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Kommunikation rund um St. Kilian: Ohne Dialog geht es nicht
13.07.22 - Den Angehörigen der Mittelkalbacher katholischen Pfarrei St. Kilian müssen die vergangenen Tage wie ein Déjà-vu-Erlebnis des Jahres 2016 vorkommen, als ihr damaliger Pfarrer vom Dienst suspendiert worden war. Schon damals hatten sich Spekulationen und Mutmaßungen überschlagen, was sich in der Nacht auf Karfreitag jenes Jahres im Kalbacher Jugendtreff zugetragen haben könnte. Der Pfarrer hatte sich selbst angezeigt, weil er wollte, dass sein Handeln strafrechtlich untersucht werden sollte. Zwei Jahre später wurde das Ermittlungsverfahren gegen ihn eingestellt.
Nun steht St. Kilian wieder im Fokus des (überregionalen) Interesses, nachdem am frühen Donnerstagmorgen Räumlichkeiten im Pfarrhaus durchsucht worden waren. Der aktuell amtierende Pfarrer ist seit einem Gespräch mit Bistumsverantwortlichen zunächst einmal freigestellt und hält sich an einem nicht näher bekannten Ort auf. Herr des Verfahrens und damit zuständig für die Informationen der Öffentlichkeit ist die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main, was auch der Bistumsspitze sehr wohl bewusst ist. Gleichwohl scheint hier ein Lern- und Denkprozess in Gang gekommen zu sein, denn einem dürren und nichtssagenden Statement am Dienstagmorgen auf verschiedene detaillierte Fragen der O|N-Redaktion folgte wenige Stunden später eine etwas ausführlichere Stellungnahme. Danach liegt zwar weiterhin noch Vieles im Dunkeln, aber immerhin.
Fakt ist, dass allüberall, und beileibe nicht nur in der politischen und kirchlichen Gemeinde Kalbach, spekuliert wird, was sich auf den sichergestellten Speichermedien befunden haben könnte. Natürlich kann und darf das Bistum der ermittelnden Behörde nicht vorgreifen. Dennoch hat man anscheinend erkannt, dass die Praxis des Garnichts-Sagens der falsche Weg und gerade in einer Zeit massiver Kirchenaustritte Wasser auf die Mühlen der Kritiker ist. Denn erste Reaktionen unserer Leserinnen und Leser auf die dürre Stellungnahme gingen in genau diese Richtung: Die Kirche wolle anscheinend einmal mehr zunächst sich selbst als Institution schützen und erst dann scheibchenweise mit den Tatsachen herausrücken, wenn diese nicht mehr zu leugnen seien. In einer solchen Situation, wie sie sich gegenwärtig darstellt, aber ist Krisenkommunikation der beste Weg, um einer Verunsicherung und weiter wabernden Gerüchteküche entgegenzuwirken.
Insofern darf man auch gespannt sein, wann der Kalbacher Verwaltungschef Mark Bagus sich dazu entschließt, wenigstens darüber zu reden, wie aktuell die Stimmungslage in seiner Gemeinde ist. Denn bereits vom Vorzimmer mit der Antwort konfrontiert zu werden, der Bürgermeister werde zu dem ganzen Komplex gar nichts sagen, kann auch nicht Sinn der Sache sein. Damit würde er der Generalstaatsanwaltschaft nicht ins Ruder greifen, sondern vielmehr seiner Pflicht nachkommen. (Bertram Lenz) +++
Polizei beschlagnahmt Speichermedien: Durchsuchungen im Pfarrhaus