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- Fotos: Miriam Rommel

REGION Neue Serie: Faszination Mythen und Sagen

Leichenschändung: Das Versprechen des Heckenmüllers und der fliegende Hannes

HINTERGRUND:Mythen und Sagen haben bis heute nichts von ihrer Faszination verloren. Fast alle Völker der Erde haben ihre eigenen Geschichten, in denen sich die Struktur und die Werte der damaligen Zeit widerspiegeln. Naturgewalten oder Ereignisse, die für die Menschen aus früheren Zeiten unheimlich und unerklärbar waren, wurden so in eine nachvollziehbare Form gegossen und von Generation zu Generation mündlich weitergegeben. Das Wissen über diese Sagen verbleibt bis heute meistens in dem Ort, in dem sie entstanden. Gerade die dunklen Wintermonate eignen sich hervorragend, um sich ein wenig zu gruseln und in die Welt der regionalen Mythen einzutauchen. Mit einer neuen Serie möchte OSTHESSEN|NEWS die schönsten Sagen Osthessens vorstellen.

06.12.17 - Vor vielen Jahren lebten im beschaulichen Poppenhausen der Heckenmüller und der Hannes. Eines Tages lieh sich der Heckenmüller von seinem Freund 700 Taler. Hannes wollte das Geld jedoch nicht zurück – stattdessen nahm er seinem Schuldner ein schauriges Versprechen ab. „Behalte das Geld. Wenn ich sterbe, und das wird bald sein, sollst du in den darauffolgenden drei Nächten nach meiner Beerdigung an meinem Grab Wache halten.“ Der Heckenmüller willigte ein.

Nur wenige Tage später starb der gebrechliche Hannes. An sein Wort gebunden, begab sich der Heckenmüller nach Einbruch der Dunkelheit auf den Friedhof, zu seinem Schutz nahm er geweihte Benediktuskreide und eine Mistgabel mit. Aus Angst vor dunklen Mächten zog er einen Kreidekreis, angespannt und abwartend bezog er im Inneren Position. Zwar war dem Heckenmüller sichtlich unwohl dabei, sein Versprechen zu halten, trotzdem hielt er wacker aus. Keine Gespenster oder Dämonen, nicht mal ein verirrter Hund erschreckten den treuen Kameraden in jener Nacht.

Auch die zweite Nacht verging friedlich. Nichts Böses mehr erwartend, zog der Heckenmüller in der dritten Nacht in der Abenddämmerung zum Poppenhausener Friedhof. „Ein letztes Mal“, so dachte er sich, „muss ich noch ausharren. Dann bin ich frei von der Verpflichtung.“ In den ersten Stunden seiner Wache geschah nichts Sonderbares.

Es war kurz nach Mitternacht, zum letzten Schlag der Kirchturmglocken, als der Heckenmüller von Abtsroda kommend eine dunkle Kutsche ausmachte. Von sechs schwarzen Pferden gezogen näherte sich das Gespann zügig dem Friedhof und blieb schließlich vor dem großen Eingangstor stehen. Mit geheimem Grauen sah der Heckenmüller, wie sechs schwarzgekleidete Männer, angetan mit Gehrock und Zylinder, abstiegen und den Gottesacker betraten. Nicht genug des Schreckens, gingen die ungebetenen Neuankömmlinge direkt auf das Grab des Hannes zu.

Starr vor Angst blieb der Wächter stehen, hoffte er doch, im Kreidekreis sicher vor den dunklen Kreaturen zu sein. Sofort fingen die Sechs an zu graben. Sie schaufelten und schaufelten, schließlich lag der Sarg des Hannes frei. Die gruseligen Gestalten hoben die Leiche heraus und zogen ihr die Haut ab. Den übrigen Teil des toten Körpers legten sie behutsam zurück in die Kiste, schlossen den Deckel und schütteten die Erde wieder auf. Ein Zipfel der Haut lag nun im Kreidekreis des Heckenmüllers, vorsichtig versuchte er, den Rest zu sich zu ziehen. Das ließen die Schänder jedoch nicht zu, mit unheimlichen Gebrüll und Zischen zerrten sie die Hülle wieder zurück. Mit schwarzem Garn und erstaunlich flinken Fingern nähten sie die Haut zu einem runden Gebilde zusammen und bliesen sie auf. Der aufgeblähte Ballon stieg in den Himmel und entschwand den Blicken des Heckenmüllers. Offensichtlich zufrieden mit ihrem Tun, entfernten sich die Männer und fuhren davon.

Als der Morgen bereits graute, nahm der Wächter die Beine in die Hand und floh nach Hause. Dort angekommen, erzählte er seiner Frau, was geschehen war. Schnell fanden sie des Rätsels Lösung: Der Hannes, so waren sich beide einig, war schnurgerade zum Teufel geflogen. (Miriam Rommel) +++

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