zogen örtliche NSDAP-Mitglieder und SA-Männer unter Führung von Kreisleiter Ingebrand vor das Pfarrhaus in Neustadt und erhoben laut Protest gegen ein von Pfarrer Friedrich herausgegebenes „Flugblatt". Über ein Jahr später, am 17. Oktober 1934 erhob Ingebrand erneut „Klagen" im Stadtrat über den Geistlichen Rat Friedrich, weil der seit langer Zeit den Nationalsozialismus bekämpfe.
So hatte er in der Sonntagspredigt vom 14. Oktober 1934 ein Lied der Partei-Organisation (gemeint war das blutrünstige Lied der SS: „Wetzt die langen Messer...") scharf verurteilt, das Judentum in Schutz genommen und abfällige Äußerungen über Gliederungen der Partei gebraucht.
Nach dem Ende des „Tausendjährigen Reiches", als wieder demokratische Verhältnisse das kommunale Leben bestimmten, widerrief der neue Stadtrat am 3. Oktober 1946 die Aberkennung der Ehrenbürgerwürde. Die Pfarrgemeinde Mariä Himmelfahrt hält das Gedenken an ihren mannhaften Bekennerpfarrer am Priestergrab auf dem Stadtfriedhof in Ehren. „Dieser mutige Pfarrer darf nicht in Vergessenheit geraten", so Rauch. Zusammen mit Bürgermeister Bruno Altrichter und vor den Augen der Gläubigen enthüllte er die Tafel „in Respekt vor dem Mut Friedrichs", auf der linken Seite des Nebeneingangs zur Kirche. Der gesamte Platz, bislang „Kirchpforte" genannt, trägt nun seinen amen. Auf dem Foto: Enthüllten die Umbenennung der ehemaligen Kirchpforte in „Pfarrer Alois-Friedrich-Platz": Bürgermeister Bruno Altrichter und Diakon Wolfgang Dömling mit Stadtpfarrer Bernold Rauch. Eine Tafel am Nebeneingang der Stadtpfarrkirche erinnert seit Sonntag an den mutigen Pfarrer. +++