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NACHGEDACHT (59) NACHGEDACHT (59)

„Stellen Sie sich ihrem Zorn?!“ - Gedanken von Christina LEINWEBER

16.02.14 - Ach, hauen Sie doch mal so richtig auf den Tisch und schreien wild um sich - oder werfen Sie mal mit Sachen um sich – oder zerstören Sie mal ein paar Gegenstände! NEIN, lieber nicht? Warum denn das? Letzte Woche habe ich bereits diesen Gedanken angefangen – warum dürfen wir nicht mal richtig zornig sein? Und ich habe die ganze Schuld dafür auf unsere Gesellschaft geschoben. Ja, nicht nur ich bin davon überzeugt, dass sie schuld ist, sondern auch ein Familientherapeut namens Jesper Juul. Er legt dies deutlich in seinem neuesten Buch dar – und darin spricht er von einem „Botox-Syndrom der Seele".Botox gab´s bisher ja nur für´s Gesicht, damit die in die Jahre gekommene Haut scheinbar wieder makellos jung wird. Na gut, jetzt soll es das auch für etwas geben, das man nicht sehen kann. Für unsere Seele.

Warum soll man denn eine Seele pushen? Ist unsere Seele etwa nicht makellos? Genau dort liegt der Hund begraben – oder besser: unsere fehlende Makellosigkeit. Jesper Juul stellt die Vermutung auf, dass die Gesellschaft unser Verhalten nicht akzeptiert, solange es nicht makellos ist.

Demnach sollen unsere Gefühle in optimalem Zustand nach außen getragen werden, wir sollen die perfekte Fassade tragen. Ansonsten droht uns der Exodus aus der Gesellschaft. Wahnsinn! Das bedeutet „Zähne zusammenbeißen" wenn´s mal ärgerlich wird, nicht wahr?! Und immer schön kontrolliert sein, oder?!

Also, ich werde bei diesem Schönheitsprogramm für die Seele nicht mitmachen. Auch wenn ich scheinbar damit nicht immer „cool" auf Dinge reagiere. Ich möchte nämlich nicht an meinem Zorn ersticken und ich möchte nicht ewig darin brodeln. Wer sagt denn außerdem, dass Zorn nicht ein gutes Zeichen dafür ist, dass man Dinge verändern sollte, die unerträglich sind?! Ich nutzte also lieber meinen Zorn. Eben nicht, um irreparable Schäden anzurichten. Ich will mit ihm umgehen können und ihn lieber zur Optimierung meines Lebens nutzen, indem er mir zeigt, was ich ändern muss, um mich eben nicht mehr ärgern zu müssen. (Christina Leinweber) 
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ZUR PERSON: Christina Leinweber, 1988 geboren in der osthessischen Bischofsstadt Fulda, neun Jahre katholisch-private Schulausbildung – so war der Weg zum Theologiestudium für sie vorbestimmt und beschlossen. Es ging dann für vier Jahre Studium in die nächste Bischofsstadt Paderborn - hat inzwischen ihr 1. Staatsexamen in der Tasche und ist seit Anfang November im Schuldienst des Landes Hessen. Ihre Tätigkeit als Kolumnistin bei osthessen-news.de möchte sie auch in Zukunft fortsetzen. Sie selbst bezeichnet sich als liberal-theologisch und kommentiert (seit 59 Wochen) in der Serie "NACHGEDACHT" Dinge des Alltags aus ihrer persönlichen Sicht. +++


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