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Bischof Algermissen als "Mahner mit wachem Blick für den Schutz des Lebens"
16.02.18 - Mit einem feierlichen Pontifikalamt und einem anschließenden Festakt in der Theologischen Fakultät hat das Bistum Fulda am Donnerstag den 75. Geburtstag seines Oberhirten, Bischof Heinz Josef Algermissen, begangen. „Heute ist für mich der Tag eines großen Dankens“, sagte der Jubilar zu Beginn des Gottesdienstes, den er mit acht Konzelebranten vor mehreren hundert Gläubigen im Fuldaer Dom feierte. Algermissen bedankte sich bei den Menschen seiner Diözese für die gemeinsamen Jahre und bei Gott, „der alles gut gefügt hat“. Der aus dem Erzbistum Paderborn stammende Bischof ist seit 2001 Oberhirte des Bistums Fulda. Wie vom Kirchenrecht vorgeschrieben, hat er Papst Franziskus aus Anlass des 75. Geburtstages sein Rücktrittsgesuch eingereicht, mit dessen Annahme erst in den kommenden Wochen und Monaten gerechnet wird.
Zeuge dafür, dass Gott Herr über das Leben ist
Bei der Messfeier konzelebrierten mit Bischof Algermissen sein Weihbischof Prof. Dr. Karlheinz Diez, Bischof Dr. Franz-Josef Bode (Osnabrück), Bischof Prof. Dr. Peter Kohlgraf (Mainz), Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann (Speyer), Bischof Dr. Philippe Mbarga (Ebolowa/Kamerun), Bischof em. Dr. Friedhelm Hofmann (Würzburg), Domkapitular Prälat Theodor Ahrens (Paderborn) und Domkapitular Prälat Bruno Heller (Erfurt).
In seiner Festpredigt wünschte Weihbischof Diez Bischof Algermissen Gottes reichen Segen und würdigte sein priesterliches und bischöfliches Leben. „Du hast einen wachen Blick für die Zeichen der Zeit, und Dir ist es ein Anliegen, Antworten auf die Zeichen der Zeit zu finden, die da sind: Missionierung und Neuevangelisierung.“ Die Verkündigung der Botschaft vom Reich Gottes in die moderne Gesellschaft bedeute für den Fuldaer Bischof aber auch, Mahner zu sein, Korrekturen anzubringen und auf den rechten Weg zu weisen. „Du tust dies in treuer Regelmäßigkeit gerade bei bioethischen Fragestellungen“, unterstrich Weihbischof Diez. „Der Schutz des menschlichen Lebens von seinem Beginn bis zu seinem natürlichen Ende ist Dir ein ganz tiefes Anliegen, und Du hast diese Mahnung zum Schutz des Lebens und die Hilfestellung für das vorgeburtliche und sterbende Leben fast so etwas wie zu Deinem Programm gemacht.“ Algermissen sei Zeuge dafür, dass Gott allein der Herr über das Leben sei.
Für die musikalische Umrahmung des Gottesdienstes und des anschließenden Empfangs in der Theologischen Fakultät sorgte die Capella Fuldensis. Vier Sänger und ein Gambenconsort erfreuten die Gäste die mit Renaissancemusik und Werken von Heinrich Schütz.
Würdigung des Einsatzes für die theologische Ausbildung
Beim anschließenden Empfang im Auditorium maximum der Theologischen Fakultät Fulda konnte Domdechant Prof. Dr. Werner Kathrein in Vertretung des erkrankten Generalvikars Prof. Dr. Gerhard Stanke über 120 Gäste aus Kirche, Gesellschaft und Politik sowie die Angehörigen des Bischofs begrüßen und überreichte diesem als Geschenk des Domkapitels das Faksimile einer mittelalterlichen Exsultet-Handschrift aus dem Kloster Montecassino. Der Rektor der Theologischen Fakultät, Prof. Dr. Christoph G. Müller, und sein Vorgänger, Prof. Dr. Dr. Bernd Willmes, übergaben Algermissen im Anschluss eine Festschrift mit dem Titel „Thesaurus in vasis fictilibus - Schatz in zerbrechlichen Gefäßen“ (2 Kor. 4,7), die den bischöflichen Wahlspruch des Jubilars aufgreift und an der auf über 640 Seiten 33 Autoren aus Kirche und Wissenschaft mitgewirkt haben. Damit solle laut den beiden Herausgebern Algermissens Einsatz für die theologische Ausbildung in Fulda, Marburg und Kassel besonders gewürdigt werden.
Glaubensstärke und christliches Zeugnis in der Öffentlichkeit
In seinem Grußwort in Vertretung des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, würdigte der stellvertretende Vorsitzende, Bischof Dr. Franz-Josef Bode, seinen Mitbruder als glaubensfest. Die Deutsche Bischofskonferenz sei dankbar für sein Wirken, und die deutschen Bischöfe fühlten sich wohl, wenn sie sich zu ihren Herbst-Vollversammlungen am Grab des heiligen Bonifatius versammelten. „Dein Wort wird geschätzt in Kirche und Gesellschaft, in der Stadt Fulda, aber auch bei Deinen Pastoralvisitationen, Firmreisen und bei den ungezählten Vorträgen, die Du gerne und engagiert weit über das Bistum hinaus hältst.“ Bischof Bode hob den Einsatz seines Mitbruders in der Deutschen Bischofskonferenz hervor, wozu insbesondere die Mitgliedschaft in der Liturgiekommission, in der Unterkommission für die religiösen Beziehungen zum Judentum und der Ökumenekommission zählen, deren stellvertretender Vorsitzender er ist. Bischof Algermissen vertrete mutig das christliche Zeugnis in der Öffentlichkeit, betonte Bischof Bode. „Seine klaren Positionen schätzen wir, gerade auch dann, wenn es ihm um den Schutz des ungeborenen Lebens geht, aber auch um das Leben bis zuletzt, bis zum Tod.“
Im Namen des Landes Hessen und in Vertretung von Ministerpräsident Volker Bouffier gratulierte Staatssekretär Dr. Martin Worms und hob hervor, dass Bischof Algermissen ein dialogbereiter Ansprechpartner sei, der sich stets konstruktiv in den Beziehungen zur Landesregierung engagiert habe. Standhaft setze sich der Jubilar für die Zukunft des Christentums in unserem Land ein, vertrete auch zeitgeistferne Positionen und mache sich für Ökumene und Frieden stark. Als Geschenk der Landesregierung brachte er zwei Porzellanlöwen als Symbol für das Miteinander von Kirche und Politik in Hessen mit, einen in Weiß und einen in Rot.
Der Fuldaer Oberbürgermeister Dr. Heiko Wingenfeld zeigte sich dankbar für das siebzehnjährige Wirken des Bischofs in der Region, insbesondere seinen Anspruch, das Evangelium ins Hier und Heute zu übersetzen, was die heutige Gesellschaft brauche. Als Zeichen der Dankbarkeit überreichte er Algermissen den Ehrenring der Stadt Fulda, dessen Verleihung an den Bischof als 10. Träger die Stadtverordneten am 5. Februar beschlossen hatten.
Dank für Öffnung von Türen für die Ökumene und Hilfe für Gottsuche
Der Bischof der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW), Prof. Dr. Martin Hein (Kassel), dankte Bischof Algermissen für die gemeinsamen Jahre und die Bereicherung durch viele persönliche Begegnungen. „Aus bischöflicher Nachbarschaft von Fulda und Kassel hat sich eine vertrauensvolle Freundschaft entwickelt.“ Im Sinne der Ökumene seien beide überzeugt, „dass unser gemeinsamer Glaube an Jesus Christus und die Hoffnung auf die eine, heilige, apostolische und weltweite Kirche uns tiefer verbindet, als dass alles historisch Gewachsene uns trennt“. Algermissen habe für die Ökumene Türen geöffnet, die sich nicht mehr schließen ließen, und begehbare Wege gebahnt. Dafür sei ihm die EKKW „von Herzen dankbar“. Der Sprecher des Priesterrats der Diözese Fulda, Pfarrer Jan Kremer (Petersberg), stellte heraus, dass es Bischof Algermissen immer darum ging, das Evangelium in den Mittelpunkt zu stellen und Menschen bei der Suche nach Gott und beim Gelingen eines christlichen Lebens zur Seite zu stehen. Im Namen des Priesterrats dankte Kremer für die Offenheit in der Sorge um die richtigen Wege in die Zukunft des Bischofs.
Grußworte von Katholikenrat, Ritterorden und Pax Christi Deutschland
Steffen Flicker, Vorsitzender des Katholikenrats im Bistum, dankte dem Bischof für die Betonung der gemeinsamen Verantwortung von Priestern und Laien für die Zukunft der Kirche sowie für den Austausch und die Gespräche mit dem Laiengremium. „Sie sind als Ermutiger und Mahner zugleich aufgetreten und haben sich offen gezeigt für neue Zugänge zum Glauben.“ Dr. Edelgard Ceppa-Sitte, Leitende Komturdame des Ritterordens vom Heiligen Grabe zu Jerusalem, dankte dem Bischof für seine stetige Unterstützung des Ordens, dessen Mitglied er seit 2003 ist. Wiltrud Rösch-Metzler, Bundesvorsitzende der katholischen Friedensbewegung Pax Christi, dankte Algermissen dafür, dass er in über 15 Jahren Tätigkeit als Präsident der deutschen Sektion nicht müde geworden sei, für den Weltfrieden einzutreten. Er habe Rüstungsexporte, Militäreinsätze im Ausland und Atomwaffen vielfach kritisiert. Auch habe er an die Verantwortung der Deutschen gegenüber dem jüdischen Volk und den Polen erinnert.
Dank des Bischofs für die Würdigungen
In seinem Schlusswort dankte der Jubilar allen Rednern für ihre „menschlichen, warmherzigen und sensiblen Äußerungen“ und unterstrich, dass es zur Ökumene der christlichen Kirchen untereinander keine Alternative gebe, sondern diese vielmehr noch verstärkt werden müsse. „Die ökumenische Frage ist eine Frage der Zukunft der Kirche“, zeigte sich Algermissen überzeugt. Bei seiner Arbeit für den Frieden Christi sei ihm deutlich geworden, dass ein Krieg, lange bevor er ausbreche, in den Herzen der Menschen vorbereitet worden sei. „Wir müssen achtgeben auf die Sprache und den Umgang miteinander“, sagte der Bischof mit Blick auf die zunehmende verbale Aufrüstung in der Gesellschaft (bpf/dbk).
ZUM HINTERGRUND: Bischof Algermissen wurde am 15. Februar 1943 in Hermeskeil bei Trier geboren. Nach dem Abitur 1963 studierte er Philosophie und Theologie in Freiburg und Paderborn. In Paderborn wurde er am 19. Juli 1969 von Kardinal Lorenz Jaeger zum Priester geweiht. Nach elfjähriger Tätigkeit in Bielefeld und Meschede wurde er 1980 Pfarrer in Bielefeld-Schildesche. Von 1974 bis 1979 war er auch Studentenseelsorger an der Universität Paderborn. 1984 wurde er Dechant des Dekanates Bielefeld und 1991 Regionaldekan der Seelsorgeregion Minden-Ravensberg-Lippe. Als Stadtdechant im überwiegend protestantisch geprägten Bielefeld setzte Algermissen viele ökumenische Akzente. Mit gemeinsamen Bildungs- und Bibelwochen trug er sehr zu einem geistlichen Miteinander von katholischen und evangelischen Christen bei. Diese Arbeit hat ihn geprägt. So leitete er von 1989 bis 1996 die Ökumene-Kommission des Erzbistums.
Von 1994 bis 1998 war er auch geschäftsführender Vorsitzender des Paderborner Priesterrates. Im Juli 1996 wurde Algermissen von Papst Johannes Paul II. zum Titularbischof von Labicum (einem erloschenen Bischofssitz in Italien) und Weihbischof in Paderborn ernannt. Die Bischofsweihe empfing er am 21. September 1996 durch Erzbischof Dr. Johannes Joachim Degenhardt; gemeinsam mit ihm wurde auch der heutige Münchener Kardinal Reinhard Marx geweiht. Als Bischofsvikar war Algermissen für Ordens- und Säkularinstitute und Gesellschaften des Apostolischen Lebens zuständig. Seit 1997 war er auch Diözesanrichter am Erzbischöflichen Offizialat. Im Mai 1999 wurde er ins Paderborner Metropolitankapitel berufen.
Am 20. Juni 2001 wurde Algermissen von Papst Johannes Paul II. zum Bischof von Fulda ernannt und am 23. September in sein Amt eingeführt. Seit Herbst 2002 ist Bischof Algermissen Präsident von Pax Christi Deutschland und Vizepräsident des Maximilian-Kolbe-Werkes. Seit 2003 ist er Komtur mit Stern im Ritterorden vom Hl. Grab zu Jerusalem. Bischof Algermissen ist Mitglied im Cartellverband katholischer deutscher Studentenverbindungen bei Wildenstein Freiburg, Guestfalo-Silesia Paderborn und Adolphiana Fulda. In der Deutschen Bischofskonferenz gehört Bischof Algermissen der Liturgiekommission und der Ökumenekommission an, deren stellvertretender Vorsitzender er ist.
„Seit fast siebzehn Jahren bin ich Bischof dieser Diözese, und ich bin es gerne. Nicht an einem Tag dieser Zeit kam auch nur die Spur einer Langeweile auf“, unterstreicht Bischof Algermissen. Sein bischöflicher Dienst des Brückenbauens ist ihm ebenso ein Herzensanliegen wie die Hirtensorge für die Menschen im Bistum. „In Fulda bin ich zu Hause – ich lebe und arbeite mit großer Freude hier“, hebt der aus der Erzdiözese Paderborn stammende Jubilar hervor. Dem heute immer deutlicher werdenden Problem des Priester- und Gläubigenmangels hatte der Oberhirte durch Einleitung des Pastoralen Prozesses 2002 Rechnung getragen, der seit 2006 zur Errichtung von mittlerweile 43 Pastoralverbünden in zehn Dekanaten führte. Pfingsten 2017 setzte Algermissen die „Strategischen Ziele zur Ausrichtung der Pastoral im Bistum Fulda“ in Kraft, durch die bis 2030 das Leben der Kirche und ihre Zukunftsfähigkeit gestaltet werden soll.
Die Kirche leide heute laut Algermissen oft an mangelndem religiösen Wissen und Gleichgültigkeit selbst bei vielen Gläubigen. „Wenn viele heute einen immer dichteren Vorhang vor den Himmel ziehen und die Emanzipation von Gott zum Programm erklären, sind wir dringend zur Gegenbewegung aufgerufen“, ist der Bischof überzeugt. Bischof Algermissen ist dankbar für die Begleitung vieler Menschen im Bistum, die ihm seit Jahren durch ihre Arbeit und Hilfe seinen Dienst spürbar erleichtern (pm). +++