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NACHGEDACHT (56) NACHGEDACHT (56)

„Im Fitnessstudio der Lebensweisheiten“ - Gedanken von Christina LEINWEBER

26.01.14 - „Nichts kann dich stoppen, wenn du auf dem Weg zu dir selbst bist." - Dieser Satz schallt aktuell durch den Fernseher und er bewirbt einen Fitnessanbieter. Nicht nur, dass man im Januar im Werbefernsehen von „Fitness-Abnehm-Programmen" und sonstigen Mitteln für das gute Aussehen überrannt wird, jetzt wird auch noch eine sogenannte Lebensweisheit dafür benutzt, dass man sich zu einem Fünf-Jahres-Vertrag überreden lässt. Als ich die Werbung zum ersten Mal gesehen habe, konnte ich mir ein Lachen und Kopfschütteln nicht verkneifen. „Zu sich selbst finden" – einen Weg dorthin versucht die Philosophie, Theologie oder Psychologie seit Jahrhunderten zu beschreiten. Und haben die das geschafft? Vielleicht ansatzweise.

Aber vielleicht schafft man den Weg ja im Fitnessstudio. Also man stelle sich das einmal vor: Rechts hüpft eine junge Blondine auf und ab, links ein Fitness-Anfänger, der nach Luft schnaubt. Und man selbst mittendrin. Naja, mittendrin ist man zwar, aber nicht „in seiner Mitte", also bei sich selbst, oder? Ich finde den Ansatz tatsächlich sehr amüsant, dass man durch den Besuch in einem Fitnessstudio - neben zwei Laufgeräten, auf der Drückbank oder zwischen zwei Ausdauer-Einheiten – solch wichtige Einblicke in die eigene Psyche bekommen kann.

Aber vielleicht kann man ja diesem Slogan doch etwas abgewinnen. Und vielleicht folgt dieser Fitnessanbieter auch nur einem Trend, der momentan sowieso überall umgeht: In unserer Umwelt finden wir wie nie zuvor Lebenshilfe-Sprüche, esoterische oder sogar theologische Ansätze und Denkweisen: ein „Stinknormaler" Tee aus dem Supermarkt heißt jetzt „Innere Ruhe-Tee", an Wohnzimmer- und Schlafzimmerwänden leuchten Wandtattoos mit „Carpe diem" auf und selbst die eigene Haut wird zugekleistert mit Zeichen, Symbolen und Sprüchen.

Jeder sucht etwas, um sich zu orientieren und Lebenshilfe zu bekommen. Früher suchten das die Menschen fast ausschließlich in ihren Religionen, heute gehen die Menschen an einen „Wühltisch" – gefüllt mit Theologie, Esoterik, Philosophie und Psychologie – und picken sich dort das Beste raus und erklären es zu ihrem Lebensmotto. Wie dies zu beurteilen ist, wäre ein weiteres „Nachgedacht" wert. Aber man verzeihe es einem Fitnessanbieter, wenn er nur das zu Geld macht, was die Menschen hören und suchen wollen. +++ (Christina Leinweber) +++

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ZUR PERSON: Christina Leinweber, 1988 geboren in der osthessischen Bischofsstadt Fulda, neun Jahre katholisch-private Schulausbildung – so war der Weg zum Theologiestudium für sie vorbestimmt und beschlossen. Es ging dann für vier Jahre Studium in die nächste Bischofsstadt Paderborn - hat inzwischen ihr 1. Staatsexamen in der Tasche und ist seit Anfang November im Schuldienst des Landes Hessen. Ihre Tätigkeit als Kolumnistin bei osthessen-news.de möchte sie auch in Zukunft fortsetzen. Sie selbst bezeichnet sich als liberal-theologisch und kommentiert (seit 56 Wochen) in der Serie "NACHGEDACHT" Dinge des Alltags aus ihrer persönlichen Sicht. +++


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