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Christian Schmidt - Foto: Gudrun Schmidl

BAD HERSFELD Festspiel-Stars im Portrait (10)

Christian SCHMIDT: "Auf der Bühne muss man Farbe bekennen"

HINTERGRUNDIn dieser Reihe stellt OSTHESSEN|NEWS wöchentlich einen oder mehrere Festspiel-Stars der Spielzeit 2015 im Portrait vor. Wir haben die Darsteller in der Festspielstadt besucht und mit ihnen über ihre Rollen, Bad Hersfeld und andere Highlights gesprochen.

01.07.15 - „Was sein muss, kommt zur rechten Zeit,“ ist die Erfahrung von Christian Schmidt, der derzeit mit doppelten Doppelrollen bei den Bad Hersfelder Festspielen für Furore sorgt und damit nicht nur das Publikum begeistert, sondern auch die unabhängige Jury aus Theaterkritikern überzeugen konnte, ihn mit dem diesjährigen „Großen Hersfeldpreis“ auszuzeichnen. Er weiß, dass man in seinem Beruf einen langen Atem braucht, Durststrecken überwinden muss, um dann wieder Erfolge zu feiern. 

Engagiert wurde Schmidt für die Doppelrolle des Theseus und Oberon in den „Sommernachts-Träumereien“ in der Inszenierung von Joern Hinkel. Durch den krankheitsbedingten Ausfall des Hauptdarstellers neun Tage vor der Premiere bekam er die einmalige Chance, die Doppelrolle des Antipholus in der „Komödie der Irrungen“ in der Inszenierung von Dieter Wedel zu übernehmen. „Vormittags wurde ich gefragt, ob ich mir vorstellen kann, kurzfristig einzuspringen.“ Bevor er zusagte, sah er sich noch am gleichen Tag die Probenarbeit an, um die Machbarkeit zu überprüfen, denn für den Schauspieler muss ein Stück durchdacht sein. „Dieter Wedel ist sehr genau darin, die einzelnen Figuren psychologisch herauszuarbeiten und Spannungen zwischen den einzelnen Charakteren aufzubauen. Seine klaren Arrangements helfen sehr, sich in das Ensemble einzufügen.“ Nach dieser Erkenntnis gab es für ihn nicht mehr viel zu überlegen. Er nahm das überraschende Angebot an, obwohl er dieses Stück nur vom Lesen kannte.

Die Zusammenarbeit mit Schauspielgrößen wie Heinz Hoenig, mit dessen Biografie er aufgewachsen ist, genießt er sehr. „Es gibt keine Eitelkeiten, die Proben verliefen hochprofessionell“. Besonders dankbar ist er für die Aufmerksamkeit, mit der er als „Neuzugang“ unter anderem von Matthieu Carriére bedacht wurde. Auf der großen Bühne der Stiftsruine zu stehen, ist für Christian Schmidt „ein erhabenes Gefühl, ein echtes Kraftzentrum.“

Die ebenso professionellen Proben zu den „Sommernachts-Träumereien“ im Stiftsbezirk profitierten seiner Meinung nach von einer gewissen „Lagerfeueratmosphäre.“ Zwischen Katharinenturm und Apsis zu spielen, ist eine ganz andere Herausforderung, geprägt von der Naturbühne und den Wetterkapriolen, denen man ausgeliefert ist. „Außerdem wird hier bei Tageslicht gespielt. Da bist du auf dich als Schauspieler angewiesen und hast wenige Tricks anzubieten“. Überhaupt empfindet er die Inszenierung durch den Einsatz von über vierzig Kleindarstellern aus Bad Hersfeld und der Region als sehr viel offener und improvisierter, was seines Erachtens dem Stück sehr gut tut. „Auf der Bühne muss man Farbe bekennen, der respektvolle Umgang mit Kollegen ist in beiden Ensembles gleichermaßen gut“.

Schon 1999 verbrachte er in der Festspielstadt einen für ihn persönlich „unglaublich schönen Sommer“. Unter der Regie von Karl-Herrmann Risse spielte er den Claudius in „Viel Lärm um nichts“ und war Ensemblemitglied im Musical „Evita“. „Ich hatte ein bisschen Schiss, ob ich das in diesem Jahr toppen kann“, gibt er zu. Im vergangenen Jahr besuchte er eine Vorstellung von Friedrich Schillers Drama „Maria Stuart“ in der Inszenierung von Holk Freytag, die ihn sehr begeisterte. Die gedrückte Stimmung im Ensemble und in der Festspielstadt blieb ihm bei diesem kurzen Aufenthalt nicht verborgen. In der laufenden Festspielsaison erlebt er eine unglaubliche Aufbruchstimmung und Freude im Kollegenkreis und in der Bevölkerung. Die Neuerungen in und um die Stiftsruine herum begrüßt der Schauspieler sehr. „Festspiele sind ein Fest, das muss man feiern“. Für sich selbst stellt er zufrieden fest: „Ich konnte nahtlos weitermachen wie vor sechzehn Jahren.“

Christian Schmidt studierte von 1990 bis 1994 an der renommierten Schauspielschule Ernst Busch in Berlin-Schöneweide. „Mein Studium begann genau zur richtigen Zeit“, betont der in Halle an der Saale geborene Schauspieler, der die Vorteile, im Osten in einem geschlossenen System sozialisiert zu sein, durchaus zu schätzen wusste, sich in seiner Generation dennoch als Gewinner der Wende und in seiner künstlerischen Freiheit bevorzugt sieht. Der gefragte Theaterschauspieler, der mit der Schauspielerin Catherine Stoyan verheiratet ist, wurde in der breiten Öffentlichkeit durch zahlreiche Kino- und Fernsehfilme und Serien wie zum Beispiel, „Tatort“, „Der Baader Meinhof Prozess“ oder „Der Landarzt“ bekannt. Eine besonders schöne Erfahrung teilt der Schauspieler mit seinem Vater Carlo, mit dem er zu dessen 45. Bühnenjubiläum in dem Stück „Endspiel“ von Samuel Beckett in der Inszenierung von Bernhard Stengele gemeinsam auf der Bühne des Main-Franken Theaters in Würzburg stand. Seine Tochter Lara wird die Familientradition fortführen. Gerade hat sie den Eignungstest für die Schauspielschule bestanden.

„Will ich überhaupt, dass es mich zweimal gibt?“ Diese Frage erübrigt sich für den durchtrainierten 45-Jährigen. Christian Schmidt jagt am Sonntag, 12. Juli, letztmalig durch den Sommernachtswald. Am Mittwoch, den 22. Juli, steht die erste von insgesamt zehn Aufführungen des zweiten Blocks der „Komödie der Irrungen“, ebenfalls aus der Feder von William Shakespeare, auf dem Programm. Dann kann er in seinen Doppelrollen noch einmal seine preisgekrönte darstellerische Leistung unter Beweis stellen.

Im nächsten Jahr freut er sich auf eine neue berufliche Herausforderung. Am Theater Altenburg/Gera inszeniert er Schillers „Jungfrau von Orléans“. Einer Rückkehr zu den Bad Hersfelder Festspielen 2016 steht er aufgeschlossen gegenüber. Weitere Informationen und Tickets unter www.bad-hersfelder-festspiele.de. (Gudrun Schmidl) +++


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