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Flugblatt-Skandal-Klage: "Wir stehen weiter hinter der Rücktrittsforderung"
28.02.24 - Ein Flugblatt, in dem gefragt wurde, ob Touristen der Stadt fernblieben, weil es dort zu viele Menschen mit Behinderung gibt, sorgte im Mai 2022 für große Aufregung im Rhönstädtchen Tann. Der Magistrat distanzierte sich deutlich, zwei der Flugblatt-Verfasser klagten. Diese Klage wurde jetzt abgewiesen.
Die Tanner Diakonie beherbergt in der Kernstadt in mehreren zuvor leerstehenden Immobilien Wohngruppen für Menschen mit Beeinträchtigungen. Dadurch entstehe entlang der Hauptstraße zunehmend "eine Sonderwelt" mit "allgegenwärtiger Präsenz der Tanner Diakonie", sodass nicht von einer guten Durchmischung innerhalb des Quartiers auszugehen sei, kritisierten die Flugblattverfasser, Andrea Willing, Klaus Dänner und Brunhilde Fischer, die alle drei im Tanner Stadtparlament vertreten sind.
CDU und SPD sowie Bürgermeister Mario Dänner (parteilos) forderten (1) den Rücktritt der drei Kommunalpolitiker, außerdem, (2) dass diese den Saal der Rhönhalle verlassen. Zudem wurde (3) der Magistratsbeschluss in der Fuldaer Zeitung veröffentlicht. Gegen diese drei Punkte klagten zwei der Flugblattverfasser, Klaus Dänner und Brunhilde Fischer. Diese Klage wurde nun durchs Verwaltungsgericht Kassel in allen drei Klagepunkten abgewiesen.
Entscheidung des VG Kassel zum 1. Klagepunkt:
- Hinsichtlich des Klageantrages zu 1. ist die Klage unzulässig, weil den Klägern das
Feststellungsinteresse (§ 43 Abs. 1 VwGO) fehlt. - Die Klage ist hinsichtlich des Klageantrages zu 1. aber auch unbegründet, weil der Magistratsbeschluss vom 09.05.2022 rechtlich nicht zu beanstanden ist.
- Auch die sachliche Zuständigkeit des Magistrats für den gefassten Beschluss ist gegeben.
- Hinsichtlich des Klageantrags zu 2. ist die Klage unzulässig. Es fehlt erneut das Feststellungsinteresse. Ein förmlicher Beschluss, die Kläger wegen Widerstreits der Interessen von der Behandlung des Tagesordnungspunktes 1 auszuschließen, ist nach dem übereinstimmenden Vortrag der Kläger und des Beklagten nicht gefassten worden.
- Hinsichtlich des Klageantrages zu 3. ist die Klage wiederum wegen fehlenden Feststellungsinteresses unzulässig. Der genannte Presseartikel verletzt die die Kläger nicht in ihren organschaftlichen Rechten oder vergleichbaren wehrfähigen Rechtspositionen, es liegt noch nicht einmal eine Beeinträchtigung vor. Der Artikel mit der Überschrift "Keine vertrauensvolle Zusammenarbeit" informiert lediglich über den vom Magistrat gefassten
Beschluss als Reaktion auf das von den Klägern unterzeichnete Flugblatt. Der Klageantrag zu 3. ist schließlich unbegründet.
"Rationales Urteil, das uns recht gibt"
Bürgermeister Mario Dänner (parteilos) ist erleichtert übers Urteil und sagt gegenüber OSTHESSENlNEWS: "Wir sind als Magistrat froh, dass in dieser Angelegenheit so entschieden wurde. Wir waren überrascht über die Klage. Alle Unterzeichner des Flugblatts sind weiterhin Mitglied im Magistrat, das ist besonders befremdlich. Unsere Vorgehensweise war in dieser Situation richtig, wir stehen auch weiterhin hinter der Rücktrittsforderung. Das Verwaltungsgericht Kassel hat rational entschieden - das gibt uns recht mit unserer Distanzierung."
Auch Stefan Burkard, Geschäftsführer des Tanner Diakoniezentrums, der sich deutlich gegen die Positionen des Flugblatts gestellt hatte, ist froh: "Die Flugblatt-Aktion hätte damals zu Konsequenzen führen müssen. Der klare Menschenverstand hätte einem selbst sagen müssen: 'Ich habe einen Fehler gemacht und trete deshalb von meinen politischen Ämtern zurück.' Das Flugblatt hat zu einer großen Schädigung des Images von Tann geführt. Uns als Diakonie hat das viel Bestätigung gebracht. Die Menschen haben uns gefragt: 'Wie kann so ein Gedankengut in den Köpfen der Menschen herumschwirren?' Deswegen bin ich froh über das Urteil, das nicht nur dem Magistrat den Rücken stärkt. Es wurde im Sinne Tanns entschieden." (mau) +++