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Der Fachmann versteht es, wirtschaftliche Zusammenhänge spannend darzulegen. - Fotos: Yannik Overberg

REGION Creditreform-Geschäftsführer Busold

Sollten uns die steigenden Insolvenzzahlen Sorgen bereiten?

03.08.23 - Wirtschaftspolitik kann ein trockenes Thema sein. Muss es aber nicht, wenn Daten und Fakten so anschaulich vermittelt werden, wie Wolfram Busold dies vermag. Der 45-Jährige ist Geschäftsführer der Wirtschaftsauskunftei/Inkassobüro Creditreform Kassel/Fulda Schlegel & Busold KG. Beim Redaktionsgespräch mit OSTHESSEN|NEWS geht es um die aktuelle wirtschaftliche Situation in Osthessen - dies gerade vor dem Hintergrund gestiegener Insolvenzzahlen.

Generell bewertet Busold die Lage in unserer Region mit gut. "Der große Vorteil liegt darin, dass die heimischen Unternehmen so breit aufgestellt sind. Die Palette reicht von kleinen, familiär geführten Betrieben über den Mittelstand bis hin zu Konzernen. Dieser Mix erweist sich als relativ robust und hat dafür gesorgt, dass wir gut durch die Krisen wie die Corona-Pandemie gekommen sind. Gerade da war ja eine ganz besondere Situation gegeben". Ein Beleg hierfür sei auch die seit jeher niedrige Arbeitslosenquote. Busolds Fazit zu diesem Punkt: "Unsere Region ist stets gut mit schwierigen Herausforderungen umgegangen, es gab keine größeren Einschläge".

Vor dem Gespräch bei O|N: Creditreform-Geschäftsführer Wolfram Busold. ...

Creditreform-Experte Wolfram Busold (links) im Gespräch mit O|N-Redakteur Bertram ...

Gleichwohl muss der Experte konstatieren, dass im Landkreis Fulda die Insolvenzzahlen im 1. Halbjahr 2023 wie deutschlandweit erstmals seit der Corona-Pandemie wieder gestiegen sind: So wurden zwischen Januar und Juni 20 Unternehmensinsolvenzen registriert. Das sind 81,8 Prozent mehr als im 1. Halbjahr 2022 (11 Fälle). Im 1.  Halbjahr 2023 sei der höchste Halbjahreswert seit 2020 erreicht worden. 

"Die enormen Kostenbelastungen durch zu hohe Energie- und Materialpreise zeigen Wirkung. Nach Jahren sinkender Insolvenzzahlen hat sich der Trend gedreht", betont Busold im O|N-Gespräch weiter. Verschärft habe sich der Gegenwind auch durch das schlechte Konsumklima. "Die Inflation verunsichert Verbraucher und bremst die Kauflaune deutlich", so der Creditreform-Geschäftsführer.

Ein verzerrtes Bild

Der 45-Jährige merkt noch etwas anderes an:  "Erinnern wir uns an die Corona-Pandemie. Damals gab es für Unternehmen viele finanzielle Hilfen und andere monetäre Maßnahmen. Dies führte dazu, dass sich ein verzerrtes Bild ergeben hat, durch das der Ist-Zustand nicht abgebildet wurde. Jetzt werden für viele Betriebe die großzügig verteilten Staatsgelder der Vergangenheit zum Bumerang. Die Rückzahlungen der Hilfen und teils verschleppte Anpassungen des Geschäftsmodells führen bei dauerhaft steigenden Zinsen letztlich in die finanzielle und wirtschaftliche Sackgasse". 

Der Experte weiter: "Zusammenfassend kann man für das 1. Halbjahr 2023 resümieren, dass die Energiepreisinflation die Konjunktur in Deutschland hart getroffen und zu deutlichen Kostensteigerungen bei den Unternehmen geführt hat. Gleichzeitig bremsten Inflationsbekämpfung und Unsicherheit den Konsum und die Nachfrage". So sei die deutsche Wirtschaft in eine Rezession gerutscht, zahlreiche Unternehmen seien in Schieflage geraten. Im weiteren Jahresverlauf dürfte sich der aktuelle Trend steigender Insolvenzzahlen fortsetzen. Gefährdet seien in erster Linie der Dienstleistungsbereich, gefolgt von Handel, dem Bausektor und dem verarbeitenden Gewerbe.

Busold: "Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die Unternehmen bleiben durch die Inflation und auch durch die Zinswende sehr angespannt. Die Zahl der Zahlungsausfälle könnte sich in den kommenden Monaten sogar noch beschleunigen". Die Forderungslaufzeiten in der deutschen Wirtschaft erhöhten sich im 1. Halbjahr 2023 leicht auf durchschnittlich 40,70 Tage (Vorjahreszeitraum: 40,31 Tage). Gleichwohl sei die sogenannte Außenstandsdauer branchenübergreifend niedriger als vor der Corona-Zeit. Ursächlich hierfür sei insbesondere die Kürzung der Zahlungsziele, die 2021 begann und sich fortsetzte.

An Herausforderungen warteten auch weiterhin Inflation, der Fachkräftemangel, die Zinswende und die vielschichtigen Folgen des Ukrainekrieges auf Bürger und Betriebe. Gleichwohl sei er, so Busold, "vorsichtig optimistisch", was die Region Osthessen angehe. Die Zahl der Insolvenzen werde sich auf einem gewissen Niveau einpendeln, "und ich glaube nicht, dass es bei uns in naher Zukunft eine große Insolvenz-Welle geben wird". 

Wolfram Busold hatte bereits im März bei einem exklusiven Redaktionsgespräch ausführlich Stellung zur wirtschaftlichen Lage in Osthessen bezogen. (Bertram Lenz) +++


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