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André Eisermann in der Rolle des Zettel. - Fotos: Hans-Hermann Dohmen

BAD HERSFELD Festspiel-Stars im Portrait (15)

André EISERMANN: Über Unterhaltung und den Reiz des Scheiterns

HintergrundIn dieser Reihe stellt OSTHESSEN|NEWS wöchentlich einen oder mehrere Festspiel-Stars der Spielzeit 2015 im Portrait vor. Wir haben die Darsteller in der Festspielstadt besucht und mit ihnen über ihre Rollen, Bad Hersfeld und andere Highlights gesprochen.

10.07.15 - Einen Menschen ermorden, einen Menschen in eine Gaskammer stecken, jahrelang in einer dunklen Höhle sitzen, sich selbst töten: das sind viele schmerzliche Erfahrungen für ein Menschenleben. Das sind alles Erfahrungen, die André Eisermann gemacht hat. Zumindest in seinen Rollen. Aber er hat auch Ballett getanzt, er hat Oper und Musical gesungen, er hat aus vollem Herzen geliebt. „Das Theater führt dich in sämtliche Abgründe, aber auch in sämtliche Höhen“, so sagt Eisermann selbst. Mit OSTHESSEN|NEWS hat er über die Emotionen des Theaters, seine Rolle als „Zettel“ bei den Hersfelder Festspielen und die Macht des Publikums gesprochen.

Es begann mit dem "Zettel"

 „Ich wollte schon immer Schauspieler werden“, so Eisermann. Das hat viel mit seiner Herkunft zu tun, denn Eisermann wurde 1967 in eine Schaustellerfamilie hineingeboren und verbrachte seine Kindheit auf Jahrmärkten. „Ich war mit Mäuseschluckern und Doppelmenschen zusammen. Ich habe schon als Kind das Bedürfnis verspürt vor einem Publikum zu stehen“.

Mit 21 Jahren begann Eisermann seine Schauspielausbildung an der Münchner Otto-Falckenberg-Schule. Damals sprach er den „Zettel“ aus Shakepeares „Sommernachtstraum“ vor – es ist also bei weitem nicht das erste Mal, dass er mit dieser Rolle und dem Stück in Verbindung tritt. Im Gegenteil: Eisermann spielte 1996 den „Puck“ bei den „Salzburger Festspielen“ unter der Regie von Leander Haußmann und tanzte den „Zettel“ an der deutschen Oper in Berlin.

Es ist eine Rolle, die mit jedem Schauspieler etwas zu tun habe, vor allem in der Art und Weise wie er sich gibt und argumentiert. „So zu sein wie er, liegt mir nicht fern“, sagt der 47-Jährige. Trotzdem werde die Rolle mit jeder Aufführung ein Stück anders sein. Das liegt vor allem am Publikum. „Eine Rolle entsteht auf der Bühne während der Aufführung vor Publikum und sie entsteht jedes Mal neu“. Das Publikum sei die einzige Instanz, der man als Schauspieler gegenüber stehe. Deswegen sei das Ganze auch so spannend.


Der Reiz des Scheiterns

„Der Reiz am Theater liegt darin, dass du nicht mehr zurückkannst. Ich habe einmal den Conferencier in „Cabaret“ am Theater in der Josefstadt in Wien gegeben. Da stand ich am Anfang hinter einer Spiegelwand, die öffnet sich für meinen Auftritt. Und dann stand ich da und begann mit dem Titel "Willkommen" das Stück.“ Bei allem Lampenfieber („das ist die Angst vor dem Scheitern“) sei es entscheidend, dass man auftritt. In diesem Augenblick gibt es kein zurück mehr. man muss da raus.

Dabei könne es auch passieren, dass man scheitert. „Aber lieber scheitern, als etwas nicht ausprobiert zu haben“, sagt André Eisermann. Deswegen habe er auch schon Ballett getanzt, eine Oper gesungen, ein Buch über sein Leben geschrieben: "Es interessiert mich Dinge zu tun, die ich gar nicht kann. Aber es sind Dinge, bei denen ich etwas lerne. So suche ich mir auch meine Rollen aus. Ich frage mich: was bringt es mir, wenn ich diese Rollen spiele? Was bringt es dem Zuschauer, der unterhalten werden möchte?" In dem Wort Unterhaltung steckt ja auch das Wort "Haltung", so der Schauspieler. Eine solche sollte man auch haben wenn man auf der Bühne steht. Dabei gäbe es Rollen, die weniger und Rollen, die sehr nachhaltig sind. „Kaspar Hauser“ und der Elias in „Schlafes Bruder“ seien solche Rollen gewesen. Damit gelang André Eisermann in den 90er Jahren der internationale Durchbruch und er erhielt zahlreiche Preise. „Schlafes Bruder“ wurde sogar für den Golden Globe in Hollywood nominiert.

„Manchmal gehe ich mit einer Rolle schwanger, weil sie mich so sehr beschäftigt". Das sei nicht immer einfach, vor allem wenn man etwas abgrundtief Böses auf der Bühne oder im Film machen müsse. Die Leistung eines Schauspielers, der Erfolg seiner Arbeit hänge auch viel mit dem Regisseur zusammen und seiner Art mit den Schauspielern umzugehen. Mit George Tabori hat Eisermann viel und unglaublich gern zusammengearbeitet. Auch wenn bei George Tabori nicht im herkömmlichen Sinn probiert, bzw. Regie geführt wurde. "George mochte dieses Wort Regisseur nicht." Er war ein Spielmacher und das wichtigste in seinen Arbeiten war immer das es zur Premiere kommt. "Der Text ist der größte Feind des Schauspielers", habe Tabori immer gesagt. Wenn der Schauspieler seinen Text nicht beherrscht und anfängt, über ihn nachzudenken, wird er zu einem Problem.

Comeback in Bad Hersfeld

In Bad Hersfeld spielt André Eisermann in den „Sommernachtsträumereien“ unter der Regie von Joern Hinkel. „Ich genieße die Zeit in Bad Hersfeld sehr. Es ist eine so schöne Atmosphäre und immer etwas Besonderes da draußen im Stiftspark zu spielen. Man hört die Vögel zwitschern, man riecht die Wiese, man spielt bei Tag – das Ganze hat etwas von dem Theater, wie es vor 200 Jahren gespielt wurde.“ Vor allem mit seinem Handwerkerteam und den Kollegen habe er sehr viel Spaß. „Theater ist eine gemeinschaftliche Kunst, eine Ensemblekunst. Wo einer für alle und alle für die gemeinsame Sache eintreten.

Da schon lange alle Vorstellungen der "Sommernachtsträumereien" ausverkauft sind, wird es am Montag (13.07.2015) eine Zusatzvorstellung geben. Wer André Eisermann nicht nur als Zettel sehen möchte, der könnte Glück haben. Mit seiner hoch umjubelten spoken word performance zu Goethes "Die Leiden des jungen Werther" will der Schauspieler im Herbst nach Bad Hersfeld zurückkehren. Man darf gespannt sein auf einen Mann, der in alle Rollen schlüpfen kann, der die Höhen und Tiefen der menschlichen Seele durch seine Schauspielerei immer wieder aufs Neue ergründet. (Anne Baumann) +++


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