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20.07.12 - REGION

EU-Kommissare ermitteln: Fließt zuviel Kali-Salzwasser in die Werra?

Wegen der Einleitung von Salzwasser hat die EU-Kommission am 22.Juni 2012 gegen die Bundesrepublik Deutschland ein sogenanntes Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Zahlreiche Kommunen, Unternehmen und Fischereiverbände beklagen seit geraumer Zeit eine EU-Rechtsverletzung durch die Laugen-Einleitung durch K+S. Die Presseerklärung der Interessengemeinschaft Werra-Weser-Anrainerkonferenz e.V. im Wortlaut:

"Die EU-Kommission hat am 22. Juni 2012 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland eröffnet, weil diese im Zusammenhang mit der Werraversalzung Vorschriften der EG-Wasserrahmenrichtlinie nicht beachtet hat. Dies wurde durch ein Schreiben der Europäischen Kommission an Prof. Dr. Breuer (Köln) bekannt, dem Rechtsbeistand der Anrainer-Klagegemeinschaft. Anrainer der Flussgebietsgemeinschaft Weser hatten sich in mehreren Klagen gegen Genehmigungen gewandt, mit denen der K+S Kali GmbH die Erlaubnis erteilt worden ist, die Werra in einem europaweit einmaligen Ausmaß zu verunreinigen. Diese Klagen waren vom Verwaltungsgericht Kassel aus formalen Gründen abgelehnt worden.

Der Bitte, wegen der europarechtlichen Bedeutung frühzeitig den Europäischen Gerichtshof einzuschalten, waren die Gerichte nicht gefolgt. Schon im Jahre 2009 haben sich deshalb die Anrainer, vertreten durch Prof. Breuer, mit einer Beschwerde an die EU-Kommission gewendet. In den folgenden Jahren sind weitere Beschwerdegründe hinzugekommen: die Fortschreibung des Härtegrenzwertes in der Werra (2010), die die Erlaubnis zur Fortsetzung der Laugenverpressung in den Untergrund (2011) und die Erlaubnis für die Einleitung der Abwässer aus dem Fuldarevier in die Werra (2012). Auch ein Vertrag zwischen der Verursacherländer Hessen und Thüringen und der K+S Kali GmbH („Öffentlich-rechtliche Vereinbarung“) widerspricht den Fristen und den Zielen der EG-WRRL.

Das Verfahren richtet sich gegen die Bundesrepublik, weil sie der Vertragspartner innerhalb der Europäischen Union ist. Die Bundesrepublik wird aufgefordert sein, die Einhaltung der europäischen Verordnungen in den Verursacherländern Hessen und Thüringen durchzusetzen. Die Einleitung des Vertragsverletzungsverfahrens hat auch weit reichende Folgen für noch nicht rechtskräftige Erlaubnisse. Dies betrifft aktuell den Bau der Pipeline aus dem Fuldarevier an die Werra. Die hessische Landesregierung muss Schaden abwenden, der dadurch entsteht, dass K+S 50 Mio. Euro in eine Pipeline investiert, deren Benutzung nach Ansicht der EU-Kommission rechtswidrig ist. Die K+S Kali GmbH hat sich durch ihre starre Verweigerungshaltung in eine sehr schwierige Situation gebracht und Arbeitsplätze gefährdet.

Sie wird nun nicht länger verweigern können, den technologischen Rückstand bei den Abbau- und Aufbereitungsverfahren aufzuholen und genau dort zu investieren, wo eine nachhaltige Lösung zu erwarten ist. Der so genannte Runde Tisch wird realisieren müssen, dass er sich mit der Fiktion einer Abwasserpipeline an die Nordsee hat in die Irre führen lassen. Damit waren weder die Fristen der Wasserrahmenrichtlinie einzuhalten noch konnten deren Ziele erreicht werden.

„Die Anrainer von Werra und Weser fühlen sich in ihrer Arbeit bestätigt. Sie haben das erreicht, was mittelfristig zu erreichen war: die Anerkennung ihrer Rechtsposition durch die EU-Kommission. Jetzt wird es darauf ankommen, die Lösungen zu finden, denn es stehen Arbeitsplätze auf dem Spiel. Noch ist es nicht zu spät. Die Werra-Weser-Anrainerkonferenz e.V. hat mit der Ermittlung des internationalen Standes der Technik in der Kali-Industrie die entscheidenden Hinweise gegeben.“, so Dr. Walter Hölzel, Vorsitzender der Werra-Weser-Anrainerkonferenz e.V."

Pressemitteilung der Bürgerinitiative „Für ein lebenswertes Werratal“, ebenfalls im Wortlaut:

"Durch die Einleitung des Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission am 22.06.2012 fühlen wir uns in unserer Arbeit bestätigt. Wir als Bürgerinitiative haben gemeinsam mit den Werra-Weser-Anrainern über Jahre hinweg K+S aufgefordert, einen Kurswechsel bezüglich ihrer Produktions- und Entsorgungspraxis vorzunehmen. Dabei haben wir immer wieder auf die massive Verletzung deutschen und europäischen Umweltrechts hingewiesen. Doch K+S ist bei seiner starren Haltung geblieben und war nicht bereit, bei den Abbau- und Aufbereitungsverfahren den Stand der Technik zu realisieren und ernsthaft alternative Entsorgungswege in Betracht zu ziehen. Auch das Regierungspräsidium Kassel hatte - zuletzt selbst gegen den Widerstand der thüringischen und hessischen Fachbehörden – die starrsinnige und ausschließlich auf Gewinnmaximierung ausgerichtete Haltung des Konzerns unterstützt. Wieder wurde eine Chance für eine zukunftssichere Entsorgungspolitik zum dauerhaften Erhalt der Arbeitsplätze in der Kaliindustrie verpasst.

Deshalb hat nun die EU-Kommission die Reisleine gezogen und die Bundesrepublik Deutschland mittels Vertragverletzungsverfahren aufgefordert, der EG-Wasserrahmenrichtlinie gerecht zu werden. Die Genehmigungsbehörden und vor allem K+S haben sich damit selbst in große Bedrängnis gebracht. Das Unternehmen sollte deshalb schnellstens ihre Verweigerungshaltung aufgeben und Lösungen finden, die nachhaltig die Kaliarbeitsplätze sichern. Der Bau einer Pipeline an die Nordsee bzw. an die Weser ist keine reale Lösung. Sie bleibt ein Wunschtraum, der nur dazu dient, um über die Zeit zu kommen. Auch die Genehmigungsbehörden in Hessen werden umdenken müssen. Wir gehen davon aus, dass alle erteilten Genehmigungen, wie z.B. die Fortschreibung des Härtegrenzwertes der Werra, die Erlaubnis zur Fortsetzung der Laugenversenkung und der Bau der Laugenpipeline von Neuhof nach Philippsthal unabhängig von den laufenden gerichtlichen Verfahren auf den Prüfstand gestellt werden müssen.

Die von der EU - Kommission attestierten Vertragsverletzungen werden nicht ohne Auswirkungen bleiben. Die deutschen Behörden werden dies gegebenenfalls sogar nachträglich berücksichtigen müssen. Auch die deutschen Verwaltungsgerichte müssen sich in ihren aktuellen Verfahren – unter anderem zur Laugenversenkung in das Grundwasser – daran messen lassen, ob sie der Rechtposition der EU folgen oder ob sie unter Missachtung der klaren Rechtslage riskieren wollen, dass die Bundesrepublik Deutschland letztendlich mit Sanktionen belegt wird. Wir erhoffen uns durch den Schritt der EU - Kommission von allen Beteiligten ein grundsätzliches Umdenken nicht nur zur ordnungsgemäßen Rechtsanwendung für alle gleichermaßen, sondern auch zu mehr Einvernehmlichkeit zwischen Ökologie, Ökonomie und sozialer Verantwortung und weg von reinem kurzfristigen Gewinndenken."

Lesen Sie dazu auch:

AKTUELL! RP erteilt K+S Genehmigung für Salzpipeline Neuhof - Philippsthal - 25.06.2012 - http://www.osthessen-news.de/J/1215912/kassel-aktuell--rp-erteilt-k+s-genehmigung-fuer-salzpipeline-neuhof-philippsthal.html+++

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