Ex-Pfarrer soll Kinder ohne Körperkontakt sexuell missbraucht haben
17.09.24 - Die 2. Große Strafkammer des Landgerichts Fulda hat die Anklage der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main gegen einen 42-jährigen ehemaligen Pfarrer zugelassen. Ihm wird der mehrfache sexuelle Missbrauch von Kindern ohne Körperkontakt und anderer Sexualdelikte zum Nachteil von Kindern vorgeworfen.
Der Angeklagte soll in der Zeit von September 2021 bis Juli 2022 in Kalbach 71 Taten im Zusammenhang mit Besitz, Herstellung und Zugänglichmachung kinder- und jugendpornographischer Inhalte begangen haben, wobei in neun Fällen tateinheitlich sexueller Missbrauch von Kindern ohne Körperkontakt angenommen wird.
Start in der kommenden Woche
Die Hauptverhandlung beginnt am Dienstag, den 24. September 2024 um 9:00 Uhr in Saal I des Landgerichts Fulda. Überdies wurden weitere neun Verhandlungstage mit den Verfahrensbeteiligten abgestimmt, so dass die Hauptverhandlung nach derzeitigem Stand bis einschließlich 29. Oktober 2024 stattfindet. Da die möglichen Geschädigten in dem angeklagten Tatzeitraum noch Kinder waren und teilweise noch sind, kommt in Betracht, zu deren Schutz die Öffentlichkeit über große Teile der Hauptverhandlung auszuschließen (§ 171b GVG).
Anklageerhebung beruht auf Hinweis des U.S.-amerikanischen NCMEC
Der Anstoß der Ermittlungen gegen den Angeklagten erfolgte im Mai 2022 aufgrund eines Hinweises der U.S.-amerikanischen Organisation "National Center for Missing & Exploited Children (NCMEC)", wodurch der Angeklagte in Verdacht geriet, Dritten über das Internet kinderpornographisches Material zugänglich gemacht zu haben.Diese NCMEC-Hinweise werden bundesweit zentral von dem Bundeskriminalamt (BKA) entgegengenommen und gemeinsam mit der ZIT bearbeitet. In den Jahren 2022 und 2023 gingen jeweils knapp 90.000 Meldungen zu strafrechtlich relevantem Verhalten von Internetnutzern in Deutschland ein.
Aus Sicht der ZIT ist das Verfahren vor dem Landgericht Fulda ein Beispiel dafür, wie wichtig diese Meldungen U.S.-amerikanischer Internetdienstanbieter zur Aufklärung von sexuellen Kindesmissbrauchs über das Internet in Deutschland sind.
Viel zu selten können solche Hinweise jedoch aufgeklärt werden: Die Staatsanwältinnen und Staatsanwälten der ZIT mussten in dem Jahr 2023 knapp 17.000 NCMEC-Meldungen einstellen, weil eine Identifizierung der unbekannten Tatverdächtigen nicht möglich war. In den ersten sechs Monaten des Jahres 2024 mussten weitere knapp 7.000 NCMEC-Meldungen eingestellt werden.
Dies beruht insbesondere darauf, dass mangels verpflichtender Speicherung von IP-Adressen nur etwa 40% der von NCMEC an das BKA mitgeteilten IP-Adressen der täterseitig verwendeten Internetverbindung einem Anschlussinhaber zugeordnet werden können und auch keine anderen Ermittlungsansätze mehr vorliegen.
Mit einer verpflichtenden Mindestspeicherung von einem Monat könnten nach einer Berechnung von BKA und ZIT jedoch knapp 90% der NCMEC-Meldungen aufgeklärt werden. (nia/pm) +++