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Kids retten Leben: 400 Schüler stellen sich dem Reanimationstraining
06.12.17 - Zaghaft greift Lennard nach seinem Handy und wiegt es unschlüssig in seinen Händen. Nach einem kurzen Moment des Zögerns fasst sich der Elfjährige ein Herz und wählt die 112. Schließlich gilt es, ein Leben zu retten. Spielerisch vermittelt die Aktion des Rotenburger Herz-Kreislauf-Zentrums (HKZ) „Hersfeld-Rotenburger Kids retten Leben“ Wissen rund um Erste Hilfe und Wiederbelebung. Ein immens wichtiges Themenfeld, das – im Gegensatz zu Skandinavien – nicht im deutschen Lehrplan verankert ist.
„Wir wollen mit unserem Reanimationstraining für Fünftklässler Kindern die Angst nehmen, im Notfall zu helfen“, erläutert Professor Dr. Holger Nef. „Zudem möchten wir ein Zeichen setzen, dass Wiederbelebung ‚kinderleicht‘ bewerkstelligt werden kann.“ Lennard hat sich dem Praxistest gestellt: Rund 400 Schüler aus dem Landkreis Hersfeld-Rotenburg, die sich im Durstewitzsaal des HKZ eingefunden haben, verfolgen, wie der mutige Fünftklässler seinen ersten Notruf absetzt. „Der Anruf hat mich mordsmäßige Überwindung gekostet“, sagt Lennard.
Reanimation. Stabile Seitenlage. Absetzen des Notrufs. Begehbares Herz entdecken. Rettungswagen und Herzkatheterlabor unter die Lupe nehmen. Alle diese Stationen durchlaufen die 17 Schulklassen. Konzentriert beugen sich Seraphia und Fatima über die Übungspuppe, um gemeinsam in die Welt der Herz-Lungen-Wiederbelebung einzutauchen. „Wir finden den Aktionstag gut, weil man hier lernt, wie man Leben retten kann“, bekräftigen die beiden zehnjährigen Mädels.
Im Herzkatheterlabor ringt ein Plüschpinguin, der einen Herzinfarkt erlitten hat, um sein Leben. Neugierig verfolgen die Fünftklässler, wie dem „Patienten“ ein dünner Schlauch, der Herzkatheter, über ein Gefäß bis zum Herzen vorgeschoben und ein Stent, ein kleines, aus Drahtgeflecht bestehendes Röhrchen, eingesetzt wird.
Begeistert sind die jungen Lebensretter vom begehbaren Herzen. Zusammen wagen sie eine Reise durch die vier Herzkammern und hören den Herzschlag mit einem echten Stethoskop ab. „Wiederbelebung ist einfach“ – das haben die Teilnehmer der Kampagne „Hersfeld-Rotenburger Kids retten Leben“ verinnerlicht. Die HKZ-Experten werden nicht müde, ihnen zu versichern, dass es unwahrscheinlich ist, als Laie einen Schaden anzurichten. Stattdessen könne durch Wiederbelebungsmaßnahmen die Überlebenschance verdoppelt bis vervierfacht werden.
Hintergrund: In Kooperation mit dem Deutschen Rat für Wiederbelebung (GRC) und dem Rotenburger DRK sowie mit der Unterstützung des Unternehmens B. Braun Melsungen hat das HKZ die Kampagne ins Leben gerufen. Am Dienstagvormittag feierte „Hersfeld-Rotenburger Kids retten Leben“ Premiere. Fazit des Tages: 400 junge Lebensretter haben sich im wahrsten Wortsinn ein Herz gefasst. (Stefanie Harth) +++