St.-Vinzenz-Geschäftsführer Sven Haustein: "Es gibt überall lange Wartelisten!"
14.12.24 - Immer noch melden sich bei OSTHESSEN|NEWS Bewohner, Angestellte und ehemalige Mitarbeitende sowie Angehörige diverser Pflegeeinrichtungen in der Region - vor allem aber Betroffene aus Mittelkalbach, die über eklatante Missstände berichten. Wir haben dazu bei den regionalen Betreibern von Pflegeeinrichtungen nachgefragt, wie sie die Lage beurteilen.
Sven Haustein, Geschäftsführer der St. Vinzenz Soziale Werke gGmbH mit Sitz in Fulda, betont, dass er konkret zu der Situation des Pflegeheims in Mittelkalbach nichts sagen könne, weil er die dortigen Verhältnisse nicht aus eigener Anschauung beurteilen könne. Tatsächlich verzeichneten die St. Vinzenz unterstehenden Einrichtungen aber gerade vermehrte Nachfragen nach Pflegeplätzen, denen aber wegen langer Wartelisten in allen Einrichtungen nicht nachgekommen werden könnte. "Allein im Seniorenheim St. Elisabeth, einer der größten Einrichtungen von St. Vinzenz in Marburg, stehen 400 Leute auf der Warteliste. Im Marienheim in Fulda sind es immerhin 50", verdeutlicht er.
Haustein beklagt den Investitionsstau, der derzeit in fast allen Einrichtungen vorherrsche. So würde St. Vinzenz als Träger liebend gern das voll belegte Heim St. Katharinen in Flieden mit einem Anbau versehen, um 20 weitere Pflegeplätze vorhalten zu können, die dringend benötigt würden. Doch das sei wegen der momentanen Finanzierungslage nicht darstellbar, man könne die notwendigen Darlehen nicht bedienen - ganz abgesehen davon, dass das dafür notwendige Personal nicht vorhanden sei. Über diesen offensichtlichen Missstand klagten alle Einrichtungen. "Bei einer Erkältungs- oder Grippewelle wie gerade jetzt kommen alle Pflegeeinrichtungen ganz schnell an ihre Grenze, wenn sich gleichzeitig mehrere Mitarbeitende krankmelden", erklärt Haustein. Deshalb sei es an der Tagesordnung, dass auch die Pflege- und Einrichtungsleitungen bei solchen personellen Engpässen selbst einspringen müssten, obwohl sie mit administrativen Aufgaben genug zu tun hätten.
Ganz wesentlich sei bei solchen Personalausfällen, dass ein Notfallplan greife. Das sei bei einer Institution wie St. Vinzenz mit acht Pflegeeinrichtungen zum Glück kein Problem, man helfe sich dann gegenseitig aus. "Das können oft nur Träger kompensieren, die mehrere Einrichtungen in einer Region betreiben", so Haustein. Auf Leihkräfte müsse man zum Glück nur in absoluten Ausnahmefällen zurückgreifen. Deren Einarbeitung koste ja auch Zeit und Energie und in der Altenpflege sei es immens wichtig, dass die Pflegekräfte die Heimbewohner kennen und gut mit ihnen vertraut seien, um schnell auf etwaige Veränderungen reagieren zu können. "Ich wünsche der Einrichtung in Mittelkalbach auf jeden Fall, dass sie die Kurve kriegen und die Probleme schnell bewältigen können", so Haustein.
Image anderer Pflegeeinrichtungen in Gefahr
Das DRK Fulda betreibt allein im Landkreis Fulda fünf Seniorenpflegeheime, darunter das Seniorenzentrum "Am Roten Rain" in der Gemeinde Petersberg. Markus Otto, Leiter Geschäftsbereich Senioren, erklärte auf Nachfrage: "Wir hatten jetzt die ein oder andere Anfrage von Bewohnern, die gern in ein Haus vom DRK einziehen würden." Das seien aber nur vereinzelte Anfragen gewesen, da sie geografisch weiter weg liegen. Man habe dies notiert, könne aber nicht direkt neue Bewohner aufnehmen. "Das Thema Pflege kommt leider wieder negativ in die Schlagzeilen und verdeckt, was wir jeden Tag in den Häusern des DRK leisten. Wir müssen uns ein Stück mehr anstrengen, damit das auch gesehen wird.""Die aktuellen Nachrichten aus Kalbach möchten wir nicht kommentieren. Sie belasten aber das gute Image der Pflegeeinrichtungen in unserer Region stark", sagt Oliver Kropp, geschäftsführender Gesellschafter der KROANA Holding GmbH, auf OSTHESSEN|NEWS-Nachfrage. Die Fuldaer Unternehmerfamilie Kropp betreibt seit mehr als drei Jahrzehnten unter der Marke Mediana vier vollstationäre Seniorenpflegeeinrichtungen, eine Fachpflegeeinrichtung und einen ambulanten Pflegedienst in Fulda und Hünfeld. Insgesamt werden rund 1.000 Mitarbeiter beschäftigt. "Wir sind regional verankert und haben für unsere Bewohner eine große Verantwortung, der wir mit hochwertiger Pflege und engagiertem Personal gerecht werden. Dafür stehen unsere Mitarbeiter und wir als privater Träger."
Sollte es zu krankheitsbedingten Ausfällen kommen, gebe es bei Mediana verschiedene Backup-Szenarien. Je nach Umfang des Personalausfalls könne entweder durch Einsatz eigener Mitarbeiter – nötigenfalls auch aus anderen Mediana Einrichtungen oder Medina Mobil - die Pflege aufrechterhalten werden. Stehen eigene Mitarbeiter nicht in ausreichendem Umfang zur Verfügung, werden Personalengpässe auch durch den Einsatz von Leasingkräften überbrückt. Hier konnte Mediana über die vergangenen Jahre einen verlässlichen Pool von Anbietern aufbauen, so dass selbst in Zeiten mit unerwartet hohen oder nur schwer vorhersehbaren Personalausfällen, wie sie etwa während Corona auftraten, eine Versorgung auch äußerst kurzfristig sichergestellt werden konnte. "Uns ist es wichtig, dass die Region in der Pflege auch zukünftig einen guten Ruf hat. Mit den namhaften Trägern in unserem Umfeld stehen wir deshalb immer in einem kollegialen Austausch."