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Urteil gegen Ex-Bürgermeister Florian H. verzögert sich - neue Beweisanträge
01.11.22 - Eigentlich sollte am Landgericht Fulda am Montag das Urteil im Prozess um die verschwundene Summe von 34.000 Euro eines dementen Rentners gegen den angeklagten Ex-Bürgermeister Florian H. verkündet werden, doch die Verteidigung stellte drei neue Beweisanträge, so dass die Urteilsverkündung auf den kommenden Freitag vertagt wurde.
Alle drei Anträge sollen noch verhindern, dass der Angeklagte in der zweiten Instanz womöglich noch härter bestraft wird, als bereits vom Amtsgericht Fulda. Der Staatsanwalt hatte am vergangenen Dienstag auf eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und neun Monaten plädiert - drei Monate mehr als im ersten Verfahren.
Der erste Beweisantrag soll erhellen, warum der 43-Jährige über einen langen Zeitraum von seinem über 30 Kilometer entfernten Wohnort nahezu täglich zu einer Petersberger Sparkassenfiliale gefahren war, um am dortigen Geldautomat jeweils 1.000 Euro - angeblich im Auftrag des Rentners - abzuheben. Dem hatte er das Geld nach seiner Aussage aber nicht ins nahe Altenheim gebracht, sondern will es über Tage gesammelt und in größeren Portionen in einer Tüte mit Schokokeksen im Heim abgegeben haben - dummerweise, ohne sich die Übergabe quittieren zu lassen. In der letzten Verhandlung hatte die Verteidigung angegeben, dem Angeklagte sei eben diese Filiale aus seiner Tätigkeit in Petersberg so vertraut gewesen, was der Staatsanwalt als unplausibel eingestuft hatte. Der wahre Grund sei gewesen, dass der 43-Jährige so vortäuschen wollte, der demente 90-Jährige habe das Geld selbst abgehoben, was aber durch die Kamera am Geldautomaten widerlegt sei.
Wollte der Rentner nur "große Scheine"?
Jetzt führt der 43-Jährige ins Feld, nur in dieser Filiale habe er 200-Euro-Scheine aus dem Automat ziehen können, bei denen in seinem Heimatort aber nur 100- oder 50-Euro-Scheine. Sein Auftraggeber habe aber ausdrücklich große Scheine haben wollen. Diese vorgegebene Stückelung sollen jetzt die jeweiligen Filialen bestätigen.
Geld im Auto versteckt?
Dem zweiten Antrag liegt die Vermutung zugrunde, der Rentner habe das spurlos verschwundene Geld in einem oder mehreren Hohlräumen seines Autos versteckt und diese Tatsache wohl anschließend vergessen. Da der Rentner tot ist und sein Auto verkauft wurde, soll dessen neuer Halter ausfindig gemacht werden und das Fahrzeug von einem Kfz-Sachverständigen auf solche möglichen Geldverstecke untersucht werden.
Wer ist die unbekannte Vertraute?
Beim dritten Antrag geht es um Ausfindigmachen einer ominösen Vertrauten des 90-Jährigen, von deren Existenz zwei Zeugen gesprochen hatten, die diese Person allerdings nie selbst zu Gesicht bekommen, sondern darüber nur Mutmaßungen angestellt hatten. Diese Vertraute könne doch mit der EC-Karte des Mannes Geld abgehoben haben, von ihm beschenkt worden sein oder ihn bestohlen haben. Wenigstens sollte das Gericht den Versuch unternehmen, diesen Sachverhalt aufzuklären, beantragte die Verteidigung.
Staatsanwalt: "Keinerlei Beweiskraft!"
In seiner Gegenrede widerlegte Staatsanwalt Christoph Wirth alle Hypothesen, die den neuen Anträgen zugrunde lagen. Weder habe die Geldstückelung der Geldautomaten, noch die möglichen Verstecke eines Autos irgendeine Beweiskraft. Auch die Annahme einer Vertrauten im Heim des Rentners sei rein spekulativ, die von zwei ihm fragwürdig erscheinenden Zeugen ins Spiel gebracht worden seien, argumentierte der Staatsanwalt.
Der Vorsitzende Richter Dr. Jochen Müller kündigte schließlich eine Entscheidung für den kommenden Freitag, 10:00 Uhr an. (ci)+++